Never judge a book by its cover. Das im März 2021 eröffnete „W Osaka“ ist ein schwarzer, 27 Stockwerke hoher Monolith über der noblen Einkaufs-Avenue Mido-suji. Betritt man das Hotel durch einen langen Tunnel, öffnet sich eine fröhliche, knallbunte und genussvolle Welt
Schwarz. Eckig. Glatt. Die Fassade des 337 Zimmer fassenden, über 115 Meter hohen Turms entwarf der in Osaka geborene, weltberühmte Architekt und Pritzker-Preisträger Tadao Ando. Hinter der düster-monochromen Schale wartet ein prallbuntes, farbfröhliches Inneres, für das die Interieur-Kreativen von concrete aus Amsterdam verantwortlich sind, die schon die ästhetische DNA des „W London“ und des „W Verbier“ kodierten.
Die hybride Erscheinung des größten Luxushotels der Stadt spiegelt die Antipoden von Japans Alltagsästhetik wider: Außen maximal aufs Minimale reduziert, innen exzessiv bunt, lebhaft und „laut“ wie Japans Städte.
W Osaka: Der erste Eindruck
Das „W Osaka“ betritt man nicht durch eine profane Glastür, sondern durch einen illuminierten Tunnel. Der leuchtete zur Zeit meines Besuchs saisongerecht in Kirschblüten-Rosatönen. Die 3.000 lasergeschnittenen Wand-Elemente seien eine Anspielung auf die japanische Kunst des Origami, erklärt Jason Lim, Director of Sales and Marketing, der an diesem 16. März ein wenig im Stress ist.
Abends kommen Hunderte Gäste, um bei Fingerfood und Dutzenden Flaschen Champagner zur Musik der in Berlin lebenden japanischen DJane Hito und des eigens aus London eingeflogenen DJ Tom Staar den dritten Geburtstag des Hotels zu feiern.
So tanzen bis in die Nacht Damen in edlen Kimonos neben jungen Frauen im superkurzen, superengen Schwarzen, japanische Sugardaddys in Slim-fit-Anzügen mit dezenter Yakuza-Aura treten von einem Bein aufs andere, während Kreative in langem Schwarz kaum merkbar zum Takt wippen und Cosplay-Girls zu harten Techno-Beats kichern. Buntes Hotel, buntes Publikum.
Ein Aufzug mit Neon-Hintergrundbeleuchtung, der bei jedem Stockwerk pinke Lichtblitze abschießt, bringt einen in den dritten Stock. Dort liegt der sogenannte Living Room. Bevor man die Frontdesks für den Check-in sieht, fällt der Blick auf die riesige Cocktail-Bar (Bild oben). In den bunten Lounge-Ecken drängen sich jeden Tag ab 12 Uhr junge Japanerinnen zum beliebten Afternoon Tea.
Ein DJ-Deck und XXL-Boxen sorgen dafür, dass die Gäste bei Partys ordentlich Etwas auf die Ohren bekommen können. Über allem schweben große Lampen im Look von Neonreklamen, allerdings in transparentem Weiß. Die bunten „Neon“-Töne von Lila, Rosa, Orange, Gelb, Hell- und Dunkelblau bis Grün liefern die Sitzmöbel darunter.
W Osaka. Die Zimmer
Licht, klare Linien und kräftige Farben prägen die 302 Gästezimmer und 35 Suiten des W Osaka. Die Räume haben alle mindestens 40 Quadratmeter Fläche, das ist für Japan fast schon obszön groß. Vor der Fensterfront eine kleiner Bartresen, daneben Nespresso-Maschine, Tee-Set und Minibar. Und dahinter öffnet sich ein tolles ein 180-Grad-Osaka-Panorama.
Raumhohe Fenster bringen Osakas faszinierende Skyline bis an die Kante des superbequemen Kingsizebetts. Der Blick geht weit über die Osaka, denn das Hotel wurde gebaut, nachdem die Stadtverwaltung die Höhenbeschränkungen für Gebäude entlang der Midosuji Avenue einkassierte.
Das Badezimmer mit Regendusche und Wanne ist halb in den Raum integriert. Es ist so groß wie die kompletten Zimmer des japanischen Businesshotels ums Eck. Zwei teilweise begehbare große Wandschränke mit schöner Innenausstattung im Manga-Stil mit typischen Pixorama-Szenen aus Osaka bieten genug Platz auch fürs große Weltreisegepäck.
Ferrari, Hublot – und W Osaka
Die Antwort findet sich, wenn man einmal um den Block des „W Osaka“ bis zum Namba Shrine und zurück spaziert, vorbei an den Showrooms von Tesla, Ferrari, Lamborghini, Hublot und Hermes und der teuren „Portland Coffee Roastery“. Damit dürfte ein wichtiger Teil der Gästezielgruppe beschrieben sein.
Die Gäste seien im Schnitt zwischen 45 und 55 Jahre, so Jason. 45 Prozent der Gäste sind aktuell Japaner, je 20 Prozent stammten aus China und den USA. Europäer bilden eine winzige Minderheit. Nur im 20 Meter langen „WET“-Pool stellen die Vertreter aus Good Old Europe die schwimmende Mehrheit. Der Rest begnügt sich mit zwei, drei Selfies und rettet sich dann wieder aufs Trockene.
Und wie ist der Service? Dezent freundlich, gut gelaunt, nie aufdringlich-höflich oder steif-spießig. Den 24/7-Service aktiviert man über den markentypischen Whatever/Whenever-Knopf auf dem Zimmer.
WOW Penthouse Suite
Jason lässt mich einen Blick in die Extreme WOW Penthouse Suite im 27. Stock werfen. Gute fünf Meter hoch sind die Räume der 200 Quadratmeter großen Suite, die pro Nacht ab 10.000 Dollar kostet und, so Jason, „ausgesprochen gut gebucht wird“. Unter der fast fünf Meter hohen Deck liegen fünf getrennte Räume. Der „Garden Room“ im Eingangsbereich empfängt die Suitengäste mit einem Hauch von Zen-Garten, der erste Blickfang aber ist die überdimensional große Badewanne in Form einer Chrom-Schüssel.

Das Frühstück im Bistro „Ooh La La“, continental oder japanisch, ist ein wahres Vergnügen. Es gibt Reis, Misosuppe, Dumplings, Smoothies, gebratenen Fisch, frische Takoyaki – die für Osaka typischen frittierten Tintenfischbällchen –, Gemüse, Tsukemono-Pickles und Pilze.
Wer rechtzeitig reserviert, schlemmt im Teppanyaki-Restaurant „Mydo“ im Erdgeschoss, dessen Wände und Fensterblenden vom lokalen Illustrator Seitaro Kuroda gestaltet wurden.
Etwas versteckt im dritten Stock liegt die Sushi-Bar „Ukiyo“. Dort zaubern das Team von Chef Fujisawa und Gäste-Chefs des „Murayama“ in Tokio für maximal zehn Gäste feinste Nigiri, zu denen ein Sake-Pairing angeboten wird. Das Omakase-Menü kostet ab 215 Euro.
Die Lage des W Osaka
Die Lage des „W Osaka“ direkt an der sechsspurigen Avenue Mido-suji könnte besser nicht sein. 15 Gehminuten sind es bis zum Stadtteil Dotonbori, in dem sich alles tummelt, was mit Essen, Trinken und Partyspaß zu tun hat und wo die schönsten und größten Neonwände der Stadt funkeln. Bei Regen erreicht man Dotonbori trockenen Hauptes durch die komplett überdachte Einkaufspassage Shinsaibashi-suji.
Bis zum Viertel America-mura mit seinen abgedrehten Vintageläden, Vinyl-Shops und dem vom Skatern bevölkerten Triangle Park sind es ebenfalls nur zehn Minuten zu Fuß. Zur zentralen U-Bahn-Station Shinsaibashi sind es drei Minuten.
Gut für die An- und Weiterreise: Der Bahnhof Osaka Station liegt vier Stationen entfernt, zum Shinkansen-Bahnhof Shin Osaka sind es 15 Minuten mit der U-Bahn-Linie Midosuji.
Für wen ist das „W Osaka“ ideal?
Menschen, die internationales Flair suchen, aber in keinem typischen Touristenhotel der 5-Sterne-Kategorie absteigen wollen. Reisende mit Faible für frisches, freches und junges Design statt für Plüsch, dicke Teppichböden und Messing. Und mit passend bestückter Brieftasche: Die Zimmer kosten je nach Saison und Auslastung zwischen 240 und 650 Euro, in der Regel aber deutlich über 300 Euro.
Wo?
4 Chome-1-3 Minamisenba, Osaka
Chuo Ward 542-0081, Japan
+81 6-6484-5355
marriott.com
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Anreise
Mit Finnair ab 800 Euro über Helsinki nach Osaka. Die sehr entspannende Premium Economy kostet ab 1.500 Euro. finnair.com