Grenada ist mit schönen Stränden, viel Grün im bergigen Hinterland, Wasserfällen und entspanntem Lifestyle die perfekte Insel für Karibik-Einsteiger
Schwüle 34 Grad – und ein Glas Rivers Royale Grenadian Rum auf den leeren Magen. Weißer Rum mit 75 Prozent Alkohol. Grenada ist an diesem sonnigen März-Nachmittag umwerfend. Auch die anderen Besucher der nostalgisch anmutenden Destillerie stöhnen, als sie das Degustationsgläschen Rum leeren. 75 Prozent purer Alkohol …
Schnell noch Notizen gemacht, bevor mich auf der kurvigen Fahrt über die Insel der Schlaf übermannt. Sheldon Noel, Besitzer von Royalty Taxi and Tours und mein Fahrer, schmunzelt in sich hinein. Endlich gibt der wissbegierige Kerl mal Ruhe, wird er denken.
Also, wie war das? Ein 240 Jahres altes Wasserrad treibt die Presse an, die aus dem Zuckerrohr den Saft holt. Gekocht wird der Saft im windschiefen Boiling House mit würzig-schwülheißem Höllen-Ambiente. Die vollreife Patina der Destille verwundert nicht, wurde die Brennerei doch schon 1785 gegründet. Viel ist seither an der Hardware nicht geändert worden, so der Eindruck nach der kurzen Führung.
600 Flaschen White Rum werden jeden Tag unweit des Kratersees Lake Antoine abgefüllt, um später nahezu ausschließlich die Rachen der Einheimischen hinunterzugurgeln. Als Souvenir taugt der 75-Prozenter nicht: Ist verboten wegen Brandgefahr! Für die Mitnahme an Bord von Flugzeugen gibt es die verdünnte 69-Prozent-Version. Sie entpuppt sich als noch harscherer Rachenputzer. Burn, burn, burn!
Carriacou: Kleine, aber feine Grenada-Schwester
Ein komplett unverdünntes Karibik-Feeling bietet Carriacou, die Nachbarinsel der „Isle of Spice“ Grenada. Der Hauptort Hillsborough döst entspannt im Karibik-Feucht und ist rasch erkundet. Bunte Häuser, viele Speedbumps und in dritter Reihe die Hütte der Creative Women of Carriacou.
Dort sitzen ältere Ladys an Nähmaschinen, um aus vom Meer angespülten Fischernetzen, alten Segeln und Plastikflaschendeckeln pfiffige Rucksäcke und Einkaufstaschen zu machen. Die Erlöse gehen an ein Naturschutzprojekt für Meeresschildkröten und Mangroven. Rausgeputzt sind die Damen, als stünde gleich der sonntägliche Kirchgang an.
Nach einem wunderbaren, frisch vom Boot auf dem Grill gelandeten Red Snapper im „Big Citi Grill“, einem Bretterkonstrukt direkt am Strand, fahren wir an den Paradise Beach. Höchste Zeit für ein paar Kraulzüge im unwiderstehlich klaren und fast unanständig blauen Meer.
Erste Überraschung: blitzsauber, auch im Unterholz. Kein Plastik, kein Treibgut – davon gibt es auf der Atlantik-Seite der Insel leider reichlich. Zweite Überraschung: Kein Mensch im Wasser an diesem Nachmittag. Dritte Überraschung: blitzblank gewedelte Umkleidekabinen mit Dusche – ideal für Strandkurzbesucher. So rau die See heute morgen noch bei der Überfahrt mit der Katamaranfähre „Osprey“ von St. George’s nach Carriacou war, so friedlich-delirierend ist das Wasser zwischen Paradise Beach und der kleinen vorgelagerten Sandy Island.
15 Wasserfälle und viel Grün
Sheldon, mein Driver-Guide, hat zu jedem Ort und jedem Tal Legenden, Zahlen und Fakten parat. Das saftige Grün auf dem Weg zu den Wasserfällen von Concord war ein Stichwortgeber: „Grenada zählt 15 Wasserfälle und 124 Flüsse. Rechts im dichten Grün siehst du Muskatbäume, links Kakaobäume. Die werden vermehrt angebaut, seit Hurrikan Ivan vor 15 Jahren gut 95 Prozent der Äcker und Plantagen sowie Häuser zerstört hat.“
Das Kurzreferat zieht sich bis zu den Wasserfällen, dann ist kurzfristig Ruhe: Großer Auftritt von Travis und Devon. Die beiden sehnigen Burschen stürzen sich im Salto rückwärts von der 20 Meter hohen Kante des Wasserfalls und landen mit einer abenteuerlichen Arschbombe im Wasser. Nein, wenn man richtig springe, mache das auch den Kronjuwelen gar nichts aus, beteuert Travis. Und verweist dann auf die Holzkasse auf der Mauer, in der ich gern etwas Geld zurücklassen könne.
Vorbei am Denkmal für den Calypso-Star Slinger Francisco aka Mighty Sparrow, der 1935 in Grand Roy an der Westküste von Grenada geboren wurde, geht’s zur Gouyave Nutmeg Factory. Kaum Maschinen, viel Handarbeit – in Deutschland hieße so was Muskatnuss-Manufaktur. Auch hier jede Menge Patina, eine dicke Schicht Nostalgie und viel feiner Staub. Von Hand und mit Schablonen beschriftet sind die Jutesäcke, die in alle Welt geschippert werden.
Muskatnüsse für die Welt
Auf Grenada gedeihen die Muskatbäume besonders gut, wegen des fruchtbaren vulkanischen Bodens. „Du kannst hier“, so Sheldon, „beinahe jeden Samen und jedes Korn auf den Boden werfen und schon – bumm – wächst das wie die Hölle!“ Am besten natürlich die Muskatnuss. Der Anteil der kleinen Karibik-Insel an der Weltproduktion von Muskatnuss liegt, so der freundliche Herr, der uns kurz durch die würzigen Hallen führt, bei gut 40 Prozent.
Weshalb die „Nutmeg“ auch ihren Platz im Landeswappen des Staats Grenada verdient. Sheldon-Fact: Der erste Goldmedaillen-Gewinner aus Grenada, Kirani James, küsste nach seinem Sieg im 400-Meter-Rennen bei den Spielen von London das Muskatnuss-Symbol auf dem Shirt. Team-Kamerad Esau Walter Simpson wiederum sprang mit dem Kampfspruch „Respect the Nutmeg!“ zum 100-Meter-Freistil-Rennen ins Becken.
Kakao, die Zauberbohne von Grenada
Besuch des Belmont Estate. Die bleichen Füße von zehn US-amerikanischen Kreuzfahrerinnen schlurfen tapsig durch eine dicke Schicht zum Trocknen ausgelegter Kakaobohnen. Ob das Fußwerk, geradewegs den Plastiksneakern entschlüpft, nicht den Geschmack versaue, frage ich mich.
Der junge Mann, der uns routiniert und wie ein Animateur über Belmont Estate führt, scheint die Gedanken hinter meiner schweißbenetzten Stirn lesen zu können. „Macht nichts, da sind ja noch die Schalen drum herum …“ flüstert er mir zu. Und grinst.
Belmont Estate wirbt mit „The Caribbean Authentic Chocolate Experience“. Okay, das mit den Amerikanerinnen ist die Ausnahme. Üblicherweise sind es einheimische Damen mit mehr oder weniger schlanken Fesseln, die alle 30 Minuten die Bohnen treten, damit sie rasch und gleichmäßig trocknen, nachdem sie eine Woche lang unter Bananenblättern und Jutesäcken fermentiert sind. Das sei wesentlich schonender, als die Bohnen per Maschine zu trocknen.
Die schönsten Strände auf Grenada
Am Grooms Beach bekommt man seine Drinks barfuß in der Bar des „Laluna“-Resorts, hat aber ansonsten seine Ruhe, auch an Wochenenden, wenn bei den Locals überall mit lautem Soca untermalte Beach-BBQs angesagt sind.
Alternativ bietet sich ein Stück weiter westlich der Concrete Strip aka Magazine Beach an. Den Sundowner holt man sich dort in der Bar des Restaurants „Aquarium“ ab, dessen Küche auch ein längeres Dinner rechtfertigt. Wer um die Felsnase herumschwimmt, landet am Pink Gin Beach, hinter dem sich das Luxus-All-inclusive-Resort „Sandals“ erstreckt.
Das kann zwar „Silversands“ und „Radisson“ in Sachen Strandlänge nicht das Wasser reichen, sehr wohl aber, was Komfort und die Kulinarik angeht. Besonders hat es mir das Sushi-Restaurant „Soy“ angetan. Dass der Strand überschaubar ist, dürfte den meisten Gästen egal sein – man lässt sich als Suiten-Gast lieber vom Butler eine Liege am Pool oder einen Katamaran reservieren, mancher auch die Tauchtour.
Einige Gäste scheinen sich vornehmlich der Herausforderung zu widmen, die täglich erneuerte Champagnerflasche nebst Whisky, Gin und Co. in der Suite-Bar zu leeren. Die ganz Glücklichen tun dies gut temperiert im privaten Skypool, der den Schlafzimmerbalkon zum Pool mit Aussicht mutieren lässt.
Familien mit Kindern lieben den Morne Rouge aka BBC Beach. Ruhiges Wasser, sanft abfallender Strand, viel Schatten und Gastronomie im Rücken.
Allen, für die das Meer gern auch mal rauer und mit kräftigeren Wellen daherkommen darf, empfiehlt sich La Sagesse Beach im Südwesten der Insel. Der Strand bildet eine perfekte Sichel mit viel Grünschatten, die starken atlantischen Wellen sind ideal zum Bodysurfen.
Blubb-Blubb mit Princess Nutmeg
Grenada rühmt sich des ersten Underwater Sculpture Parks der Welt. 2006 installierte der Brite Jason de Caires Taylor in der Molinere Bay, rund sieben Kilometer vom Grand Anse Beach, in gut fünf bis zehn Metern über 70 Statuen.
Sie zeigen etwa einen Kreis von 26 Kindern, die sich an den Händen halten (Vicissitudes), eine junge Frau, die eine Handvoll Muskatnüsse nach oben streckt (Nutmeg Princess) oder einen Mann, der auf einer Schreibmaschine tippt (The Lost Correspondent).
Unterdessen nagt der Zahn der Zeit an den Statuen, einige hat er flachgelegt – zum Gefallen kräftig nachwachsender Korallen. Taylors Installationen verteilen sich weiträumig im Meer, man muss sich mit Schnorchel und Flossen systematisch auf die Suche machen.
Ein Drunken White Goat, bitte!
Die Insulaner haben mehr drauf als Carib aus der Büchse. Das erfahre ich beim Besuch der West Indies Beer Company. Gegründet im Oktober 2014 in einer Minihütte auf dem Areal des „Tru Blue Bay Boutique Resort“ schreibt das Unternehmen von Mark Heather eine Erfolgsstory, musste mehrfach umziehen und erweitern. „Aktuell haben wir 18 Standardsorten im Programm. Das gesamte Repertoire“, so Robert Goodwin, „umfasst 35 Sorten.“
Darunter Exoten wie das White Chocolate Stout. Meine Favoriten? Drunken Goat, ein erfrischendes Weißbier. Das Black Rock IPA mit 8,3 Volumenprozent Alkohol und das Windward IPA. Keine Spur von Muskatnuss, Zimt oder Kakao. Überaschend für Grenada, die “Isle of Spice”.
Und das ist fast nicht zu glauben: Ich wurde im „Blue Haven Spa“ des „True Blue Bay Boutique Resort“ sogar mit Schokolade beschmiert, Ziel: die Haut zu verjüngen und den Körper zu detoxen. Geholfen hat es nicht viel, aber einmal im Leben kann man auch als Schokomännchen herumlaufen …
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Grenada
INFO GRENADA
Anreise nach Grenada
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True Blue Bay Boutique Resort
Kleine, bunte Anlage mit sehr nettem Team in Saint George’s True Blue Bay. Cool ist das über dem Wasser gelegene „Dodgy Dock“ mit vielen Events. Tipp: Die neueren Cocoa Pods: Zweistöckige, nachhaltig konzipierte und sehr geschmackvoll eingerichtete Holzbungalows am Pool. Schwimmen kann man im Meer vor dem Hotel nicht, das Wasser ist zu seicht. Cocoa Pod ab 220 Euro
truebluebay.com
Webtipp
Grenada Board of Tourism grenadagrenadines.com