Die Resortinsel Wa Ale in Myanmars Mergui-Archipel definiert Luxus-Tourismus völlig neu. Ohne TV. Ohne Klimaanlage. Ohne Minibar. Ohne Pool. Ohne Bling-Bling. Dafür …
… vollgefressene Pythons in den Bäumen, majestätische Seeadler und Brahminenweihen, Nashornvögel, Königs-Riesenhörnchen, Makaken, Flughunde, Zibetkatzen, Hirschferkel, Malaiische Schuppentiere und Kobras. Re-use und Recycling, wohin man blickt. Das neue Insel-Resort ist ein gelungenes Beispiel für „conservation-led luxury ecotourism“
Dichter, unberührter Dschungel auf einer 36 Quadratkilometer großen, unbewohnten Insel. Mitten im über 800 Inseln großen Mergui-Archipel, der bis 1997 für Ausländer tabu war. Rund 115 Kilometer und damit zwei Schnellbootstunden von der nächsten „Stadt“ entfernt. Tropisch schwüles Klima, aber keine Klimaanlage. Drei Baumhäuser und ein Café aus Abbruchholz vom birmesischen Festland.
Das klingt nach Askese, Leid und Entbehrung statt nach Barefoot Luxury. Der US-Amerikaner Chris Kingsley und seine Frau Farina haben aus diesen Zutaten ein einzigartiges Angebot kreiert, das durch das selbst gewählte Etikett „Haute Bohemia Utopia“ nur unzureichend beschrieben wird.
Der 62-jährige Chris machte sein Vermögen als Chef und Eigner der Möbelfirmen Kingsley Bate und Brownstone Furniture. Er reiste über 25 Jahre hinweg immer wieder durch Burma/Myanmar und betrieb dort sechs Jahre eine Möbelfabrik. In dieser Zeit baute er offensichtlich gute Beziehungen zum Fischerei- und Forstministerium auf.
Das war leider weniger für den Schutz der Ressourcen zuständig als dafür, mit rücksichtslosem Raubbau in den Teakholzwäldern Burmas, die noch zu Beginn der 1990er drei Viertel der weltweiten Bestände bildeten, die Taschen der Militärjunta zu füllen.
Wa Ale: Öko-Power gegen Chinas Millionen
Unter der Regierung von Aung San Suu Kyi bekam Chris für sein unkonventionelles, fast schon verrücktes Konzept den Zuschlag, nachdem der Staat die Insel Wa Ale im Lampi Marine National Park zur Pacht und touristischen Entwicklung ausgeschrieben hatte. Ein Glücksfall für die Insel und den Nationalpark, blieben ihr so doch Bettenburgen chinesischer Investoren erspart, wie sie andernorts in Südostasien überall aus dem Boden gestampft werden. Die Macher des ersten Luxus-Öko-Resorts im Mergui-Archipel für lediglich 28 Gäste nehmen die Nachhaltigkeit schmerzhaft ernst.
Die Naturnähe begann beim Bau von Wa Ale, der sich über zwei Jahre hinzog. Dabei kamen nur Handwerker aus der Region, lokale Techniken und Materialien zum Einsatz. „Kein Bagger oder anderes schweres Gerät zur Bodenbearbeitung war beteiligt, stattdessen wurde mit Schaufeln, Handsägen und Pickeln gearbeitet. Wichtig war uns auch, dass kein Baum gefällt wurde. Für den Bau haben wir kein großes Unternehmen engagiert, sondern einen lokalen Handwerker aus der Nähe, der mit seinen Jungs alles so gebaut hat, wie er immer baut“, so Chris.
Wet Landing statt Luxus-Jetty
Statt der andernorts üblichen Wege, auf denen Golf Cars Gehfaule hin und her karren, verbindet auf Wa Ale allein der Naturstrand die elf Tented Villas und das kleine River Café mit dem Haupthaus. Kein langer Jetty wurden „instagrammable“ auf die Korallen geknallt und festbetoniert.
Darum ist bei Flut für die auf Wa Ale ankommenden Gäste ein Wet Landing angesagt. Schuhe aus, Hosen hoch gekrempelt, dann waten alle durch das Wasser der Mangrove Bay zum Strand, beäugt von munteren Makaken am Ufer. Bei Ebbe geht man fünf Minuten die Felsküste entlang bis zum Schwimmponton, an dem die Speedboote festmachen.
Chris trifft sich mit dem Fotografen und mir zweimal zum Dinner. Es sollten zwei sehr lange, überaus unterhaltsame Abende werden. Mit seinen Erzählungen über den Werdegang, die Bauarbeiten und die logistischen Herausforderungen beim Bau des Resorts ließen sich Bände füllen.
„Das meiste Holz zum Bau unseres Haupthauses, der drei Tree Top Villas und des ,River Café‘ stammen von alten Wohn- und Lagerhäusern auf dem Festland, die abgerissen wurden. Die großen Türen vor der offenen Küche im Haupthaus kommen aus einem alten Palast in Mandalay.“
Neue Ideen für Abriss-Holz
Alle Möbel wurden nach den Entwürfen von Chris und seiner Frau Farina in der Fabrik auf Java hergestellt, erzählt er. „Solaranlagen liefern rund die Hälfte des benötigten Stroms, den Rest decken zwei deutsche Generatoren, die besonders leise und energieeffektiv arbeiten. Die wiegen fast zwei Tonnen und wurden – wie bei den Pharaonen – auf Rundhölzern von der Bucht den Hang hinaufgeschoben.“
Bei der Wasserversorgung setzt das Wa Ale Resort auf Flüsse und Regenwasser, Brunnen wurden keine gebohrt. „Das Wasser ist wenig bearbeitet und kann bedenkenlos genossen werden. Das Greywater verwenden wir zur Bewässerung der Pflanzen um die Zeltvillen und der Permakultur-Beete.“
Wa Ale serviert Lobster aus eigener Zucht
Wie und wo er an das Personal gekommen sei, wollen wir wissen. „Viele der Jungs, die euch bedienen, haben vor zwei Jahren noch auf unserer Baustelle als angelernte Handwerker gearbeitet. Wir trainieren sie und sie machen ihren Job nicht nur gut und gern, sondern mit großem Stolz.“
Mit viel Stolz erklärt auch Sous-Chef Aung Soe zu jedem Dinner an jedem Tisch die Köstlichkeiten, die er mit Gemüse und Kräutern aus resorteigenen Bio-Anbau, Fisch aus nachhaltigem Fang und Hummer aus eigener Zucht kreiert.
„Bis dato hat unser im Oktober 2018 eröffnetes Resort Wa Ale über 100 Arbeitsplätze in der Region geschaffen,“ so Chris. Seine Herzensangelegenheit ist die Lampi Foundation, die mit 20 Prozent der Erlöse aus dem Resortbetrieb finanziert wird und damit Umweltprojekte, Schulen und ein Hospital im Nationalpark unterhält.
Besuch des Local Island Sitta Galet
Die Bedeutung der Stiftung wird klar, als Chris uns bei schwüler Hitze durch das kleine Fischerdorf Sitta Galet auf einer winzigen Insel an der Mündung des Galet River führt. Eine Ansammlung von 40 armseligen Hütten und Hüttchen, windig, oft nur mit dünnen Ästen als Seitenwände. Umgeben von Plastikmüll, frei laufenden Schweinen und Hunden.
„Wir zahlen zwei Männer, dass sie den Müll einsammeln und uns zur Entsorgung geben, anstatt ihn wild zu verbrennen oder ins Meer zu kicken,“ erzählt Alexander, der aus Singapur stammende Resort-Biologe. „Es ist noch ein langer Weg. Ihr runzelt die Stirn über den vielen Müll, der rumliegt. Vor einem halben Jahr war es viel schlimmer. Wir kommen voran, Schritt für Schritt.“
Riffe in Gefahr: Raubbau im Paradies
Wichtig ist Chris der Kampf gegen den illegalen Fischfang. Hunderte Kutter ziehen im Archipel ihre Schleppnetze über den Grund und holen aus dem Meer, was zu holen ist. Heerscharen kleiner und größerer Longtailboote tun es ihnen gleich, mitten im Lampi Marine National Park.
Unter Wasser sieht man die Folgen des Raubbaus. Beim Schnorcheln flippt unser Guide Jimmy aus, als er unter einem Felsen zwei kleine (!) Weißspitzenhaie entdeckt. Das komme nur selten vor, meint er. Dabei sind diese Tiere im Indischen Ozean keineswegs rar und etwa auf den Malediven oft zu sehen, selbst an belebten Hausriffen.
Bunte Fische gibt es, Fledermaus- und Doktorfische etwa, Hart- und Weichkorallen, Tigerschwanzseepferdchen und (oh Schreck!) viele Seeschlangen. „Wer taucht, kann am Black Rock Walhaie, Mantas und Barrakudas sehen“, schwärmt Jimmy.
Ab in den Dschungel: Hike und SUP
Zu den Höhepunkten eines Aufenthalts auf Wa Ale zählen die Hikes unter Führung des Resort-Biologen Alex, die in der Morgendämmerung starten und je nach Route entweder entspannt, aber tierreich oder etwas ambitionierter und schweißtreibender ausfallen.
Gesehen haben wir wenig außer Brahminenweihen und ein paar Affen, gehört dafür einiges – und gerochen. Wer den Dschungel mit fiesdornigen Ranken der Rattanpalmen und stolperlistigen Banyanwurzeln auf Distanz halten will, macht Touren auf dem SUP-Board oder im Seekajak, etwa auf dem Salet Galet River, an dem das Ufergrün immer näher rückt, je weiter man flussaufwärts paddelt. Auch die Mangrovenwälder, über denen immer wieder mal Nashornvögel aufsteigen, sind ein wunderbares SUP-Revier, das man lautlos und mit gutem Blick durchs klare Wasser erkunden kann.
Ein Unikum sind die Zikaden auf der Insel. Diese Biester sprengen mit monotonem Höchstfrequenz-Lärm schier das Gehör. Dabei wird nicht mediterran gezirpt, sondern ein extrem hochfrequenter Ton für Minuten gehalten. Das klingt eher nach Mikrofonrückkoppelung mit 100 Dezibel. So kommt es vor, dass man sich abends beim Small Talk mit anderen Gästen im „River Café“ fast anbrüllen muss.
Lust auf noch ein Eco Resort auf einer Trauminsel?
Auf nach Bawah Island oder ins Six Senses Zil Pasyon
Wa Ale
INFO WA ALE
Elf Zeltvillen (220 Quadratmeter) und drei Tree Top Villas (75 Quadratmeter) bieten von Oktober bis Juni auf Platz für maximal 28 Gäste. Während des Monsuns bleibt das Resort geschlossen. Die Zeltvillen verfügen über Doppelbett, Zweier-Schlafsofa, Teakterrasse und Outdoor-Dusche. Für Kühlung sorgen zwei kräftige Deckenventilatoren und die offenen Seitenwände, deren Mückennetze die Brise vom Meer durchlassen. Bei Zweierbelegung ab 990 Euro pro Nacht, inklusive Vollpension, gutem Hauswein, Bier, Kaffee, Tee, Softgetränken und Wassersportaktivitäten wie SUP, Seakayaking und Schnorcheltouren. In den Villen Moskitonetze, umweltfreundliche Insektenschutzmittel und korallenschonende Sonnencreme sowie biologisch abbaubare Pflegeprodukte. Kein Laundry Service! waaleresort.com
Anreise
Mit Singapore Airlines via Singapur nach Bangkok (Premium Economy ab 1.659 Euro). Von Bangkok nach Ranong mit Air Asia oder Nok Air (ab 100 Euro). Alternativ nach Yangon und weiter mit Golden Myanmar Airlines nach Kawthaung (ab 115 Euro). Von Kawthaung kostenloser Transfer mit dem Schnellboot des Resorts (samstags und dienstags, sonst 250 Euro). singaporeair.com/de
Gesundheit
Schutz vor Mückenstichen ist wichtig, die Insel liegt im Malaria- und Dengue-Risikogebiet
Stopover Bangkok
Das „Avani Sukhumvit“ ist ein neues 380-Zimmer-Hotel im Stadtteil On Nut an der Hochbahn-Station. Helle, große und modern eingerichtete Zimmer mit tollem Blick. Gute Alfresco Food Stalls warten eine Hochbahn-Station weiter im „W District“. DZ/F ab 60 Euro. avanihotels.com
Covid-19 /Sicherheit
Durch die Machtübernahme der Militärs und die Unruhen ist aktuell ein Besuch Myanmars mit Risiken verbunden. Beachtet bitte die aktuellen Sicherheitshinweise.
Achtet bitte deshalb unbedingt auf die aktuellen Reiseinformationen des Auswärtigen Amts unter auswaertiges-amt.de