Lappland im Winter ist ein Erlebnis, ob auf Ski, zu Fuß oder mit Hundeschlitten. Die Tage sind kurz. So bleibt mehr Zeit für die Nachtshow am Himmel
Dieses Levi-Gefühl ist ganz speziell. Als könnte man aus dem staubtrockenen Schnee heraus jeden Moment abheben in diese grandiose Ebene Lapplands, wo die Birken- und Kiefernwälder dick eingepackt in Wolken aus Schnee Winterschlaf halten und Elche auf den Frühling warten. Ein bisschen erinnern Landschaft und Powder an Colorado, wobei die zurückhaltenden Finnen ihren Schnee nie als „Champagne“ verkaufen würden. Wodka würde besser passen.
Skifahren in Levi: Traumschnee und Weitblick
Finnlands zweitgrößtes Skigebiet hat gerade einmal 38 Pistenkilometer, die allerdings wirken wie ein 3-D-Film im IMAX-Kino: Die breiten Abfahrten und Freeride-Hänge verteilen sich mit jeder Menge Platz auf einen riesigen Bergrücken, der spektakulär einsam in der Weite Lapplands steht. Bei jeder Abfahrt eine Breitbildkulisse, die sich erst ganz weit draußen am Horizont auflöst im Morgendunst. Magisch!
Oben auf dem Gipfel haben Wind, Schneepressung und minus 22 Grad die Hütten mit einer dicken Kruste überzogen, die sie wie Iglus aussehen lässt. Eine Temperatur wie im Tiefkühlfach, die aber gut zu ertragen ist, denn der polare Nordwind saugt noch die letzte Luft feuchtigkeit aus der Kälte. Trotzdem schön, dass die nächste Möglichkeit zum Aufwärmen an einer der Talstationen oder oben am Berg nie weit entfernt ist.
Schließlich sind die Abfahrten kurz bei gerade einmal 300 Meter Höhenunterschied zwischen Berg und Tal. „Im April und Mai ist das hier eine komplett andere Welt, dann kannst du bei uns im T-Shirt fahren“, versichert mir Kellner Juha am Tresen des kleinen Cafés in der Bergstation und kassiert meinen Kaffee und das Stück Moltebeerkuchen ab.
Lappland-Happen: Moltebeerkuchen und Flechten
„Dürfen’s auch noch ein paar Flechten sein?“ Wie bitte? Die große Tüte, die er mir entgegenhält, sieht aus wie eine Vorratspackung Marihuana. Die grauweißen Baumflechten darin sind für die Rentiere im Außenbereich des „Samiland“-Museums, das die neu erbaute Bergstation mit beherbergt. „Der Vergleich passt ganz gut, die Tierchen sind geradezu süchtig nach dem Zeug“, so Juha.
Und wirklich, draußen im Bergwald, wo noch jeder dürre Zweig einen dicken Pelz aus Schnee trägt, stehen die Fellnasen und schlecken gierig jeden Krümmel der trockenen Büschel auf, die ich ihnen auf den kalten Schneewerfe. Die Leibspeise der Rentiere sieht aus wie der Bart vom Weihnachtsmann. Abgesehen von verfressenen Rentieren und dem großen Pub, der beliebt ist bei den einheimischen Metal-Fans, ist Levi herrlich tiefenentspannt.
Wären die großen Schilder an der Hauptstraße nicht, könnte man am weitläufigen Dorf glatt vorbeifahren. Wenn man schon mal da ist, wäre es übrigens viel zu schade, die weite Reise in den hohen Norden nur auf der Piste zu verbringen.
Rund um Levi verteilen sich 230 Loipenkilometer und fast 900 Kilometer Schneemobil-Routen. Schneemobilfahren ist die liebste Freizeitbeschäftigung der Finnen im Winter, und mehrmals am Tag besteht die Gelegenheit zu mehrstündigen geführten Safaris raus in die Wälder.
Lappland offline: Augen zu und ruhig!
Aber es geht auch ganz still, und das ist vielleicht Lapplands größte Attraktion. Wirkt Levi selbst bereits wie ein Ort auf Baldrian, so heißt es außerhalb: Augen zu und ruhig! Versteckt in den Wäldern liegen abgelegene kleine Hüttendörfer, die dafür bestens geeignet sind. In „Torassieppi“, einer ehemaligen Rentierfarm eine halbe Stunde von Levi entfernt, hat man das mit der Stille auf die einsame Spitze getrieben. Beim Programm „Lappland offline“ können sich die Gäste auf Wunsch zwangsbefreien lassen von jeder Verbindung nach draußen, das Handy wird gleich bei der Ankunft abgegeben.
Tagsüber geht es mit Hundeschlitten durch Finnlands Wälder und jeder darf dabei für eine Weile den Musher machen. Das Kommando „Mennä!“ für „los!“ ist überflüssig, denn die sechs Hunde pro Schlitten ziehen, als sei der fieseste Hundefänger hinter ihnen her.
Pallas-Ylläs-Nationalpark: Fluffig bis zum Horizont
Ein anderer Ausflug vom „Torassiepi“-Team führt in den menschenleeren Pallas-Ylläs-Nationalpark. Derart fluffig deckt der Schnee die kahlen Hügel des mehr als 1000 Quadratkilometer großen Schutzgebiets zu, dass man der Gegend nur mit breitesten Pfoten beikommt. Wenn man kein Schneehase ist, helfen Schneeschuhe oder Tourenski.
Und am Abend tanzt das Nordlicht über den Himmel, meist grün, manchmal rot. Wenn der Sonnenwind die Pole der Erde erreicht, fangen dessen elektrische geladenen Teilchen an zu leuchten. Das wussten die Ureinwohner noch nicht, und so entstanden wunderbare Legenden rund um das Phänomen.
Die verbreitetste ist die vom großen Himmels-Fuchs, dem Vuurvos, der mit seinem buschigen Schwanz als Nordlicht durch die Nacht wedelt. Und wirklich, einige der Polarlichter bewegen sich spektakulär in Wellen. Erinnert an die erste einsame Spur beim Skitag in Levi!
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Info Finnisch Lappland
INFO FINNISCH LAPPLAND / LEVI
Beste Winter-Reisezeit
Levi liegt 180 Kilometer nördlich vom Polarkreis. Rund um die Wintersonnenwende geht die Sonne gar nicht auf, was ideal für Polarlichter-Fans ist, zum Saisonende der Skisaison im Mai scheint sie schon 16 Stunden am Tag. Wir waren Ende Januar da, mit immerhin schon vier Sonnenstunden und eiskalter Winterwunderwelt.
Anreise
Der kleine Airport von ist Kittilä ist eine halbe Stunde von Levi entfernt. Finnair fliegt via Helsinki von allen großen deutschen Flughäfen, Ticket ab 380 Euro.
Skifahren
Die 43 Liftanlagen im größten Skigebiet Finnlands verteilen sich über einen einzelnen, 531 Meter hohen Bergrücken, der einsam in der weiten Tundra steht. Der moderne, kleine Skiort Levi ist eher ruhig und verzichtet auf Après-Ski-Rummel à la Ischgl und Co. Zudem bekommt man in den letzten beiden Saisonwochen die Skipässe zum halben Preis. Der Wochenskipass kostet 200 Euro.
Übernachten
Hotel “Hullo Poro”
“Hullo Poro”, übersetzt „verrücktes Rentier“, ist ein großes, aber gemütliches und günstiges Hotel im Ortszentrum, das im Winter vor allem bei Gruppen beliebt ist. Zwei Restaurants & Pub. DZ/F ab 80 Euro. Zehn Minuten außerhalb Levis bietet das Hotel auch “Aurora Pyramids” an, in denen man unter Glas übernachten und aus dem Bett die Nordlichter erleben kann.
“Torassieppi”
Die ehemalige Rentier-Farm „Torassieppi“ liegt an einem schönen See am Rande des Pallas-Ylläs-Nationalparks, eine halbe Stunde von Levi und 45 Minuten von Kittilä entfernt. Man wohnt in gemütlichen, kleinen Cottages. Angeboten werden Hundeschlitten-Touren, Fahrten im Rentierschlitten, Eisfischen und Schneeschuhwandern. 890 Euro für vier Tage im DZ/VP mit Aktivitäten. Nur-Übernachtung ab 90 Euro für DZ/F. Aktivitäten können auch einzeln gebucht werden.
Covid-19
Covid 19 hat weiterhin Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und bei Einreisen weltweit zur Folge. Achtet bitte deshalb unbedingt auf die aktuellen Reiseinformationen des Auswärtigen Amts unter auswaertiges-amt.de