Mit Hurtigruten von Panama bis Miami. Acht Länder in 16 Tagen. Und Karibik-Traumziele, die Passagiere der großen Pötte nie zu sehen bekommen
Abhängen und sich den Wind um die Nase wehen lassen: Den Faultieren von Puerto Limón werden wir es in den nächsten zwei Wochen gewissermaßen gleichtun. Eine schöne Vorstellung. Den urtümlichen Fellbündeln, die sich hoch über den Tortuguero-Kanälen mittels langer Krallen in den Baumwipfeln befestigt haben und nur einmal die Woche für die Toilette absteigen, wachsen sogar Algen im Fell. Das wird uns hoffentlich nicht passieren, wir stechen zum Ende der Regenzeit in See. Zur Einstimmung auf Mittelamerika tuckern wir mit einem Boot durch den „kleinen Amazonas von Costa Rica“, wie das Labyrinth der engen Wasserstraßen an der Karibik-Küste auch genannt wird.
Puerto Limón: Amazonas Costa Ricas
Spitzmaulkrokodile und bunte Reiher, feuerrote Minifrösche und leuchtend grüne Echsen liegen, stehen und hocken wie angewurzelt im Regenwald und harren ungestört ihrer Betrachtung. Die Tierwelt lebt den Karibik-Lifestyle: farbenfroh und tiefenentspannt.
Am nächsten Morgen tänzeln kleine, weiße Spots an der Kabinendecke. Über die Wellen lässt der Passat draußen die Gischtfahnen emporschießen, die die Tropensonne tausendfach brechen und wie eine Diskokugel reflektieren. An Deck fühlt sich die steife Brise ziemlich ideal an!
30 Grad mit ordentlich Wind, das ergibt den perfekten Chill-Faktor. Der Grund fürs stramme Lüftchen: Wir fahren gegen den Nordostpassat nach Osten, von Costa Rica aus steuert die „Fram“ auf Panama zu, wo unser Insel- und Küstenhopping Mittelamerika aufwärts beginnt.
San-Blas-Archipel, Panama: Farbenrausch auf der Zwerginsel
Wir zeichnen uns eine Trauminsel: Sandhaufen, Palmen drauf, fertig! Die 365 Eilande des San-Blas-Archipels vor der Küste Panamas sehen genauso aus, einige sind nicht viel größer als ein Tennisplatz. Gut fünf Minuten am Strand entlang, über die Seile von kleinen Fischerbooten gestiegen, ein paar frechen Krabben ausgewichen … und schon hat man die Isla Aguja umrundet. Dabei zählt das Inselchen noch zu den größten im Archipel und ist deshalb auch dauerhaft von einigen Familien der Kuna bewohnt.
Die Ureinwohner leben von dem, was das Meer vor der Küste von Mittelamerika liefert. Anscheinend wirkt die Beute stark bewusstseinserweiternd, anders lässt sich der Farben- und Formenrausch auf der Kleidung nicht erklären: orange farbene Wadenstulpen, darüber bunte Wickelröcke und pinkfarbene Blusen und Hemden, überall wimmelt es von Mustern. „Gibt’s seit Hunderten von Jahren“, betont Maria, die Frau eines Fischers, „gibt’s auch zu kaufen, bitte schön!“ Hinter der windschiefen Hütte flattert die Batikkunst an langen Wäscheleinen im unablässigen Wind.
Bocas del Toro, Panama: Chillen und Surfen
Auf unserer Weiterfahrt durch die nächtliche Karibische See prasselt der Regen aufs Meer und weicht wohl auch die hölzerne Skyline von Bocas Town ordentlich durch, das wir am nächsten Morgen erreichen. So wirkt das Dörfchen wohl noch entspannter als sonst. Zwischen den Pfützen auf der Hauptstraße liegen die Hunde auf dem Rücken und lassen sich auch von den Pick-up-Trucks nicht stören.
„Das Meer ist heute glatt wie ein Spiegel, Surfen ist eh nicht drin, dann arbeite ich lieber“, sagt Alba und nimmt hinterm Tresen im „La Buga Café“ noch einen großen Schluck aus dem Kaffeebecher, bevor die ersten Gäste zum Frühstück kommen. Auf ihrer Reise durch Nord- und Südamerika ist die junge Spanierin auf genau der Hälfte hängengeblieben. „Seit zwei Monaten schon, es ist einfach zu schön hier.“
Bocas Town liegt im Zentrum der Provinz Bocas del Toro, die hauptsächlich aus einem fantastischen Insellabyrinth besteht. Bonbonfarbene Häuser, eine hohe Dichte von Rucksackreisenden, karibischer Lifestyle, gute Party-Locations und der Meeresnationalpark Bastimentos mit Mangrovenwäldern und makellosen Korallenriffen machen das Hideaway perfekt. Wenn man hier nicht gerade surft oder taucht, kann man für einen Dollar Inselhopping mit dem Wassertaxi betreiben.
Big Corn Island, Nicaragua: Hitzefluch der Karibik
Die Strände auf Big Corn Island sind so groß und leer, dass man vereinsamen könnte. An diesem Morgen ist es allerdings auch so heiß, dass man schnell die wohltemperierte „Fram“ vermisst. 80 Kilometer vor der
Küste von Mittelamerika im weiten Meer gelegen, dampfen Big und Little Corn Island im karibischen Rhythmus vor sich hin. Ziemlich bunt sind die altersschwachen Häuser, ziemlich kreolisch die Menschen, die sich auf zwölf Inselquadratkilometern verteilen und meist mopsig auf klapprigen Rollern unterwegs sind.
Der Hauptort Brig Bay ist so klein, dass man ihn leicht übersieht. Zu erkennen ist er am Hafen, wo der einbeinige Fischer Mike gerade mit seinem Mini-Boot eingelaufen ist. Ein paar Hummer zappeln darin und ein Dutzend Fische, „leider zu klein“, brummt Mike, der mit seinem Rauschebart, dem Kopftuch und dem fehlenden Bein an einen Piraten aus dem Film erinnert. „Viel ist mit dem Fang nicht zu verdienen“, stellt er mürrisch fest. Und überhaupt, reich seien hier die wenigsten. Aber es genügt zum Überleben. „Das ist drüben nicht immer gesagt.“ Mit „drüben“ ist Festland-Nicaragua gemeint.
Isla de Providencia, Kolumbien: Insel mit zwei Bergen
Während die eher flachen Corn Islands vor allem unter Wasser sehenswert sind, wirkt Providencia auch darüber wie das blühende Leben. Die Insel weit vor der Küste Nicaraguas gehört kurioserweise zu Kolumbien, dessen Festland mehr als 500 Kilometer entfernt ist.
Und das kam so: 400 Jahre lang zofften sich Spanier und Engländer um das strategisch wichtige Eiland mit dem großen Naturhafen, zwischendurch eroberte es der zwiebelbärtige Henry Morgan, bevor Großkolumbien die Insel 1812 übernahm. Um die Sache mal abzukürzen.
Die turbulente Geschichte hat auf der hübschen Insel mit zwei hohen Bergen Menschen aller Hautfarben hinterlassen. Gesprochen wird kreolisches Englisch, im quirligen Zentrum des gleichnamigen Hauptorts Providencia sind die Häuschen bestens in Schuss und die Blumen in den Gärten konkurrieren mit den Wandfarben um die schönsten Pastelltöne.
Mittelamerikas Trauminsel Santa Catalina
Vom kleinen Hafen aus führt eine Brücke hinüber auf die Insel Santa Catalina. Eine blumengesäumte Promenade leitet, an hübschen Cafés vorbei, zu einem schroffen Felsen, den man böserweise Morgan’s Head genannt hat. Auf der anderen Seite schaut man aus einer wunderbaren kleinen Badebucht in den Halbkreis einer traumhaften, palmengesäumten Inselküste entlang, in den die ankernde „Fram“ über dem kristallklaren Wasser perfekt eingerahmt ist. Als hätte sie nie andere Gefilde angesteuert.
Am Nachmittag geht es weiter nach Honduras. Von Bordbiologin Helga erfahren wir, dass unser nächster
Stopp, die Cayos Cochinos, übersetzt „Schweincheninseln“, aus zwei größeren und 13 kleineren Eilanden bestehen und dass das Korallenriff vor dem Archipel bereits zum zweitgrößten der Welt gehört, dem Mesoamerikanischen Barriereriff.
Cayos Cochinos, Honduras: Schweincheninsel mit Traumstrand
Auf Cayo Chachauate, das einen Meter aus dem Meer ragt und nur wenig größer als ein Bolzplatz ist, leben 150 Menschen dicht an dicht in Hütten. Fregattvögel kreisen im strammen Wind über dem Inselchen, der auf der meerzugewandten Seite die Wellen ganz nah an die kargen Behausungen treibt. Auf der anderen Seite scheinen die aufgereihten Fischerboote im fast durchsichtigen Wasser des Riffs zu schweben, wo Fische herumflitzen, wie man sie sonst nur aus Aquarien kennt. Gerade kommt das Schulboot an, das die Kids von der größten Insel, Cayo Cochino Grande, bringt. In adretter Schuluniform hüpfen sie lachend von Bord in den weißen Sand.
Belize: Dschungel zum Abhängen, Blue Hole zum Abtauchen
Das quirlige Belize City lassen wir aus – keine Lust auf Hektik. Außerdem werden von hier aus schöne Ausflüge angeboten. Eine Stunde außerhalb der Stadt biegt der Bus auf eine Staubpiste ab und steuert einen Bergwald an, wo wir am Fuß von Urwaldriesen in Klettergurte schlüpfen. Ein kurzer, schweißtreiben der Aufstieg einen Pfad durchs Tropendickicht hinauf, dann hängen wir wie die Faultiere über dem Wald ab und schießen an langen Ziplines von Baum zu Baum.
Auf dem Weg nordwärts erreichen wir mit der “Fram” am Nachmittag das Lighthouse-Riff, ein Atoll 80 Kilometer von Belize City, das mit die spektakulärsten Tauchplätze Mittelamerikas beheimatet. Mit 300 Meter Durchmesser zeichnet das Great Blue Hole einen perfekten Kreis ins Riff. An seinen Wänden tummelt sich eine Artenvielfalt wie aus „Findet Nemo“ und dann und wann tauchen beim Schnorcheln unter einem große, dunkle Schatten inder blauen Tiefe auf – die Gegend ist auch Heimat weitaus größerer Kaliber als die der Clownfische.
Tulum, Mexiko: Wo die “Fram” zum Zwerg wird
Knapp zwei Wochen waren wir fast allein auf dem Meer vor Mittelamerika, im Hafen der Insel Cozumel aber macht die “Fram” fest neben den großen Kreuzfahrtpötten und wirkt, gerade einmal 114 Meter lang, wie ein Zwerg. Mit der Fähre geht es aufs Festland von Yukatán, wo verschiedene Ausflüge zur Auswahl stehen. Wir tummeln uns mit großen Eidechsen und tausenden Besuchern zwischen den Ruinen der ehemaligen Maya-Hafenstadt Tulum.
Vom Glanz der Maya-Hochkultur ist nicht viel übrig geblieben, die spanischen Eroberer haben ganze Arbeit geleistet. Größtes Gebäude ist das Castillo, das fotogen auf einem Felsen den weißen Sandstrand überragt.
Miami, USA: Surrealer Abschied
Krasser kann der Kontrast am Ende dieser Reise kaum sein. Die Skyline von Miami Beach am Horizont wirkt jetzt unwirklich wie eine Fata Morgana. Blitzend und glänzend spitzen die Hotels und Penthouse-Wolkenkratzer in den Himmel. Blank geputzt sind die weißen Luxusjachten in der Marina, streng bewacht von der Security. Es ist ein schöner Frühlingstag und der Riesenstrand ist voller Menschen.
Miami ist toll, an diesem letzten Abend kann man noch viel anstellen, dank Art déco in Miami Beach, Street Art in Wynwood oder Zigarren in Little Havanna. Ach, man kann es sich aber auch an Bord gemütlich machen und mit Fotos die Reise Revue passieren lassen.
Und dabei feststellen, wie ursprünglich und irre schön Karibik doch noch sein kann!
Auch tolle Cruises: Antarktis und unter Segeln auf den Seychellen.
Mittelamerika-Cruise
INFO MITTELAMERIKA-CRUISE
Veranstalter
Hurtigruten steuert mit der frisch renovierten „MS Fram“ und der neuen „MS Roald Amundsen“ die Karibikküste von Mittelamerika an. Besonders ist der Expeditionsstil auf den 16-tägigen Reisen: Anlandungen mit Zodiacs machen Besuche direkt am Strand möglich. Dazwischen führen Vorträge in die Natur & Geschichte der Ziele ein, meist auch auf Deutsch. Ohne Anreise ab 3.789 Euro/Person
Covid 19
Covid 19 hat weiterhin Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und bei Einreisen weltweit zur Folge. Achtet bitte deshalb unbedingt auf die aktuellen Reiseinformationen des Auswärtigen Amts unter auswaertiges-amt.de