Ein Exot wartet im Valser Hochtal. Das „Silena, your soulful hotel“ ist von außen wie innen schick und sorgt für Entschleunigung. Stilprägend sind neben der allgegenwärtigen Achtsamkeit die japanische Note und viele schöne Bücher. Ein Hotel Review, ganz „soulful“
Um ehrlich zu sein: Es waren die Bilder des dampfenden Freiluft-Onsen auf dem Dach, die mich elektrisiert haben. Und die der „Soulful Suite Deep Recreation“. Japanisches Design. Große, private Finnische Sauna im Zimmer. Kaltbade-Wanne auf dem Balkon. Klang nach nicht enden wollenden, maßgeschneiderten Seelenstreicheleinheiten.
Das musste ich sehen, erleben, spüren. Dazu kam das Versprechen, man pflege eine regionale Naturküche. Das Gemüse sei Familiensache und komme, wie das Obst, vom Schirmerhof im nahen Natz. Den betreibt der Mann von Hotelchefin Magdalena Mair. Kartoffeln, Obst, Gemüse und teilweise auch Fleisch liefere ein Onkel in Luns …
Die Lage des „Silena Hotel“
Einige Wochen später kurven wir aus dem Pustertal hoch ins Valser Tal und rollen den gischtenden Bergbach entlang. Vor einer extravaganten Fassade kommen wir zu stehen. Die hat so gar nichts mit dem Fassaden-Hollaröhdulliöh gemein, das noch immer weite Teile des Alpenraums prägt.
Das Muster der aus Metall gelaserten Fassade des „Silena“* erinnert an Blattskelette. Oder an eckige Wurzelgeflechte. Sie fingern sich die Fassade hinauf und entlang, verbergen die Balkons und Fenster. Später lesen wir, dass diese Form in den Augen des Bozener Architektur- und Designstudios noa die Pfeifengräser des nahen Hochmoors zitiere.
* Das Haus tituliert sich selbst als „Silena, your soulful hotel“. Der besseren Lesbarkeit zuliebe begnügen wir uns mit „Silena Hotel“.
Die Geschichte hinter der stylischen Extrawurst?
Die ist so nonkonform wie das Hotel selbst und handelt von den Geschwistern Magdalena und Simon Mair. Magdalena ist ein Bücherwurm, der nach dem Abitur auf große Reise ging. Mit nach Hause gebracht hat sie eine ausgesprochene Asienaffinität.
Ihr Bruder Simon ist geerdet, blieb im Valser Tal und mag es lieber handfest. Den Käse- und Weinkenner treibt es häufiger hinaus in die Bergnatur als in den Lesesessel. Zum Frühstück greift er auch schon mal dem Service unter die Arme.
Beide übernahmen 2015 den elterlichen „Moarhof“, damals ein fast immer ausgebuchtes Vier-Sterne-Hotel, das die Eltern Ida und Sepp in über drei Jahrzehnten aus einer einfach Pension geschaffen hatten.
Das „Silena Hotel“ wurde 2017 komplett umgebaut, aufgestockt und hinter die neue Fassade gesteckt. Fünf Jahre später kam der Anbau mit sechs neuen, spektakulären Suiten im Japanstil dazu.
Netter Clou: Als Reminiszenz an den 350 Jahre alten Moarhof wurde dessen originale Bauernstube in den Empfangsbereich zwischen Bar und Rezeption integriert
Erster Eindruck des „Silena Hotel“
Das ganze Haus trägt klar den ästhetischen Fingerabdruck von Magdalena und ihrer Mama Ida: Gebetsmühlen zwischen Bar und Restaurant. Neben der Rezeption ein Steinbrunnen, der an die Temizuya-Brunnen vor Japans Tempeln erinnert. Ein Teehaus. Eine sehr gut sortierte Bibliothek mit über 1.500 Büchern, darunter viele Bildbände über Japan und viel Ratgeber-Literatur zu den Themen Achtsamkeit, Meditation, Atmen.
Dabei geht es schön eklektizistisch zu: Zen-buddhistische Zitate und Anleihen, Elemente des tibetischen Buddhismus wie die Wand aus Gebetsmühlen neben dem Zugang zum Restaurant (mit vielen kreativen Sitzmöbeln „made in italy“), Yoga-Raum und Klangschalen-Meditation.
Für die nachhaltige Südtiroler Duftnote während des Aufenthalts sorgen Bergkräuteraufgüsse, Massagen mit Moorstempeln oder heißem, heimischem Granit sowie duftende Zirbenkissen. Letztere befördern tiefen Schlaf durch gedimmtem Herzschlag.
Bei unserem frühsommerlichen Besuch im „Silena Hotel“ kommt noch das würzige Odeur der frisch naturgedüngten Wiese vor dem Hotel dazu. Das löst schöne Kindheitserinnerungen aus.
Die Zimmer im „Silena Hotel“
Zu den sechs neuen Suiten des „Silena Hotel“ mit starker japanischer Prägung zählt auch unsere über 45 Quadratmeter große Deep Recreation Suite. Bodennahes Schlafen und Sitzen wie in Nippon. Blütentapeten und Vorhänge in Blau und Grün. Die (riesige) Matratze auf einem Podest. Ein luzider Raumteiler zwischen Bett und Schrank wie die Shoji in traditionellen japanischen Häusern.
Edle Dunkelnoten herrschen vor, in der Sauna wie bei den aus Eiche gefertigten Möbeln. Die Blattmuster der Fassade tauchen bei der Dusche wieder auf, vor deren Glaswand ein Paravent steht. Man sitzt wie in Japan auf Bodensesseln ohne Beine, die auf dem Bettpodest stehen.
Für Meditation oder kontemplative Buchlektüre gibt es das Sitzpodest vor dem Panoramafenster. Es erinnert sehr an die traditionelle japanische Veranda Hiro-en. Von dort genießt man einen wunderschönen Blick nach Süden auf die Dolomiten – Fernsehen ohne Fernseher. Der hängt auch in dieser Suite an der Wand. Für mich völlig verzichtbar und auch fürs Auge weniger schön als die stilvolle Tapete…
Pfiffig: Die Wandtapete wird im Bad bis unter der Glasplatte fortgeführt, auf der zwei grüne Keramikbecken stehen.
Originell ist die mit Holz eingefasste Badewanne auf dem riesigen Balkon mit kleinem Zen-„Garten“ und luftigen Gardinen als Sichtschutz. Dazu kommt der unerhörte Luxus einer sehr großen, privaten Finnischen Sauna, die im Handumdrehen auf 90 Grad eingeheizt ist.
Der Onsen: Dampft schön japanisch
Die Krönung des Japangefühls ist der Onsen im fünften Stock des „Silena Hotel“. Dieser wird, wie in Japan üblich, komplett textilfrei genutzt. Nach vorheriger gründlicher Wäsche. Danach entspannt man im schultertiefen, 40 Grad warmen Wasser mit famosem Blick über Bergwiesen und die Gipfel der Pfunderer Berge.
Das Wasser des Onsen ist angereichert mit Mineralien aus dem Schlerngebiet und von der Seiseralm. Im Anschluss wartet der schöne, lichtdurchflutete Ruheraum mit 180-Grad-Panorama.
Allgegenwärtig ist im „Silena Hotel“ das Thema Achtsamkeit, dazu gibt es auch vor der Benützung der Sauna, zum Essen und selbst auf der Mineralwasserflasche im Zimmer immer sanfte Anleitungen. Für den einen oder anderen eventuell etwas zu viel des Guten. Aber vielleicht hilft im Bereich der Mindfulness mehr auch mehr.
Die Zielgruppe, die sich durch den Style und das Angebot des „Silena Hotel“ angesprochen fühlt, ist offenbar breiter als der schmale Pfad der Achtsamkeit erwarten ließe: Der eine oder andere Gast des „Silena Hotel“ kann selbst während des wunderbaren Fünf-Gänge-Menüs aus der gläsernen Küche Blick und Finger nicht vom Handy lassen, gabelt das Essen so nebenbei in sich rein, berieselt von Tik-Toks Bild- und Ton-Ergüssen.
Dabei haben Leckerbissen wie Rinderwange mit Pastinake, Tropeazwiebel und Amaranth oder Garnelen in Kataif-Teig mit Hummus, Rinder-Tatar mit Himbeeren oder Rote-Bete-Tatar mit Mandel und Kräutern, Steinbutt mit Zucchinicreme und Caponata die volle Aufmerksamkeit verdient. Das kommt alles nicht nur optisch sehr appetitlich daher, sondern schmeckt auch wunderbar.
Wohltaten für Body & Soul
Platz für unterschiedliche Lebens- und Urlaubsphilosophien sowie insgesamt über 2.000 Bücher finden sich in 48 Studios und Suiten und auf insgesamt 5.000 Quadratmetern Fläche.
Der weite Bogen der Entspannungs- und Entschleunigungs-Angebote im über 1.500 Quadratmeter zählenden SPA-Bereich im Erdgeschoss und auf dem fünften Stock reicht vom teilweise glaswandigen Außenpool über das Waldluft-Dampfbad und die heiße Finnische Sauna auf dem Dach bis zu Yogakursen, Klangschalenmediation und Atemwanderungen mit Seniorchefin Ida Mair.
Und natürlich bieten die Südtiroler Berge rund ums „Silena Hotel“ Fitness und Entspannung mit vollem Gout de Terroir, etwa bei der Wanderung oder Radtour zum ebenso reizenden wie stark besuchten Almdorf Fane Alm. Dort, auf 1.739 Meter Höhe, scharen sich um eine kleine Kapelle über zwei Dutzend Almhütten. Einige Hütten sind sogar zu mieten.
Wer von der kurzen, aber steilen Anfahrt zur Fane Alm schon hungrig und durstig ist, legt einen Pitstop in der „Zingerele Alm“ mit guter Südtiroler Hüttenküche ein, bevor er weiter bis zur „Tschiffernaun Alm“ auf über 2.200 Meter Höhe strampelt.
Für wen ist das „Silena Hotel“ ideal?
Für Design- und Japanliebhaber, Meditations- und Yoga-Fans, Wellness-Verliebte, Bergfreunde und Gourmands, die Wert auf regionale und saisonale Küche mit dem einen oder anderen exotischen Firnis legen.
Übernachtung mit HP in der Soulful Suite Deep Recreation ab 312 Euro pro Person, im DZ ab 194 Euro pro Person. Buchung und weitere Infos direkt auf der Website des Silena, your soulful hotel
Lust auf mehr Südtirol? Wie wäre es mit einer der schönsten Wanderungen im Land? Oder einem Design-Juwel auf dem Kronplatz? Oder doch lieber etwas aktives Bergkino?
📷 Alle Fotos, soweit nicht anders vermerkt, sind © Silena Hotel /Tiberio Sorvillo