Auch wenn die Umgebung mit den welthöchsten Dünen und anderen Namib-Höhepunkten lockt: Angesichts des großartigen Ambientes würde man die „andBeyond Sossusvlei Desert Lodge“ am liebsten gar nicht verlassen – höchstens mit dem E-Bike
Wer braucht schon einen Fernseher, wenn man sich sein Programm malen kann? Und zudem entsprechendes Zeichenmaterial wie Pinsel, Papier, Staffelei und Farbkasten zur Verfügung steht? Die Landschaft der einem wahrlich zu Füßen liegenden Namib-Wüste animiert erst recht. Allein die Farben! Das Braun und Gelb der teils steinigen, teils lehmigen Ebene, das Rosa der Dünen, das Schwarz der Black Mountains, die sich rechterhand bis zu 200 Meter hoch erheben. Und dann das Blau des Himmels sowie das des Privatpools, den jede der zwölf Suiten aufweist.
Das wirkt etwas grotesk. Woher nimmt man so viel Wasser? „Es kommt, privat gefördert, aus der Tiefe, und nicht von weit her, wo es anderen fehlt“, erklärt uns Bonnie, der in der „andBeyond Sossusvlei Desert Lodge“ als Guide und Ranger arbeitet.
Gut, dass auch die Tiere ein paar Wasserlöcher genießen, an denen sie sich laben können. Und Tiere gibt es in der wenn auch kargen Gegend überraschend viele. „In der Wüste ist viel mehr los, als man denkt“, weiß Bonnie. „Man muss nur hinschauen!“
Und tatsächlich: In dem unwirtlich erscheinenden Gelände, im Südwesten Namibias gelegen, zeigen sich eine Reihe von Straußen, Springböcken, Rüppeltrappen, Schakalen und Webervögeln, die in den wenn auch sehr rar auftretenden Bäumen ihre Sozialwohnungen anlegen. Wer hier ebenfalls gern auf Streife geht, sind Bergzebras (wenngleich die sich, scheu wie sie sind, eher auf der anderen Seite der zu den nächsten Dörfern führenden Schotterpiste aufhalten).
Diesseits lassen sich dafür immer wieder Oryxe erspähen. Nicht ohne Grund ist die wunderschöne Antilope das Nationaltier Namibias, strahlt es doch mit ihren langen Hörnern und dem schwarz-weiß maskierten Gesicht etwas ungemein Edles aus. Manchmal kommen die bis zu 200 Kilo schweren Spießböcke so nah an die eigene Lodgeterrasse, dass man meint, sie fast streicheln zu können …
Oryx mit Spatzle
Dass beim Abendessen auf der Terrasse des Haupthauses Oryx-Steak auf Salzstein serviert wird – mit Spatzle(!), die als „German speciality“ vorgestellt werden – lässt einen kurz innehalten. Aber Kristof, der uns den gesamten Aufenthalt über als „Personal Butler“ bestens umsorgt, klärt auf: „Dieses Fleisch stammt nicht von hier, sondern von Bio-Farmen.“ Dann merkt er noch an: „Fettfrei und superzart.“ Recht hat er.
Gut zu wissen: Hier auf dem 127 Quadratkilometer großen Gelände des Sossusvlei Private Desert Reserve, das zaunlos ins NamibRand Nature Reserve übergeht, wird gar nichts geschossen. Weder von Jagdtouristen, die in Namibia durchaus des Öfteren anzutreffen sind, noch von anderer Seite, erst recht nicht im Auftrag der Lodge.
Schließlich lautet das Motto des südafrikanischen Unternehmens andBeyond wie in den anderen 28 Unterkünften, die es in Afrika, Südamerika und Asien gibt: „Care of the Land, Care of the Wildlife, Care of the People“.
Konkret bedeutet das: Die Natur steht hier in der ältesten lebenden Wüste der Welt unter strengem Schutz. Das Wasser (der Pools) wird aufbereitet, die Energie kommt größtenteils von der Sonne, Plastikflaschen sind komplett verbannt. Ein Projekt mit Solarlampengläsern, die im Lodgeshop verkauft werden, unterstützt Kinder in der Region.
Die Mitarbeiter stammen allesamt aus Namibia, auch die Lodge-Managerin Emsie Skrywer, die seit zweieinhalb Jahren die Geschicke und das Team leitet und die wir beim Morgenkaffee treffen.
Mit dem E-Bike in die untergehende Sonne
Sie erzählt uns. Von den vielen internationalen, vor allem US-amerikanischen Gästen. Von den Herausforderungen der vergangenen Jahre. Erst die Pandemie, dann die ganzen nachzuholenden Buchungen. Zudem waren hier vor einigen Jahren einige Suiten überflutet, in der Wüste! In diesem März – offiziell noch Regenzeit, bevor es zwischen Mai und Oktober ohnehin so gut wie nie regnet – ist von Niederschlag keine Spur. Ein echtes Dürrejahr. Eine Herausforderung für das ganze Land.
Doch Trübsal blasen ist nicht Emsies Ding, vielmehr verweist sie auf die sechs E-Bikes, die seit einiger Zeit zum Inventar gehören – und „von den Gästen super angenommen werden“. Das hätten wir nicht erwartet, genauso wenig, dass uns Bonnie begleitet. Umso besser! Als Startzeit schlägt er 17.30 Uhr vor. Denn wenn man den Morgen-Slot verpasst, was angesichts eines ausgedehnten Frühstücks schon mal passieren kann, „geht zwischen zehn und fünf nichts“, wie er meint. Der Grund leuchtet ein: Es ist mit über 40 Grad einfach zu heiß.
Am Spätnachmittag aber hält sich der Schweiß unter dem Fahrradhelm in Grenzen. Die Anstrengung auch, weil die sanften Steigungen über Stock (selten) und Stein (häufig) dank Motor leicht zu meistern sind. So leicht, dass wir nicht die Zehn-, sondern gleich die 20-Kilometer-Runde angehen. Auf beide ist Bonnie stolz, zu Recht.
Als in der Pandemie angesichts fehlender Gäste Langeweile aufkam, legten Kristof und er die Wege an. Räumten große Brocken aus dem Weg, sorgten für aufregende Passagen, Holzbrücken, diskrete Kilometerbeschriftungen auf Steinen. Das Ergebnis macht richtig Laune.
Auch deshalb, weil die Berge nun am Spätnachmittag Schatten spenden und alles andere als langweilig sind. Hier die wie verbrannt aussehenden schwarzen Steine, dort eine kleine Höhle mit 400 Jahre alten Felsmalereien, darunter ein einstiger Totenplatz der San. Warum Bonnie ausgerechnet jetzt den einen (also einzigen) Leoparden der Gegend erwähnen muss?
Aber wir hätten bestimmt nichts zu befürchten, beschwichtigt er sogleich. Der „Predator“ sei viel zu scheu. Und überhaupt könne man die Tour durchaus auch zu Fuß und alleine machen … Na dann!
Ein Hauch von Guggenheim-Museum in der Wüste
Aus der Ferne wird nochmal deutlich, wie dezent die Anlage vor 25 Jahren angelegt und ebenso behutsam bei der Renovierung vor sechs Jahren leicht erweitert wurde. Alles flach, alles in erdigen Farbtönen. Der Komplex zieht sich in die Breite, nicht in die Höhe.
Das Höchste der Gefühle ist das zweigeschossige zentrale Haupthaus, das mit seinem Stahlzelt ein wenig an das Guggenheim-Museum in Bilbao erinnert. Glas, Stein und mehrere Dächer, die wie herunterhängende Flügel aussehen. Die baugleichen Suiten, bis auf eine als Doppelhaus angelegte Einheit, breiten sich links und rechts daneben aus, immer schön mit Abstand zum Nachbarn.
Privatsphäre ist hier ohnehin das große Thema. Wir haben es ausprobiert: Von keinem Winkel der Terrasse haben Nachbarn Einblick. So kann man nach Herzenslaune (sonnen-)baden und sich so tiefgreifende Fragen stellen wie: Dusch ich innen oder außen? Döse ich auf der Liege oder der Chaiselongue? Mal ich auf Papier oder in Gedanken? Und welches Getränk aus der üppig bestückten Kaffee-, Softdrink- und Alkohol-Bar, der man das Mini wahrlich streichen kann, gönn’ ich mir als Nächstes?
Irre: Neben dem proppenvollen Kühlschrank gibt es sogar ein Tiefkühlfach mit Eiswürfeln, und die obendrein mit gefrorenen Wacholderbeeren (für den Gin Tonic). Falls dann ein Gast nicht mehr zum Restaurant gehen will (oder kann), sieht Plan B vor, sich die georderte Mahlzeit einfach durch eine dezente „Zauberluke“ in die Suite reichen zu lassen.
All inklusive, inklusive Weltall
Mal von der sanft brummenden Air-Con abgesehen, geht es überall zauberhaft ruhig und bedacht zu. Nirgends läuft Musik, stört irgendein Lärm. Auch angenehm: Wlan ist auf die Zimmer reduziert und wird im Haupthaus unterdrückt. Welch Wohltat! Statt in Geräte schauen die Gäste in die Weite, in den Andenkenshop oder auf das Schachbrett, das sie sich mit in eine der vielen Sitznischen im Innen- und Außenbereich mitnehmen können. Wer in die „andBeyond Sossusvlei Desert Lodge“ kommt, saugt die Stille und die Weite auf.
Man steht mit der Sonne auf und geht mit ihr zu Tisch. Beim Essen können Gäste auf Wunsch auch in die obere Terrassenetage umziehen, dann sind sie dort ganz für sich. Gut, Kristof serviert ab und an den nächsten Gang, wahlweise die köstliche „Homemade lemonade“, Pinotage oder andere Weine aus Südafrika und Namibia (sämtliche Getränke sind im, wenn auch stattlichen, Übernachtungspreis enthalten, was im Übrigen auch die extrem gut bestückte Privatbar im Zimmer anbelangt) und sorgt mit flotten Sprüchen für eine heitere, ungezwungene Stimmung. Wie alle hier. Die familiäre Atmosphäre: ein Riesenpluspunkt.
„andBeyond Sossusvlei“, eine große Familie
Ein weiterer: der unfassbar schöne und klare Nachthimmel. Als die leichte Wolkenbedeckung an unserem zweiten Abend aufreißt und die Milchstraße in all ihrer Pracht offen legt, kriegen wir uns fast nicht ein, so gestochen klar sehen wir die Sterne. Die nächste Stadt ist eben 140 Kilometer weit weg und auch sonst gibt es keinen Grund zur Lichtverschmutzung. Selbst auf dem Lodgegelände wird auf allzu grelle Lichtquellen verzichtet, der Fußweg zu den Suiten etwa wird von dezent-roten Lampen beleuchtet.
Die allerbesten Bedingungen bietet jedoch das Observatorium, das sich etwas nach oben versetzt hinter dem Haupthaus befindet. Ein kreisrunder Open-Air-Bereich, in dem jeden Abend ein Astronom Gästen das Kreuz des Südens, den Gürtel des Orion, Omega Centauri und jede Menge Sternhaufen zeigt: mit fachkundigen Worten, starkem Laserpointer, Swarovski-Fernglas und einem hochmodernen Celestron CPC 1100 GPS (XLT)-Teleskop.
Fünf Sterne? Hunderttausende!
Hier vereinen sich gleich zwei USPs. Zum einen kürte die International Dark Sky Association das NamibRand Natur Reservat, das ja an die Lodge angrenzt, 2012 zum ersten „International Dark Sky Reserve“ in Afrika. Und zum anderen handelt sich bei den Astronomen um echte Profis, in unserem Fall ist es Terry, ein emeritierter Professor aus den USA, der diesen Job für Kost und Logis macht, quasi ehrenamtlich. Tagsüber trägt er gern mal Einstein- oder „Star Wars“-Shirts …
Die anderen Mitarbeiter tragen eine ausgesprochen hübsche Lodgekollektion. So auch Sabrina, die in regelmäßigen Abständen auftaucht und sich erkundigt, was wir noch so anstellen wollen. Eine Weinprobe? Eine Massage im ersten Stock? Eine Session im superequipten Fitnessraum mit Blick auf die Wüste? Und: „Sossusvlei ist natürlich ein Must! Am besten gleich am Anfang, dann hat man danach Zeit zu relaxen!“
Dazu muss man wissen: Die weltberühmten Dünen samt Deadvlei sind, anders als der Lodgename suggeriert, nicht ganz so nah, wie man sich womöglich wünscht. Zwei Stunden hin, rumspazieren, womöglich auf eine der Dünen hochkraxeln, zwei Stunden zurück: Macht locker einen halben Tag. Da geht es dann im Dunkeln los (samt üppiger Lunchpakete) und am frühen Nachmittag ist man wieder zurück.
Mit dem Heli über die Wüste
Wer es ruhiger angehen will, steigt in ein ATV, wie die All-Terrain-Vehicles genannt werden, und cruist vom Hotel aus los in die Wüste. Wobei das zum Sunset noch toller ist. Zum einen sind mehr Tiere unterwegs, zum anderen ist es nicht mehr so heiß.
Auf unserer Rundfahrt, bei der Bonnie penibel darauf achtet, bestehende Routen zu befahren und nicht offroad, kommen wir auch an einem Oryx-Schädel vorbei und sehen aus der Nähe, dass auf den Sanddünen Grasbüschel wachsen – Wunderwerk Natur. Auch was den Sonnenuntergang anbelangt, der sich in schönsten Orange-rot-und-lila-Tönen präsentiert. Schade fast, dass da noch eine Düne „im Weg“ ist.
Da ist so ein Helikopterflug, den die Lodge täglich anbietet und den ein Gutteil der betuchten Gäste auch in Anspruch nimmt, im Vorteil. Das geht dann so: Fünf Minuten sind es zum Heliport und dann folgen 30–60 Minuten in der Luft (wer drei oder mehr Nächte bleibt, hat einen 45-Minuten-Flug inkludiert!). Die erweiterte Version sieht einen Ausstieg auf einer Düne samt Sunset Drink vor.
Und wenn der Pilot gut drauf ist (also quasi immer), dreht er für Fotos noch eine Extrarunde vor der Lodge. Der einzige Moment, wo am Boden doch kurz mal etwas Lärm aufkommt …
Unser Sonnenuntergangszenario ist aber auch fein. Bonnie baut in einiger Entfernung zum Wagen einen Klapptisch auf und bestückt ihn, als käme eine namibische Großfamilie zu Besuch: Biltong, Nüsse, Trockenobst, dazu diverse Getränke. Wir entscheiden uns für Amarula on the rocks, den südafrikanischen Wildfrucht-Sahne-Likör, und einen (namibischen) Gin Tonic.
Den Hinweis „Malariaprophylaxe“, wegen des Tonics, kann man sich hier sparen. Afrikas gefährlichste Krankheit spielt in diesem Landesteil keine Rolle, außerdem sind die einzigen Flugobjekte derzeit Helis und Kleinflugzeuge, mit denen Gäste auf dem nicht weit entfernten Miniflugplatz landen, sowie jede Menge Webervögel und Krähen, die es insbesondere auf das Frühstücksbüfett abgesehen haben.
Privates Guckloch ins All
Nichtsdestotrotz gehört zum Zimmerservice, der nicht nur zwei-, sondern gleich dreimal am Tag aktiv ist, auch das Bereitstellen von Moskitospray – zudem Schlappen, Trinkwasser, diverse Kissen, kleine Handtücher.
Das Beste an dem wahrlich geräumigen Zimmer aber ist das Deckenfenster über dem Bett. Wenn man dann so in seinem königlichen Queensizebett liegt und nach oben blickt, geht das Star Gazing in Runde zwei. Und wir sind uns einig: Schöner kann man kaum einschlafen.
Fotos: © Christian Haas, andBeyond
Was gibt es noch im Südlichen Afrika zu sehen? Viel! Wir zeigen dir die Highlights von Namibia, schwärmen von Südafrika und geben Einblicke in das weltgrößte
Schutzgebiet KaZa
Sossusvlei
Infos „andBeyond Sossusvlei Desert Lodge“
Der südafrikanische Veranstalter und Lodgebesitzer andBeyond bietet individuelle Reisen und luxuriöse Safaris in 13 afrikanischen, fünf asiatischen und vier südamerikanischen Ländern an. andBeyond betreibt zudem 29 eigene Luxuslodges und -camps in Afrika.
Die „andBeyond Sossusvlei Desert Lodge“ liegt etwas südlich vom Sossusvlei Nationalpark im Westen Namibias. Der Ab-Preis liegt bei ca. 900 Euro pro Person pro Nacht in einer Suite. andbeyond.com