Tipps für die erste Japanreise nach Tokio, Kyoto und Osaka? Wir verraten, was man dort, in Nara und bei einem Tempelaufenthalt auf dem Heiligen Berg erlebt, was man wissen muss, was man lassen sollte – und warum Japan bei jedem Besuch aufs Neue bezaubert
Genau 229 Meter über dem heißen Asphalt der legendären Straßenkreuzung Shibuya Crossing befindet sich das Aussichts-Rooftop Shibuya Sky. Der Blick vom 47. Stock verschlägt einem die Sprache. Rund um den Shibuya Scramble Square Tower erstreckt sich ein fahlgraues Häusermeer bis zum verdunsteten Horizont. Beim Sonnenuntergang gerät die Kulisse ins Glühen, zum sporadischen Neonbunt mischen sich Gold- und Flammenrottöne.
Kein Wald aus Hunderten Wolkenkratzern wie in Hongkong oder Chongqing. Eher urbanes Hüftgold. So richtig in die Höhe wuchs Tokio erst seit Mitte der 1980er-Jahre. Bis dahin wucherte es in die Breite, horizontal maßlos, vertikal bescheiden. Der Grund? Die vielen Erdbeben ließen Hochhäuser als Risikofaktor erscheinen.
Doch dann rückte man dem unruhigen Untergrund mit erstaunlicher Ingenieurskunst zu Leibe und die Stadt wuchs in die Höhe. Was andernorts schon Häuser zusammensacken lässt, bringt in Japan lediglich die Lampen zum Tanzen und die Gläser im Regal zum Klirren.
Der 634 Meter hohe Tokyo Skytree kratzt im Norden am Himmel, rund fünf Kilometer weiter im Osten dominiert Japans höchstes Gebäude, der 325,5 Meter hohe Azabudai Hills Mori JP Tower, mit seinen Schwestertürmen Roppongi Hills und Toranomon Hills Tokios Skyline. Dreht man sich um, sieht man mit etwas Glück im Südwesten den schneebeweißten Gipfel des Fujisan. Krönender Abschluss ist die Fahrt mit der wohl verrücktesten Rolltreppe Asiens, direkt am gähnenden Abgrund (Foto oben).
Rekordhalter Tokio? Zahlen, bitte!
Tokio hält mit 37 Millionen Einwohnern in der Metropolregion den Weltrekord als größte Mega-City der Welt. Seine 880 Bahnhöfe und -stationen werden von über 15 Millionen Zug- und Metropassagieren täglich passiert. Ein Labyrinth für sich, über der Erde und mehrere Etagen unter der Erde mit kilometerlangen Einkaufspassagen. Allein der Bahnhof Shinjuku Station hat 200 Ausgänge. Da verläuft man sich leicht, auch mit Google Maps.
Schon in den ersten Stunden wird klar: Die Megacity ist kein lärmender, schmutziger und rüde-räudiger Moloch. Ganz im Gegenteil: Wer Tokio das erste Mal besucht, traut seinen Augen und Ohren nicht. Keine Endlos-Hubkonzerte, kein Brüllen, keine Kippen auf dem Gehweg, kein Müll in jeder Ecke. Keine vollgepissten Hausdurchgänge. Keine zwielichtigen Taxifahrer, die den Fremden ausnehmen oder in Topless-Bars schleppen. Stattdessen prägen soignierte Senioren mit weißen Handschuhen die Taxiszene, die ihren Toyota Crown würdevoll durch die Gegend chauffieren und das Wechselgeld auf den Cent abzählen. Trinkgeld zu geben wäre übrigens eine Beleidigung.
Wo Tokio Dorf ist
Spaziert man durch „Unterstadt“-Viertel wie Yanaka und Nezu, erlebt man enge Gassen, gesäumt von bescheidenen, oft windschiefen Häusern, vor denen liebevoll gepflegte Blumen, Stauden und Bambus in Pflanzkübeln für etwas Grün sorgen.
Man passiert traditionsreiche Handwerksbetriebe wie den Bürstenladen „Kamenoko Tawashi“, nette Lokale, originelle Shops, Galerien wie die „SCAI The Bathhouse Gallery“ und das puppenstubenhafte „Kayaba Coffee“ beim Shitamachi Sake Museum. In anderen Vierteln ist Tokio ebenso dörflich-friedlich. Yanaka blieb im Weltkrieg von amerikanischen Bomben weitgehend verschont. Fast alle 200 Meter kommt man deshalb an wunderschönen Tempeln vorbei.
Dass in Tokio und den anderen Großstädten so viele Menschen auf so engem Raum so friedlich zusammenleben, hat viel mit zentralen Werten der Gesellschaft zu tun: Umsicht, Rücksichtnahme, Altruismus, Verantwortungsgefühl für „die anderen“ und immer den Blick auf das Ganze, die Gesellschaft zu richten.
So improvisiert, windschief und voller Patina die Häuschen in Yanaka sind, so posh sind Tokios Leckerbissen für Architekturfans. Dabei geht es weniger um Höhenrekorde als um Ästhetik, Extravaganz und Innovation. Weltbekannte Architekten prägten und prägen Tokios Skyline: Nikken Sekkei, Herzog & De Meuron, Toyo Ito, Kengo Kuma, Sou Fujimoto, Kenzo Tange, OMA und Kazuyo Sejima.
Das macht Japans Hauptstadt zu einem lohnenden Ziel für Architektur- und Designliebhaber. Weniger bekannte, aber für „Archiholics“ wichtige Werke? Der brutal-futuristische buddhistische Tempel Shinjuku Ruriko-in Byakurenge-do, dessen protestantisches Pendant Harajuku Protestant Church, die St Mary’s Cathedral (1964) von Kenzo Tange, die transparenten Toiletten von Shigeru Ban für das Tokyo Toilet Project (berühmt geworden durch Wim Wenders „Perfect Days“) sowie der 204 Meter hohe Mode Gakuen Cocoon Tower in Shinjuku mit Platz für 10.000 Studenten.
Sterne-Restaurant oder Streetfood?
Gourmets haben in Tokio die Wahl unter 200 Restaurants mit Michelin-Sternen, 12 davon haben sogar drei Sterne. Es gibt auch Nudelsuppenküchen, die Michelinsterne bekamen. Schnell wird dem Tokiobesucher klar, dass entgegen dem gängigen Klischee nicht Sushi, sondern Nudeln das Nationalgericht der Japaner sind. In Form von Udon, Soba und Ramen. Und da wäre noch der scharf-würzige Curry Rice …
Natürlich geht es häufig um Sushi. Sowohl um das günstiger Kaitenzushi-Ketten, in denen zwei Nigiri für 0,70 Euro zu haben sind, als auch um die Gourmet-Variante. Wer das Glück hat, im Tokio-Ableger „Sushi Shin“ des mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten „Sushi Miyakawa“ auf Hokkaido einen von nur acht Plätzen am Tresen zu bekommen, darf sich glücklich schätzen. Das Angebot auf dem Fischmarkt bestimmt die Gänge des Omakase-Menü (ab 220 Euro).
Die Nigiri werden von zwei Sushi-Meistern vor den Augen der Gäste zubereitet und sofort (!) mit den Fingern (!) gegessen: Torpedobarsch mit Kabeljau-Fischmilch, Feilenfisch-Sashimi, Anglerfischleber mit frisch gehobeltem Wasabi, butterzarter Unagi-Süßwasseraal… Das Ganze wird in minimalistischem Ambiente in andächtiger, aber humorvoller Atmosphäre an einem 350 Jahre alten Tresen aus Zypressenholz zelebriert.
„Was muss man beachten?“ fragen wir Sushi-Meister Tetsuya Uno. „Und wie isst man die Kunstwerke sicher mit den Stäbchen?“ „Nicht rauchen! Kein Parfüm auftragen! Und am besten isst man die Sushi mit den Fingern. Die Hände nur vorher mit unparfümierter Seite waschen, bitte.“
Es ist ein Genuss, den beiden Chefs beim Filetieren von Maguro und Yellowtail zuzusehen, die Hingabe und den Perfektionstrieb zu beobachten, mit der diese ihre fein komponierten Kreationen schaffen – das ist pures Ikigai. So nennen Japaner die Berufung oder Aufgabe, für die es sich zu leben und jeden Morgen aufzustehen lohnt.
Das gilt auch für Izuhi vom „Koki Yoshihara“. In diesem Restaurant dreht sich alles um ein Gericht, und das seit 1939: Tonkatsu, panierte und frittierte Schweineschnitzel in Scheiben. Was das Geheimnis seiner saftig-knusprigen Tonkatsu sei, wollen wir von Izuhi wissen: „Wir wenden das Fleisch dreimal in Mehl und Ei, dann kommt es unter die Semmelbrösel und wandert für 20 Minuten ins Schweineschmalz.“
Izuhi und sein Team servieren jeden Tag fast 500 Portionen, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Und sie werden nicht müde, jeden Gast mit dem denkbar besten Tonkatsu zu beglücken.
Fühl dich nudelwohl: Ramen, Soba, Udon
Womit wir bei der obligatorischen Nudelfrage wären. Soba, Ramen oder Udon? Gefühlt übertrifft der Pro-Kopf-Nudelkonsum der Japaner den der Italiener. Das hat auch den „Guide Michelin“ auf den Plan gerufen.
Yuki Onishi, der 2022 viel zu jung verstorbene Chef des „Tsuta“, hat Geschichte geschrieben. Er holte sich Ende 2015 den weltweit ersten Michelin-Stern für ein Ramen-Restaurant, den er bis 2020 verteidigte. Später wurden drei weitere Ramen-Restaurants mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet: „Nakiryu“, „Konjiki Hototogisu“ und „Ginza Hachigou“. Ironie des Schicksals: Alle drei verloren diesen Stern 2024 wieder.
Was aber nicht heißt, dass die Nudelsuppen dieser Meister nicht weiterhin unglaublich gut schmecken und nach dem ersten Schlürfen klarmachen würden, was hinter dem fünften Geschmacksrichtung „Umami“ verbirgt. Der Genuss ist mit 12 Euro keineswegs teuer, will aber durch langes Schlangestehen verdient werden.
Das „Ginza Hachigou“ gehört wie drei weitere Ramen-Restaurants dem renommierten Chef Yasushi Matsumura. Der fand nach 30 Jahren Haute Cuisine à la française zur „Nudelsuppe“ zurück. Für die Brühe, die üblicherweise auf Dashi, Kumbu-Alge und Shiitake-Pilzen sowie Huhn (Tori Paitan) oder Schweineknochen (Tonkotsu) basiert, greift Matsumara auf ein paar zusätzliche raffinierte Zutaten zurück: Nagoya-Cochin-Hühnchen, Jakobsmuscheln und Schinken. Chashu, also fette Schweinebauchscheiben, sorgen für eine wohlig-süßes, cremige Textur – und viel Umami. Das kleine Tresen-Lokal in Higashi-Ginza hat nur Platz für sechs Gäste, also unbedingt weit im Voraus online reservieren.
Auf Tuchfühlung mit Tokio
Wer mit der legendären 34 Kilometer langen Yamanote Line eine Sightseeing-Runde durch die Stadt dreht und die vielen Wohnblöcke und Türme vorbeifliegen sieht, fragt sich „Wie lebt es sich hinter den Türen wohl?“ Antworten liefert ein wunderbares Angebot, das sich Nagomi Visit nennt.
Man meldet online sein Interesse an, eine Tokioter Familie zuhause zu besuchen. Beim gemeinsamen Kochen und Essen erfährt man viel über den Alltag der Gastgeber.
Die Software-Experten Tadashi und Mayumi Takayanagi leben in einem schicken Tiny House in einer Gasse unweit des Skytree. Es gibt Sashimi vom Fisch, den sie am Morgen im Fischmarkt gekauft haben, Mizuna-Tofu-Salat, Miso-Suppe und Reisbällchen in zartem Fleisch.
Wer Tokio hört, denkt an „Lost in Translation“. Der Touristenalltag ist aber längst anglisiert, was Schilder, Speisekarten und Infos angeht. Im Dialog sieht das anders aus. Aber man kommt mit wenig aus: „Irasshaimasu“ ist das Wort, das man am häufigsten hört, oft aus vielen Kehlen entgegen geschmettert beim Betreten von Geschäften, Bars oder Restaurants.
„Arigato Gozaimashte“ kommt auf Platz zwei, das höfliche „Danke“ nach Hinweisen, Geboten oder Verboten. Aber auch sonst bei jeder Gelegenheit. Wichtig sind noch „Kudasai“ für Bitten und „Sumimasen“, das „Entschuldigung!“ für alle Missgeschicke.
Der harmonische Ausgleich zwischen den Antipoden prägt Japan und den Alltag seiner Besucher. Hier quietschende, ratternde Schmalspur-Blechdosen wie die der Nankai Line hinauf zum Heiligen Berg Koyasan. Dort die hypermoderne, rasendschnelle Shinkansen-Züge. Bahnreisen sind mehr als ein Mittel zum Zweck. Sie sind ein Erlebnis und begeistern mit geradezu unheimlicher Pünktlichkeit.
Osaka: Cool, verfressen und bunt
Der Tokaido Sanyo Shinkansen bringt Japanreisende in 2 Stunden und 27 Minuten für 85 Euro one-way ins 500 Kilometer entfernte Osaka. Die 19-Millionen-Stadt gilt als die „Küche der Nation“. Mit einem riesigen Angebot an „Kaiseki“-Restaurants, Fine Dining, Sushibars und urigem Streetfood nicht nur im bekannten Dotonbori ist Osaka ein Paradies für Gourmands und Gourmets. Das Lebensmotto Osakas – Kuidaore – bedeutet so viel wie „sich in den Bankrott essen“.
Osaka begeistert jenseits der 85 Michelin-Sterne-Lokale mit vielen erlebenswerten Hole-in-the-Wall-Lokalen wie dem „Matsuya“ in der Nanbasennichimae Nummer 13-1. Dort ordert man die Wunschsuppe am Ticketautomaten und sitzt keinen Meter vom Küchenteam am Tresen und schlürft ab 6 Uhr morgens wunderbare, frisch gemachte Soba schlürft, die Riesenschüssel für 250 Yen, also 1,50 Euro.
Osaka bietet zudem gewaltige Pachinko-Spielhallen, über kilometerlange Einkaufspassagen, vielstöckige Elektronikkaufhäuser sowie die obligatorischen Maid- und Cosplay-Restaurants. Nicht zu vergessen Japans zweithöchsten Wolkenkratzer, den 300 Meter hohen Abeno Harukas, von dessen Observation-Deck man einen tollen Blick über die ganze Stadt hat.
Natürlich hat Osaka auch Tempel und Schreine zu bieten: Die weitäufige, malerische schintoistische Anlage Sumiyoshi Taisha steuert man mit der nostalgischen Hankai Tramway an, die teilweise fast 100 Jahre Züge rollen lässt. Eine Stippvisite wert sind auch der kuriose Namba Yasaka Shrine in Form eines Löwenmauls sowie der buddhistische Shitenno-ji-Tempel aus dem Jahr 593 mit fünfstöckiger Pagode.
Die komplett aus Beton rekonstruierte Burg und der kleine, reizende Tempel Hozen-ji mitten im Treiben von Dotonbori mit der bemoosten Statue des Fudo Myoo sind weitere Must-sees. Liebhaber von Vintage-Klamotten, raren Vinylplatten und kunstvollen Tattoos werden im Viertel Americamura glücklich Straßenzug um Straßenzug erkunden, frisch gerösteten Kaffee in der „Portland Coffee Roastery“ genießen und sich darüber freuen, dass es hier überall deutlich weniger laut-touristisch zugeht als rund um den ikonischen Turm Tsuten-kaku.
Nara: Hungrige Hirsche und XXL-Buddha
Einer unserer Tipps für die erste Japanreise und unbedingt zu empfehlen ist der Ausflug von Osaka ins 40 Zugminuten entfernte Nara. Die Stadt war im 8. Jahrhundert für über 70 Jahre die Hauptstadt des Landes und hörte auf den Namen Heijo-kyo. Auf jene Zeit gehen viele der kunsthistorisch bedeutenden Tempel zurück.
Am bekanntesten ist Nara für seine Horden permahungriger, aufdringlicher Sika-Hirsche, die auf Grünflächen und Gehwegen auf Besucher lauern, die sie mit Leckereien verwöhnen sollen.
Der beeindruckendste unter den vielen gut erhaltenen Tempeln der Stadt Nara ist der gigantische Todai-ji. Das Innere des größten Holzbaus der Welt dominiert die größte bronzene Buddhastatue der Welt. Der kosmische Birushana–Buddha ist 15 Meter hoch und wiegt 425 Tonnen. Imposant ist auch das über 820 Jahre alte Nandaimon-Tor zu Anlage.
Freunde des Brutalismus sollten sich den Betonbau des Nara Prefectural Office aus den 1960ern genauer ansehen, von dessen Dachgarten man einen tollen Blick über die Stadt hat. Auch das architektonisch extravagante Nara City Museum of Photography ist einen Besuch wert.
Unsere Hoteltipps für Osaka: Das flippig-luxuriöse „W Osaka“, das elegant-luxuriöse „Centara Grand Hotel Osaka“ mit hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis und das „voco“ im Norden der Stadt, unweit von Burg und den besten Shoppingmeilen der Stadt.
Kyoto: Tempel, Schreine, Tempel. Repeat
Kyoto ist die Antithese zu Osaka: Weniger bunt, weniger prall, weniger locker, eher gravitätisch und manieriert als flippig-cool und verfressen. Seine sage und schreibe 1.600 Tempel und über 400 Schreine locken jährlich über 70 Millionen Besucher in die Stadt. Und natürlich steht es die alte Kaiserstadt auf jeder Bucketlist mit Tipps für die erste Japanreise.
Sie berauschen sich auch an Vergänglichem wie den einzigartigen Sandkunstwerken des Ginkaku-ji. Das „Meer aus silbernem Sand“ (Ginshadan) ist zu Gartenbaukunst gewordenes Wabi-Sabi. Der Sandkegel Kogetsudai unweit des Hauptbaus Kannon-den symbolisiert den Fujisan, der Sandsee Erleuchtung, die fluoreszierend grün strahlenden Moosgärten stehen für Unbeständigkeit und Vergänglichkeit.
All dies entfaltet seine volle Schönheit im Licht des Mondes, während das beleuchtete Herbstlaub in allen Tönen prankt. Genau dann, wenn die Stadt wie zur Kirschblüte aus allen Nähten platzt. Wer Kyoto ohne den Overtourism-Koller und explodierende Hotelpreise erleben will, meidet am besten diese Herbst- und Sakurawochen. Das ist einer der Tipps für die erste Japanreise, die uns etwas schwerfallen.
Am besten übt man sich in der Kunst des Verzichts und pickt sich fünf, sechs Tempel aus dem Riesenangebot aus, verzichtet auf den Wahnsinn rund um den berühmten, von Menschenleiberfluten umspülten Promi-Monument Kiyomizu-Dera und widmet sich dann in Ruhe „seinen“ Tempeln sowie dem Philosophenweg Tetsugaku no Michi.
Auf meiner ewigen Bestenliste und an der Spitze unserer Tipps für die erste Japanreise steht der Fushimi Inari, dessen 10.000 zinnoberrote Torii-Bögen man unbedingt bis hoch zum Gipfel inklusive Peak Loop durchsteigen sollte, Ginkaku-ji (großartige Gartenkunst), Honen-in (kleiner, fast kontemplativer Tempel in einem großen Park), Daitoku-ji (fünf wunderschöne Nebentempel, die man besichtigen kann), Eikan-do (Gartenkunst, Koi-Teiche, kunstfertige Wandbilder im Shaka-do und die singenden Nachtigallenböden) und das nur fünf Gehminuten vom Bahnhof gelegene, wenig besuchte Tempelduo Higashi Hongan-ji und Nishi Hongan-ji.
Statt des heillos überlaufenen und heftig touristischen gewordenen Nishiki-Markts ziehe ich Osakas Kizu Whole Sale Market vor, wo sogar ein Onsen wartet. Beim Bummel durch diesen Markz sieht man mehr als Dutzende Handyscreens fotografiereifriger Touristen über den Auslagen.
Wer früh aufsteht – gut, dass viele Hotels Frühstück schon ab 6.30 Uhr anbieten -, erlebt Kyotos Altstadt-Viertel Higashiyama und dessen bekannte Straßenzüge Sannenzaka und Ninnenzaka sowie die Yazaka-Pagode ohne Geschubse und Gedränge. Auf dem Rückweg riskiert man dann noch einen Blick auf das Geisha-Viertel Gion und widmet sich im toll gemachten Kyoto International Manga Museum ausgiebig der japanischen Komik-Kunst.
Unvereinbares vereinbaren
Es sind die großen Gegensätze, die das Reiseland Japan so spannend machen. Hier raffinierte Zen-Gärten wie die des Daitokuji, dort mit Markierungen, Hinweisen und Verboten zugepflasterte Bahnsteige und Gehwege. Hier grellbunte, 3D-animierte Mega-Billboards, dort mit schnellem Strich hingehauchte, minimalistische Wandmalereien wie im Eikando. Hier die zarte, filigrane Ästhetik von Bonsai und Moosgärten, dort brachial in den Boden gerammte, mehrgeschossige Betonmonster, die Züge und Autos durch die Städte pumpen, in Osaka sogar mitten durch ein Hochhaus. Das geht alles und passt zusammen, wie auch viele Japaner buddhistische und schintoistische Elemente in ihrem Alltag vereinen.
Koyasan: Etwas Ommm auf dem Heiligen Berg
Dieses geschmeidige Sowohl-als-auch ist auch auf dem Heiligen Berg von Japans Buddhisten, dem Koyasan, zu bewundern. Auf dem Gelände der Tempelanlage Danjo-Garan, die zu unseren wichtigsten Tipps für die erste Japanreise gehört, steht unter steinalten Zedern der Miyashiro-Schrein, der jenen schintoistischen Schutzgottheiten gewidmet ist, die über den Koyasan wachen.
Der Heilige Berg ist ein einzigartiges Ensemble aus Tempeln, Pagoden und einem verwunschenen Friedhof unter uralten Baumriesen. Zu seinen wichtigsten Sehenswürdigkeiten zählen der Tempel Kongobu-ji mit dem größten Zen-Steingarten Japans sowie der Danjo-Garan mit der leuchtendroten Pagode Konpon Daito und der majestätischen Kondo Hall.
Von den einst über 2.000 Tempeln stehen noch 117, die von 700 Mönchen bewohnt sind. Sage und schreibe 50 Tempel bieten Reisenden Shukubo-Übernachtungen an. Ein Erlebnis, dass zu den wichtigsten unserer Tipps für die erste Japanreise gehört. Einer der wenigen Tempel mit eigenem Onsen ist der ruhig am Waldrand gelegene „Rengejo-in“.
In den großen Familienzimmern mit kunstvoll bemalten Schiebetüren und Wänden (sowie außergewöhnlich bequemen Futons) kommt man der speziellen Ästhetik des traditionellen Wohnkultur Japans nahe. Und erlebt wieder krasse Kontraste. Neben dem neuen Glaserker zum Garten verbirgt sich ein hochmodernes Washlet-WC. Öffnet man die Tür zum stillen Örtchen, geht das Licht an, der Deckel hebt sich und das WC wird mit UV-Licht desinfiziert.
Tempelaufenthalte, in Japan Shukubo genannt, sind in der Regel eine eher spartanische Angelegenheit. Geschlafen wird auf Futons in Tatamizimmern. Es gibt Gemeinschaftsbäder und -toiletten. Einige Tempel verfügen über einen eigenen Onsen mit Thermalwasser. Die servierten Mahlzeiten sind immer vegetarisch, oft vegan.
Die sogenannte Shojin-Ryori-Küche ist eine kontemplativ-kulinarische Entdeckungsreise mit Dutzenden kleiner Gerichte und dreht sich um fünf Geschmacksrichtungen: süß, sauer, salzig, bitter – und umami. Die Zutaten spiegeln die Saison wider. So gibt es im schwülheißen japanischen Sommer kühlende Gurke, im Winter wärmendes Wurzelgemüse. Wichtige Elemente sind Goma- und Koya-Tofu, Fu-Suppe, Somen-Nudeln und Shimeji-Pilze.
Stundenlang kann man auf dem Koyasan von Tempel zu Tempel spazieren und über den Friedhof Okuno-in streichen. In den über 200.000 moosbewachsenen Gräbern unter gewaltigen, bis zu 600 Jahre alten Sugi-Zedern und Hinoki-Zypressen liegen Japans größte Denker, Künstler, Feldherren, Priester, Adlige und Unternehmer.
Ganz am Ende wartet hinter der Torodo-Laternenhalle das kleine, von Räucherstäbchenschwaden umwölkte Mausoleum des Kobo Daishi, des Begründers des japanischen Shingon-Buddhismus: „Erleuchtet zu sein bedeutet schlicht, die wahre Natur des eigenen Geistes zu verstehen. Die wahre Natur des eigenen Geistes zu verstehen bedeutet, alles zu verstehen.“
Schluss mit Ommm: Booom! Peng! Wroooom!
Eine Fahrt mit der steilen Standseilbahn, mit der Schmalspurbahn und der Nankai Line ab Hashimoto später steigt man aus den Katakomben der Namba-Station und steht betäubt im neonbunten Farbgewitter von Dotonbori. Pralle, laute Lebenslust. Extrentiker und Freaks. Nonkonformisten und besoffen dahintorkelnde Salaryman im Feierabendtaumel.
Mannigfaltene Essensgerüche aus Hunderten Restaurants, an deren Fassaden riesige Krabben, Kraken, Schweine, Sushi-Happen, grimmige Kushikatsu-Köche oder Drachenköpfe kleben.
Und alles, all die Widersprüchlichkeiten und Verrücktheiten, das Leise und das Laute, das Bunte und das Monochrome, das Kleingeduckte und das Hocherhabene, das Höflich-Untertänige und das Stolzgeschwellte ergibt zusammen eine einzigartige Harmonie. Das kann nur Japan.
Infos, Ideen und Tipps für die erste Japanreise
Sehr gut gemacht ist die offizielle Website des Reiselands Japans: japan.travel
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