Im Großarltal reaktiviert die jüngst eröffnete Kieserlbahn auch ein jahrzehntelang im Dornröschenschlaf schlummerndes Areal für Skifahrer. An aufgeweckten Ideen mangelt es ohnehin nicht …
Mitte Januar wurde sie bei Kaiserwetter und bester Schneelage eingeweiht: die Kieserlbahn, über die lange diskutiert und die schließlich in weniger als einem Jahr gebaut wurde. Und die Rede ist ja nicht nur von einer topmodernen Zehnergondel, die – wie in vielen Wintersportorten üblich – eine in die Jahre gekommene Bahn ersetzt. Nein, zur rund 70 Millionen Euro teuren Investition gehört eine Menge drum herum, im wahrsten Sinne.
Das geht los bei der neu gebauten Talstation, die neben einem Servicezentrum einen Sportshop, ein Skidepot, eine Tiefgarage und ein Bistro beherbergt. Wichtiger noch: „Mit der leistungsfähigen und längeren Bahn wird ein Bereich erschlossen, der bisher nur für Tourengehende erreichbar war“, bringt es Peter Hettegger, Hotelier und Geschäftsführer der Großarler Bergbahnen auf den Punkt.
Gemeint ist das Kieserl, einer auf 1.954 Meter gelegene Anhöhe zwischen Fulseck und Schuhflicker. Für die alte Hochbrand-Bahn, die im Übrigen ein zweites Leben im Pongauer Skigebiet Forstau findet, war deutlich früher Schluss. Wenn die Passagiere nun nach knapp 15 Minuten Fahrt wieder aussteigen, finden sie weitere Novitäten vor: allen voran das lässig-loungige, lichtdurchflutete Panoramarestaurant Wolke 7, das schon vor der Eröffnung reihenweise Hochzeitsgesellschaften für 2024 buchten.
Ist das noch eine Skihütte?
Normale Skifahrer sagen hier sicher auch gern „Ja“, wenngleich in der Regel erst im späteren Tagesverlauf. Vermutlich testen sie nämlich erstmal die neu geschaffene Piste Nummer 11, die zur Mittelstation zurückführt, oben breit, unten im Stil eines Skiwegs. Auf der anderen Seite besteht Anschluss nach Dorfgastein, womit die beiden Salzburger Orte in den Nachbartälern noch näher zusammenrücken.
Und was ist mit dem Umweltschutz? „Die Landschaft ist unser größtes Kapital“, beteuert Hettegger, „daher stehen die großen Baumaßnahmen ganz klar im Einklang mit dem Naturschutz“. Und in der Tat wurde hier, abgesehen von der Auswahl der Trasse und der Situierung der Stationen, einiges unternommen, Stichwort neu geschaffene Biotope, Lärchweidenprojekte, Trockensteinmauern und vieles mehr.
Plus: Betrieben wird die Gondel mit Ökostrom aus dem örtlichen Wasser- und Biomassekleinkraftwerk. Im Übrigen handele es sich beim Gebiet „Bergland“ ohnehin um ein „Großarler Ur-Skigebiet“, in dem es bereits in den 1970er Jahren mal einen Schlepper gab.
Frühere Zeiten, an die knüpfen die Großarltaler auch andernorts gern an. Etwa in Gestalt des „Salzburger Bergadvents“, wo an rund 30 kleinen „Almhütten“ in der dann autofreien Ortsmitte Kunsthandwerk und Spezialitäten aus der Region angeboten werden. Hinzu kommen weitere traditionelle Events.
Krampus- und Perchtenlauf, ein über die Adventszeit hinaus begehbarer Krippenweg, dazu eine aktive Gemeinde, wo der Sinn für Tourismus dem Nachwuchs quasi in die Wiege gelegt wird: Diese Melange kommt bei den überwiegend aus Deutschland stammenden Gästen gut an. Wer hier Urlaub macht, sucht ohnehin nicht die schwersten, längsten und meisten Pisten (man würde sie nicht finden).
„Es sind die weichen Faktoren, mit denen wir punkten“, sagt Thomas Wirnsperger, der den Tourismusverband seit 1991 leitet. Dazu gehören neben kostenlosem Wlan im Skigebiet auch die ganz analogen „Ruhe-Platzl“ mitten im Skigebiet, die sich teils mit unkonventioneller und teils klassischer Bankbestuhlung abseits der Pisten befinden und neben Ruhe eine 1a-Aussicht ermöglichen. Wer Glück hat, erspäht vielleicht ein wildes Reh?
Großarltal im Frühtau
Einem domestizierten Tier verdankt „Skikeriki“ seinen Namen. „Eine Wortneuschöpfung aus Ski und Kikeriki“, lernen wir von Thomas, „also Skifahren mit dem ersten Hahnenschrei“. Gut, dass uns der passionierte Skifahrer an diesem Morgen begleitet, wenn es schon kein echtes Hahnengeschrei tut. Praktisch, so erfahren wir mehr über dieses Projekt.
„Die Idee, eine Gruppe Skifahrer vor dem regulären Liftbetrieb auf die Piste zu lassen, hatten wir vor über zehn Jahren. Aufgrund des Erfolgs bieten wir es seither regelmäßig jeden Mittwoch an. Wenn die Nachfrage groß ist, und sie ist oft groß, sogar öfter.“ Zu oft aber auch wieder nicht, denn das Exklusive sei ja das Besondere. Der Grundsatz gilt: nur 25 Leute, nur mit Guide, nur zu bestimmten Terminen. Schlau also, wer sich rechtzeitig einen Platz reserviert hat. So wie wir heute.
Hochgondeln, runterschwingen
Als wir um halb acht, also fast eineinhalb Stunden vor der regulären Erstfahrt, an der Bergstation auf 1.849 Metern aus den gelben Gondeln aussteigen, geht es gleich mit einer speziellen Ouvertüre los: Der Himmel über den Großarltaler Gipfeln färbt sich rot. Die Sonne lässt sich zwar (noch) nicht persönlich blicken, dafür strahlen wir umso mehr. Denn die Pisten sind tiptop präpariert und unberührt. Wir sind wirklich die Allerersten, die ins Tal schwingen.
Und nach der zweiten Auffahrt geht es auch zu anderen der insgesamt sieben Sesselbahnen rüber. Thomas weiß genau, welche schon fahren und lotst uns über die attraktivsten Pistenabschnitte dorthin. Ab und an erzählt er etwas über brunftende Auerhähne (die sich gerne Anfang April am Pistenrand zeigen) oder winkt Kollegen zu, die einen Hang für ein Rennen präparieren, oder dirigiert uns vor einem festinstallierten Fotoapparat – im Vordergrund ein paar bunte Sitzwürfel, im Hintergrund verschneite Bergkulisse.
Cuvée zum Frühstück?
„Das Fotopoint-Bild könnt ihr euch nachher auf unserer Website kostenlos downloaden“, ermuntert uns Thomas. Was uns nach zwei Stunden Skifahren noch mehr ermuntert: ein üppiges Frühstück auf der „Gehwolfalm“ am Kreuzkogel-Sechsersessel. Dort dürfen wir uns am Frühstücksbüffet bedienen. Hüttenwirtin Karin überzeugt sich persönlich, dass nicht nur ihre Übernachtungsgäste von allem genug bekommen, sondern auch die Spezialgäste.
Theoretisch würde sie, da einziger Ski-Amadé-Weingenusspartner auf Großarler Seite auch den jedes Jahr extra kreierten Ski Amadé Cuvée anbieten, doch „für einen Wein ist es vielleicht noch zu früh“, mutmaßt Karin. Recht hat sie. Aber wer hier übernachtet, sollte einen der Weine, auf Skihütten in der Regel ja eher selten, probieren. Für einen Aufenthalt sprechen übrigens noch andere Gründe wie Sauna und gemütliche Zimmer.
Bergeweise Auszeichnungen
Die Übernachtungsgäste, das bemerkt man schnell, sind begeistert. Und das gilt auch für viele andere Unterkünfte im Tal, was etliche Auszeichnungen belegen. Ein paar Beispiele: Das Fünfsternehotel Das Edelweiss Salzburg Mountain Resort, von den Hetteggers geführt, hat bei den „Falstaff Travel Spa Awards 2023“ 99 von 100 Punkten abgesahnt – kein Wunder angesichts des 7.000-Quadratmeter-Wellnessbereichs, der neben einem Adults-Only-Infinity-Pool in der sechsten Etage auch einen Wasserrutschenpark beherbergt.
Freude auch beim Familienhotel Oberkarteis, das beim „kinderhotel.info-Award 2022“ Österreichs zweitbestes Ergebnis erzielte – sowie beim Nesslerhof, das bei den „Wellness Heaven Awards 2023“ den 1. Platz in der Kategorie „Zimmer und Suiten“ belegte. Es wurde im ganzen Tal aber auch wirklich viel erneuert, angebaut, modernisiert, neu geschaffen.
Chalets auf höchstem Niveau
Dazu zählen die zwei stylischen, erst Ende 2022 eröffneten Chalets namens Onkl Xonna im Bergsteigerdorf Hüttschlag, das etwas südlich von Großarl nochmal deutlich mehr Ruhe verspricht (und dank Skibus dennoch eine schnelle Anbindung ans Skigebiet).
Und es ist kein Widerspruch: hier das urige Dorf mit nicht mal 1.000 Einwohnern, dort die dezent an den Hang gebauten Häuser, die mit einem supermodernen Touch und jeder Menge nicht-dezenter Extras aufwarten: Hot Tub, Outdoorküche samt Riesenpfanne (genial für Kaiserschmarrn oder Paella), Frühstücksservice und der Möglichkeit eines Private Dinings dank Catering vom Zwei-Hauben-Restaurant Edelweiss Mountain Cuisine.
Christian und Sonja Viehhauser, beide um die 40 Jahre alt, jedenfalls sind froh, den Rat „Wenn ihr Chalets aufmacht, dann gleich auf Fünf-Sterne-Plus-Niveau“ beherzigt zu haben: Trotz stattlicher Preise ist die Nachfrage groß – so wie offenbar das Bedürfnis nach Abgeschiedenheit, ohne auf Luxus verzichten zu müssen.
Spezialwoche im März
Eine solch edle (und teure) Beherbergung kommt für die meisten wohl kaum in Frage, vielleicht aber, wenn man beim Skipass sparen kann. Genau das ermöglicht die Lady-Skiwoche, die Mitte März 2024 zum 23. Mal stattfindet. „Wir hatten seinerzeit mit rund 400 verkauften Wochenpaketen begonnen.
Mittlerweile werden allein ein Vielfaches der Packages alleine von Frauen gebucht“, sagt Thomas. Ein Grund für den Erfolg ist sicher der kostenlose Sechs-Tage-Skipass für jede zweite Begleitperson. Hinzu kommen Gaudirennen, vergünstigte Skitests und andere Veranstaltungen, insbesondere prominente Bühnen-Acts wie diesmal Alexander Eder und Die Draufgänger.
Langlaufen oder Touren gehen? Warum oder?
„Doch die Lady Week ist längst nicht nur etwas für Damen, die Hälfte der Gäste sind Herren“, weiß Thomas. Und was jeder weiß: Das Großarltal ist nicht nur etwas für Skifahrer. Von der Loosbühelalm sausen Rodler ebenso beschwingt bergab wie von der rund drei Kilometer langen Bahn beim Hotel Lammwirt, wo stündlich ein 500-PS-starker Trekker Rodelwillige an den Startpunt kutschiert. Langläufer finden 25 Kilometer vor, zum Beispiel von Großarl zum Heimatmuseum Kösslerhäusl, Eiskletterer einige aufregende Wände und Tourengeher durchaus Alternativen zum Kieserl, allen voran hinauf zum Kreuzeck.
Lust auf weitere Winterabenteuer? Wie wär es mit Trips im kanadischen Ontario, im Tiroler Serfaus oder im finnischen Lappland?
Fotos: (c) Tourismusverband Großarltal, Onkl Xonna, Christian Haas
Großarltal
INFOS Großarltal
Tourismusverband Großarltal: Gemeindestr. 6, A-5611 Großarl, grossarltal.info, skiamade.com
Skikeriki: Immer mittwochs, Treffpunkt 7.15 Uhr, Voranmeldung erforderlich, Preis: 52 Euro pro Person inkl. Frühstück exkl. Skipass
Wolke 7: Bergrestaurant auf dem Kieserl, wolke7grossarl.com
Übernachten
Onkl Xonna: Hüttschlag 107, Chalet ab 580 Euro pro zwei Personen inklusive Frühstück, Privatsauna etc., onklxonna.at