Mit dem Viermaster „Star Clipper“ durch die Andamanensee von Thailand nach Malaysia und zurück. Entschleunigung de luxe
Als mich der Wecker um halb sechs aus dem Schlaf holt, ist es vor meinem Bullauge noch dunkel. Das Waschen und Zähneputzen erledige ich mit halb geschlossenen Augen, dann steige ich zum Deck hinauf. Eine kühle Brise empfängt mich und ein Anflug von Dunkelblau, der das Schiff überspannt. Steuermann und Erster Offizier stehen am Ruder der „Star Clipper“, eines 115 Meter langen Großsegelschiffs, auf dem 80 Passagiere seit einer Woche durch die Andamanensee zwischen Thailand und Malaysia fahren.
Ich nehme auf einem Liegestuhl Platz, atme die Morgenluft ein und blicke nach oben, in die vom Wind geblähten Segel, zwischen denen die Mondsichel schimmert. Das Knarren der Wanten und Knirschen der Rigg im Ohr, habe ich Zeit, mich der Eindrücke der vergangenen Tage zu erinnern.
Segel setzen vor Phuket
An einem Vormonsunnachmittag setzt die „Star Clipper“ vor Phuket die Segel und verließen das touristische Chaos der Patong Bay in Richtung Süden. Drei Tage später erreichten wir das malaysische Penang, dessen Küste sich am Morgen an Steuerbord langsam aus dem Dunst schälte. Um dem Trubel von George Town zu entgehen, sollte man das nur eine Autostunde entfernte Taiping besuchen, 250.000 Einwohner groß und einige Jahrzehnte die Hauptstadt der Region Perak. Taipings Bedeutung wuchs ab dem Jahr 1848, als der örtliche Clanführer Che Long Jaafar in der Gegend Zinn entdeckte.
Taiping: Elefant als Glücksbringer
Laut Legende klebte das silberweiße Metall an den Beinen seines ausgebüchsten Lieblingselefanten, als ihn Che Long Jaafar Tage später im Dschungel fand. Er organisierte chinesische Finanziers aus Penang und begann, Zinnminen mit Arbeitern aus China zu betreiben. Zunächst wurde der Rohstoff für die Herstellung von silber gestempeltem Joss-Papier nach China verkauft, das im Ahnenkult des Daoismus, aber auch im Buddhismus als Brandopfer verwendet wird.
In Taiping muss Ende des 19. Jahrhunderts Goldgräberstimmung geherrscht haben. Die Zinnminen waren so bedeutend, dass ab dem Jahr 1885 zwischen der Stadt und der Küste die erste Bahnlinie Malaysias gebaut wurde. Viel ist von der silbernen Zeit nicht geblieben, dafür ist es unfassbar schwül, heiß und stickig. Die meisten der ehemaligen Kolonialbauten verschwinden hinter großen Werbeschildern. Wer nicht muss, der bleibt tagsüber in klimatisierten Gebäuden oder hetzt unter schattenspendenden Arkaden von Geschäft zu Geschäft.
Die Hausfassaden präsentieren sich farbenfroh, einige sind frisch renoviert, manche grau-grün mit Flechten bewachsen. In der Hauptstraße finden sich Baustile aus den vergangenen 130 Jahren nebeneinander. Chinesische, malaiische und lateinische Schriftzeichen konkurrieren miteinander, das „Vistana Micasa Hotel“ liegt zwischen dem „Hafiz Restaurant“ und der „Hongkong Noodle Bar“. Taiping, das ist südostasiatisches Klima und ungeschminktes Leben pur.
Georgetown. Segelhissen oder Drink kippen?
Das Ritual des Segelaufziehens für die Ausfahrt aus Georgetown ließ sich an diesem Abend niemand entgehen, zu verlockend die Aussicht auf eine kühlende Brise. Wer nicht selbst mit den Matrosen Hand anlegen wollte, der sah mit einem Drink in der Hand dabei zu, wie sich die Vorstagsegel der „Star Clipper“ Stück für Stück an den Masten nach oben schoben und sich Fock- und Untermarssegel mit einem satten Plopp entfalteten. Langsam nahmen wir Fahrt Richtung Thailand auf, bis sich unser Segler spürbar nach steuerbord neigte und die Andamanensee unter uns brauste.
Später verschwand Penang im Rot der Abendsonne. Während im Speisesaal Hummer und Chateaubriand serviert wurden, bildeten sich backbord dicke Regenwolken. Der Wind frischte auf, das „Adagio“ aus Khachaturians „Spartacus“ im Ohr, flogen wir über die Straße von Malakka.
Thailand. Zeit für den Friesennerz!
Der nächste Morgen, es war ein Dienstag, empfing uns mit strömendem Regen, das Wasser rauschte nur so vom Himmel, und außer den in Friesennerz gekleideten Matrosen war niemand an Deck der „Star Clipper“. Auch der Ausflug zur Insel Ko Adang im Tarutao National Marine Park fand wenig Zuspruch, obwohl es trotz Regen ein tolles Erlebnis war, in der 27 Grad warmen Lagune zu baden und dabei den Wolken zuzusehen, wie sie sich in immer neuen Formationen um den 690 Meter hohen Inselgipfel drängten.
Vermutlich dachten die meisten schon an die kommenden Sonnentage in Thailands Inselwelt, die wir zwischen Phang Nga Bay, Ko Hong und den Similan-Inseln zubringen sollten. Aber ich verbrachte den Tag am Strand und im Wasser.
Similan Islands. Traumschiff vor Traumkulisse
In den folgenden Tagen bewegte sich unser Viermaster in einer Traumkulisse, die manchmal zu kitschig war, um wahr zu sein: weißes Schiff vor steil aus dem Meer aufragenden Kalksandstein-Felsen, um die Seevögel kreisten. Türkises Wasser in Buchten mit feinstem Sand. Dazu knalligste Sonnenuntergänge an Deck, die Kameras und Smartphones glühen ließen. Unterwasserwelten mit bunten Fischen, die an Korallen knabberten. Zodiac-Ausflüge zu unbewohnten Inseln.
Noch mehr? Kalte Drinks auf von der Sonne erhitzten Felsen der Similan Islands. Schaukeln zwischen Meer und Himmel. Entspannte Stunden des Glücks im Klüvernetz ganz vorn am Bug – unter uns die Wellen, über uns fluffige Schäfchenwolken an hellblauem Firmament.
Die „Star Clipper“ ist das einzige Kreuzfahrtschiff, das in den verschiedenen Marine National Parks von Thailand fahren darf – ein Privileg, das es möglich macht, früher, später oder länger als alle Ausflugsboote an den schönsten Orten zu verweilen. Während diese tagsüber von Touristen überrannt wurden, saßen wir an Deck, beobachteten das Treiben aus der Ferne, schmökerten in Büchern aus der bordeigenen Bibliothek, lauschten Vorträgen über die große Zeit der Teeklipper oder lernten uns kennen. Zum Beispiel Charlotte aus Schweden, eine Künstlerin, die ihren Sohn, der zur Crew gehörte, besuchte und von ihren faszinierenden Installationen erzählte.
„Star Clipper“: Illustre Gästeschar
Oder das englische Paar aus Brighton, er klein und schmächtig, sie dagegen groß und kräftig, die zum Abendessen immer mit einstündiger Verspätung erschienen und immer auch die Tropical Bar als Letzte verließen; niemand war am Reiseende ähnlich rot- farbig. Und da war noch James, Schotte und pensionierter Professor, der angeblich „25 Jahre auf diese Reise gespart“ hatte.
Aufgrund einer Gehbehinderung verzichtete er auf sämtliche Ausflüge, aber nicht auf die Morgenzigarette und schon gar nicht auf Morgan-Whisky. Er versicherte mit Reibeisenstimme und schiefem Grinsen, er habe „the time of my life“. Oder Leif und Hanna, sie Dänin, er Amerikaner. Sie lernten sich vor 35 Jahren auf der Ladefläche eines Pick-ups zwischen Thailand und Malaysia kennen, heirateten und kehrten nun das erste Mal in die Region zurück.
Gegen 15 Uhr begannen die Ersten, sich für den Landgang bereit zu machen und schipperten von der “Star Clipper” zu sich entleerenden Inseln. Es blieb noch genug Zeit, um auf schmalen Pfaden unter ausladenden Balsampflaum- und Akazienbäumen zu wandern, danach den Schweiß im Meer abzuwaschen und sich abschließend von der Spätnachmittagssonne trocknen zu lassen.
Koh Miang: Nach der Touristenflut wird´s gut
Auf Koh Hong schaute ein Zwei-Meter-Waran vorbei und war überrascht, dass so spät noch jemand in „seinem“ Revier unterwegs war. Auf Koh Rok Yai waren die Strände so feinsandig, als ob man über Puderzucker wandelte. Und Koh Miang?
Da war der Strand so voll, dass man sich in der Nanjing Road im Herzen Shanghais wähnte. Keine Überraschung: Koh Miang ist total „instagrammable“ und deshalb in sozialen Netzwerken als „die Trauminsel“ omnipräsent. Da muss hin, wer was auf sich hält. Mit dem Ergebnis, dass täglich zwischen 10 und 15 Uhr eine ganze Armada hochgerüsteter Schnellboote Tausende Touristen an Land bringt. Zwei Punkte müssen dann abgehakt werden: Erstens ein Bild vor dem berühmten Sail Rock oberhalb der Bucht, zweitens ein Bild vom Traumstrand.
Thailand im Selfie-Modus
Hauptdarsteller? Immer man selbst, maximal noch die Partnerin oder der Freund. Also steht die eine Hälfte der Inselhungrigen auf dem Weg zum Fototermin am Sail Rock in der mehrere Hundert Meter langen Warteschlange, während die andere Hälfte sich selbst fotografiert: sich im Strand wälzend, in den Wellen springend, mit Gucci-Tasche oder Prada-Regenmantel an den Granitfelsen schmiegend. Frisuren, Tattoos, Muskeln, Brüste und Designerguss – hundertfach, tausendfach, überwältigend – „so instagrammable“.
Dann, wie auf Kommando, stehen die Menschen Schlange und bis zur Hüfte im Wasser, um die Boote zu besteigen, die bald mit aufheulenden Motoren fontänenspritzend aus der Bucht verschwinden. Ab diesem Zeitpunkt haben wir die Insel für uns allein. So klar ist das Wasser, dass der sandige Grund der Bucht sogar vom Sail Rock aus zu sehen ist. Und es ist, als reibe Koh Miang sich die Augen und prüfe, ob das nun Wirklichkeit oder doch nur ein Albtraum gewesen sei. Und der helle Klecks weit draußen auf dem Meer? Die „Star Clipper“ in tiefem Blau …
Die Wanten knarren, die Riggs knirschen. Ich sitze auf dem Deck und lasse den Blick in den Himmel wandern. Sterne und Sonne haben die Plätze getauscht. Es duftet nach Meer. Die Wellen rauschen – und die Segel blähen sich im Wind.
Weiter segeln auf den Seychellen oder Interesse an einem Eco Resort in den Andamanen?
Thailand. Star Clipper
THAILAND. SEGELTÖRN STAR CLIPPER
Anreise
Tägliche Flugverbuindungen von Deutschland nach Thailand mit Lufthansa, Thai Airways oder Singapore Airlines mit Stop-over in Singapur.
Reisezeit
Die beste Reisezeit für den SüdenThailands und die Andamansee ist zwischen Dezember und April, denn dann herrscht Trockenzeit. Schwülwarm ist das Klima in dieser Region jedoch ganzjährig.
Segeltörn mit der „Star Clipper“
Wetlweit unterwegs. Luxuriöse Kreuzfahrten auf drei unterschiedlichen Segelschiffen bieten Star Clippers. star-clippers.de
Info
Allgemeine Informationen zu Thailand und Tipps zu allen Region und Inseln bietet das Thailändische Fremdenverkehrsamt.
Covid 19
Covid 19 hat weiterhin Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und bei Einreisen weltweit zur Folge. Achtet bitte deshalb unbedingt auf die aktuellen Reiseinformationen des Auswärtigen Amts unter auswaertiges-amt.de