TV-Koch Johann Lafer liebt Singapur. Hier zeigt er uns seine Lieblings-Adressen für feinstes Streetfood, Paranakan- und Sterne-Küche.
An diesem Morgen dauert es keine fünf Minuten und der große Mann mit dem Schnauzer steht zwischen dampfenden Kesseln, riecht an frischem Fisch, probiert mit Chilis gespickte Saucen und fachsimpelt mit Betty und ihrem Sohn Tony, die den Laden schmeißen.
Das Golden Mile Hawker Centre in Kampong Glam, ist eine der Adressen für Streetfood-Liebhaber. Spitzenkoch Johann Lafer ist mit mir unterwegs, um mir seine Lieblingslokale in Singapur zu zeigen. Hierher kommt er, weil er die Curry Chicken Noodles von Betty und ihrer Familie besonders schätzt.
„Wir geben unserer Suppe einen extra Kick Schärfe“, erklärt die 70-jährige Betty. Drei Jahrzehnte haben sie und ihr Mann Thien das Geschäft geführt, seit einigen Jahren ist Sohn Tony dabei, der im wenige Quadratmeter großen Imbissstand, in dem die Hitze steht, die Gerichte zubereitet. Er arbeitet, wie seine Mutter, in Gummistiefeln.
Immer wenn er frische Nudeln nach einigen Sekunden wieder aus dem brodelnden Topf schöpft und in eine Schüssel füllt, schwappt Wasser über, tropfen Nudeln ab und auf den schwimmenden Boden. Dazwischen hackt er eine Hühnerbrust für eine Portion Hainanese Chicken Rice mit dem Beil klein, schabt mit einer Schüssel den Reis aus einem großen Pott und nimmt gleichzeitig die nächste Bestellung auf.
Während Betty Geld in eine offene Plastikschale auf einem Tisch wirft und Tony neue Hühnchen aus einem großen mit Eiswasser gefüllten Bottich hebt, hat sich Johann Lafer mit Curry Chicken Noodles in eine ruhige Ecke gesetzt und lächelt nach dem ersten Löffel. „Das Curry schmeckt jedes Mal wunderbar.“ Die Passion, mit der in den Hawker Centres, gekocht werde, unterscheide sich kaum von der in der Spitzengastronomie.
Top-Streetfood dank bester Zutaten
Und, wird Betty später ergänzen, man müsse immer die besten Zutaten kaufen. Dann fachsimpelt sie mit Johann Lafer über das frische, aber sehr teure, von Hand geraspelte Kokosnussfleisch, das sie noch benutzen, während die meisten auf industriell gefertigtes Pulver umgestiegen sind. Und sie reden über die Curryzutaten, das gedämpfte Huhn, frittierte Tofuhaut, die scharfen Fischfrikadellen, die Bohnensprossen …
… die mit Fischpaste gefüllten Tofutaschen, Bittermelonen und die über Stunden köchelnde Fischbrühe …, vervollständigt Mr. Chng von der Imbissbude nebenan, der sich in der Zwischenzeit dazugesetzt und uns zwei Teller Suppe mit dünnen Reisnudeln, verschiedenen Tofuteilchen, gerösteter Schweinebauchhaut und Fischklopsen mitgebracht hat. Auch bei ihm war Johann Lafer schon öfter zum Essen, aus gutem Grund: „Mr. Chng ist ein Meister der Fischpaste, die ist fast wie Tartar, eine bessere findest du in keinem Hawker Centre Singapurs.“
Fischbällchen-Dynastie seit 1975
Seine Familie habe den Stand bereits seit 1975, erklärt Mr. Chng, und dass er jeden Morgen auf dem Markt frischen Fisch kaufe. Diesen hacke und mahle er zu Hause so lange, bis er die spezielle Paste erhalte, die er dann mit seiner Frau zu Füllung oder zu Fischbällchen verarbeite.
Weil sich herumgesprochen hat, dass ein Sternekoch hier Frühstückspause macht, serviert uns Ah Peng, die einige Meter weiter einen Getränkestand führt, einen Snowy Soursop Drink. Johann Lafer ist begeistert von dem fruchtig-sauren Getränk aus zerstoßenem Eis und Fruchtpüree. „Deshalb streune ich hier so gerne herum, weil du ständig etwas Neues findest, Spannendes schmeckst. So wie diesen Soursop Drink, du meinst, da ist Milch dabei, aber es ist nur Frucht und Eis. Eine Entdeckung!“
Auf dem Weg von Kampong Glam nach Chinatown, wo wir Tee kaufen wollen, erzählt Johann Lafer von seinen Wanderjahren als Koch, die ihn auch ins berühmte Raffles Hotel in Singapur führten. Damals entdeckte er seine Liebe zu, Street Food. „Mich fasziniert, dass die Kunden der Garküchen über Generationen hinweg bleiben. Diese Kundenbindung funktioniert aber nur, wenn auch die Qualität gleichbleibend ist. Genau das schaffen Mr. Chng, Betty und einige andere durch ihren persönlichen Einsatz. Das bewundere ich. Übrigens haben zwei Imbissstände einen Michelin-Stern, du hast doch noch Hunger, oder?“
Naja, ein wenig Verdauen vorher wäre nicht schlecht, und so schlendern wir zunächst durch Chinatown. „Vergiss die Food Street um die Ecke, die ist vor allem für Touristen, lass uns zum Chinatown Complex Market“, sagt Johann Lafer dann, und eine Rolltreppe bringt uns ins Souterrain zu den Antiquitätengeschäften.
Es riecht nach vergilbtem Papier und muffigen Kartons, Glücksschweine stehen neben verrosteten Spiegeln, verblichene Schallplattencover auf Nierentischchen aus den Fünfzigern. Wenn er unterwegs sei, erzählt Lafer, suche er alte Dinge, die er für TV-Produktionen oder einfach nur für sich gebrauchen könne. Er liebe es, in eine andere Welt einzutauchen, und schon verschwindet er in einem verrumpelten Laden, um erst einige Minuten später mit mehreren alten Tellern, Tassen und Silberbesteck wieder aufzutauchen.
Sterneküche für 2.50 Euro
Zwei Stockwerke darüber warten etwa 30 hungrige Menschen geduldig in einer Schlange, die ihren Anfang vor einer Garküche hat. Darüber steht, in rot-blauer Schrift: „Hawker Chan“. „Die erste Garküche, die einen Michelin- Stern erhalten hat“, erklärt Johann Lafer und begrüßt dann schon einen kleinen Mann mit Topfhaarschnitt und weißem Kochkittel, der auf den Gast aus Deutschland zugeeilt ist.
Chan Hon Meng leitet den hochdekorierten Imbiss zusammen mit seiner Frau Irene Quek – und verlangt für keines der Gerichte mehr als 2,50 Euro. Das ist dann wirklich ein Statement! Und obwohl die Warteschlange seit der Prämierung immer länger geworden ist und es „Hawker Chan“ inzwischen vier Mal in Singapur und in sechs Ländern als Franchise gibt, hat sich zumindest hier, am ursprünglichen Standort, kaum etwas geändert.
Irene Quek steht immer noch jeden Tag im Geschäft, nimmt Bestellungen auf und kassiert ab, in der Auslage tropft braune Sojasoße von Hühnchen und Schweinerippchen. Chan selbst ist nicht mehr in der Garküche, sondern pendelt zwischen den Lokalen in Singapur. Er lässt es sich aber nicht nehmen, für uns zwei Portionen selbst zuzubereiten, und kurze Zeit später verspeisen wir feines, in Chans Spezialsojasoße mariniertes Hühnchen und beißen in saftig-weichen, leicht karamelisierten Schweinebauch.
Der Michelin-Stern sei natürlich eine große Auszeichnung, sagt Chan, aber am meisten freue er sich, wenn berühmte Sterneköche wie „Master Johann Lafer“ aus der ganzen Welt zu ihm kommen und ihm zur Qualität seiner Gerichte gratulieren. Viele seien fasziniert, wie man in der Enge und Hektik der Garküche so hochwertige Speisen zubereiten könne. Aber er vergesse auch nie den allerersten Tag hier, als sie in zwölf Stunden gerade 15 Hühnchen verkauften. Heute sind sie meist ab 13 Uhr ausverkauft.
Nudelsuppe mit Michelin-Stern
Hill Street Tai Hwa Pot Noodles gibt es nur einmal auf der Welt. Mr. Tang, der schnurrbärtige Besitzer, hält seit 2016 auch einen Michelin-Stern. Er ist seit fast fünf Jahrzehnten jeden Tag an seinem Stand im offenen Erdgeschoss eines Wohnturmes aus den 1970-Jahren. Sein Vater begann 1932 damit, Pot Noodles in einem Holzkarren zu verkaufen. Das Suppen-Grundrezept aus stundenlang in Wasser gekochten Schweineknochen hat Mr. Tang beibehalten. Raffinierter wurde das Gericht durch die Essigsoße, an deren perfekten Geschmack er lange getüfftelt habe, wie er uns erzählt.
Zwei Varianten serviert Mr. Tang Johann Lafer und mir, die Suppe Guo Tiao Tang und die trockene Nudel-Variante Gan Mian. Basis für beide ist die durchgehend köchelnde Suppe, in die wahlweise Gemüse, Seegras, Schweineleber, Fischbällchen, Dumplings oder verschiedene Nudeln geworfen und jeweils für wenige Sekunden aufgekocht werden. Wählt man die trockene Variante, wird alles abgeschöpft, ansonsten kommt eine Kelle Brühe dazu.
Je später man also am Tag bestellt, desto intensiver schmeckt die Suppe, da im Laufe der Stunden kiloweise Zutaten aufgekocht werden, die alle ein wenig Geschmack an die Flüssigkeit abgeben. Auch wenn Johann Lafer und ich schon ziemlich satt sind, die beiden Gerichte in Kombination mit der säuerlichen Essigsoße schmecken so hervorragend und die Nudeln sind so perfekt al dente, dass wir keinen Bissen übriglassen und dem wortkargen Herrn Tang ein Lächeln entlocken.
Native Bar. Nachhaltigkeit und Zeitgeist
Ziemlich satt, aber glücklich sitzen wir am späten Abend am Tresen der „Native Bar“. „Heute haben wir vor allem chinesische Gerichte probiert“, sagt Johann Lafer, „morgen zeige ich dir noch meine Peranakan-Favoriten.“
Die Bar ist ein gerade sehr angesagtes Etablissement, in der Hipster-Barkeeper die Zutaten für ihre Drinks selbst anpflanzen oder in den Wäldern sammeln, fermentieren, destillieren und in großen Einweggläsern reifen lassen, bevor sie alles zusammenmixen. Wir probieren den Drink „Oysters from Ubin“, den Barkeeper Leon als seinen Bestseller anpreist, der aber eher an ein kalt-scharfes Austerncremesüppchen erinnert. Da hilft auch monatelanges Fermentieren nichts und ich bestelle einen Brass Lion Gin aus Singapur dazu.
Peranakan-Küche vom Feinsten
„Die Peranakan-Kultur entstand durch interkulturelle Ehen zwischen chinesischen Männern vor allem aus Hokkien und malaiischen Frauen“, erklärt Violet Oon, eine langjährige Freundin von Johann Lafer, die viel Jahre als Food-Journalistin arbeitete und mehrere Bücher über die Peranakan-Küche publizierte. Wir treffen uns am Tag nach unserem Bar-Besuch in ihrem im Art-Deco-Stil eingerichteten Lokal und tafeln unter überdimensionalen Rattan-Ventilatoren in Blattform, zwischen Spiegeln und antiken Peranakan-Fliesen.
Zu jedem Gericht kennt Violet, eine charmante Dame mit lebhaften Augen hinter schicker Brille, eine Geschichte. Schon früh habe sie die Rezepte ihrer Familie gesammelt und nachgekocht, jetzt gebe sie diese Kochkultur an die nächste Generation weiter.
Peranakan-Speisen seien komplex, da sie unterschiedliche Einflüsse miteinander verbinden. So seien die chinesischen Hokkien-Gerichte eher herzhaft mit viel Knoblauch, Schalotten, dunkler Sojasoße und Bohnenpaste. Dazu käme die malaiische Küche, in der traditionell mit Zitronengras, blauem Ingwer, Kurkuma, Garnelenpaste, Kokosmilch und Palmzucker gearbeitet werde. Während Johann Lafer verständnisvoll nickt, steige ich aus und probiere mich durch aufregend exotisch schmeckende Speisen, meist mit einem Kick Schärfe wie Kuay Pie Tee, Beef Rendang und Garam Assam Barramundi. Noch Fragen?
Um unseren Peranakan-Horizont zu erweitern, schickt Violet uns zu ihrem jungen Kollegen Malcom Lee, der mit seinem Team vom „Candlenut“ den ersten Michelin-Stern für ein Peranakan-Restaurant erkochte.
Malcom Lee. Rezepte von der Großmutter
Malcom Lee ist ein völlig unprätentiöser Sterne-Koch, dem daran liegt, die Gerichte seiner Mutter für andere zu kochen. Natürlich probiere er mit seinem Team ständig Neues, aber letztlich stamme alles aus dem Rezeptbuch seiner Mutter und die wiederum habe wie seine Großmutter gekocht.
Peranakan-Küche solle verbinden, erklärt Malcom Lee, während er die Blätter einer Kaffir-Limette fein raspelt, sie solle Freude am gemeinsamen Essen vermitteln. Die Basis sei doch die Familie und wenn er sich an die unzähligen Stunden erinnere, die seine Mutter mit Kochen verbracht habe, daran, wie viel Liebe und Geduld sie in die Speisen gesteckt habe, dann ist es genau das, was er auch für seine Gäste erlebbar machen wolle.
Johann Lafer und Malcom Lee sind sich letztlich einige: „Als Koch braucht man Enthusiasmus. Kochen, das ist Passion, eine Berufung, die kann man nicht ablegen, die hast du und die bleibt.“
Bestimmungen der Singapore Vaccinated Travel Line
Singapore-Airlines-Kunden, die ab 8. September im Rahmen der Vaccinated Travel Line nach Singapur fliegen, müssen alle diese Bestimmungen befolgen und erfüllen.
- Vollständig gegen Covid-19 geimpft mit Pfizer-BioNTech/Comirnaty, Moderna oder anderen Impfstoffen aus der Emergency Use-Liste der WHO.
- Impfung in Deutschland oder Singapur, letzte Dosis mindestens 14 Tage vor Ankunft in Singapur.
- Vor Abreise Aufenthalt in Deutschland und Singapur an 21 aufeinanderfolgenden Tagen.
- PCR-Tests maximal 48 Stunden vor dem Abflug
- PCR-Test bei Ankunft am Flughafen.
- Resultat des ersten PCR-Tests liegt in Englisch vor.
- Ein bis zwei weitere PCR-Tests vor Ort
- Bis zum Erhalt des negativen Testergebnisses bleiben Reisende in ihrem angegebenen Hotel in Singapur.
- Flugbuchung nur auf designierten VTL-Flügen von Singapore Airlines
- Kurzzeitbesucher beantragen einen Vaccinated Travel Pass (VTP), der sieben bis 30 Tage vor dem geplanten Einreisedatum ausgestellt wird. Beantragung ab 1. September 2021 online.
- Reisekrankenversicherung mit Mindestdeckungssumme von SGD 30.000 (=18.800 EUR) für Covid-19-bedingte, medizinische Behandlung und Krankenhauskosten.
Lust auf mehr Städte in Asien? Wie wäre es mit Taipeh oder Hongkong? Oder lieber eine Foodietour in New York?
Singapur
INFO SINGAPUR
Anreise
Wer sich das umsteigen mit den Golf-Airlines ersparen will, fliegt mit Singapore Airlines ab 650 Euro nonstop von Frankfurt, München und Düsseldorf nach Singapur.
Übernachten
Andaz Hotel
Schickes Luxushotel mit angenehm großzügigen Zimmern, Holzfußboden und Panoramafenstern. Dazu: Hervorragendes Frühstücksbuffet und die spektakuläre Rooftopbar Mr. Stork in der man sich in Tipiähnliche Zelte zum Sundowner zurückziehen kann. Der Outdoor-Infinitypool sowie 24h kostenlose Erfrischungen und kleine Häppchen in der Loungeartigen Rezeption im 25. Stock runden den Aufenthalt aufs Feinste ab. Andaz Hotel Singapur
Infos
Aktuelle Einreisebestimmungen und umfangreiche Reisetipps zum Stadtstaat stellt Singapore Tourism bereit.
SingapoRewards
Internationale Besucher können sich seit März 2023 über ein neues Loyality-Programm der Löwenstadt mit vielen kostenlosen, interessanten Erlebnissen, Touren und Attraktionen freuen. Viele der inkludierten Erlebnisse sind weniger bekannte Sehenswürdigkeiten oder bieten Zugang zu einzigartigen, exklusiven Aktivitäten abseits der bekannten Pfade. Mehr Infos zum Programm gibt es hier