Wir reisten an Bord der neuen „Celebrity Apex“ von Athen über Santorin nach Mallorca. Fünf Tage Zeit, um sich genau umzusehen. Dieses Kreuzfahrtschiff ist ein Designhotel zur See mit einigen crazy Gadgets. Wir stellen es euch vor
Apex. Was für ein Name. Klingt nach antiker Tempelarchitektur, dystopischem Computerspiel oder orthopädischem Fachbegriff für gemeine Wirbelsäulen-Deformationen. Zum Glück aber ist das einzig Steife an diesem Schiff von Celebrity Cruises der Name. Ansonsten zeigt es sich spleenig, gekonnt verspielt, mitunter etwas durchgedreht. Wohin man blickt, verrückt-kreative Designideen – mit Ausnahme der brav und unauffällig gestalteten Kabinen.
Die sechs Wowzer
– Das raffiniert-reduzierte Design statt Pomp, Farbrausch und Schnickschnack.
– Magic Carpet: Der fliegende Teppich wandert die Bordwand über 12 Decks rauf und runter. Steht er auf Deck 16, lockt das „Dinner on the Apex“. Auf Deck 2 dient er als komfortable Zustiegsplattform zu den Tenderbooten.
– Die gigantische (um genau zu sein: 35 Meter breite und sieben Meter hohe) Wrap-around LED-Wall mit 17 Millionen Pixel Auflösung im Theater.
– Der wettkampftaugliche Lap Pool von stolzen 22,8 Metern (=25 yards) Länge. Bei 30, 40 Längen kommt eine Strecke zusammen, die die Eggs Benedict zum Frühstück wettmacht.
– Die Celebrity-App: Mit ihr checkt man ein, reserviert Restaurants, liest Speisekarten und das Tagesprogramm. Vom Spa oder Pooldeck aus steuert man Kabinentemperatur, -beleuchtung und Vorhänge. Es gibt Abstimmungen zum Abendprogramm und die App öffnet, so gewünscht, auch die Kabinentür.
– Der Zugang zum Schiff über das großzügige, spacig illuminierte Destination Gateway, das eine Hotel-Lobby erinnert und nichts mit den sonst üblichen Empfangs- und Sicherheitsschleusen zu tun hat.
Die „Celebrity Apex“: Zahlen, bitte!
15 Decks, davon sind 14 öffentlich zugänglich. Maximal 2.910 Passagiere, während unserer Cruise waren es coronabedingt nur 700. „Bis Ende November werden wir während der Karibikkreuzfahrten die Auslastung schrittweise auf bis auf 90 Prozent anheben“, so Hotel Director Christophe Belaubre.
Crew: 1.300 Mann. 1.467 Kabinen. 167 Suiten. 80 Prozent sind Veranda-Außenkabinen vom Typ Infinite. 10 Prozent sind Innenkabinen. Den Rest bilden „Grand Porthole“-Außenkabinen mit Miniveranda und Großem Bullauge sowie „normale Außenkabinen“, manche mit raumhohen Panoramafenster.
Baubeginn in Frankreich im Juli 2018 bei Chantiers de l’Atlantique. In Dienst gestellt im Frühjahr 2020. Erste Kreuzfahrt wegen Corona erst Mitte Juni 2021.
29 Bars, Cafés und Restaurants verteilen sich vorrangig auf die Decks 14 bis 16 und drei bis fünf. Die Kosten pro Kopf und Tag starten bei 220 Euro pro Kopf und Nacht in der Verandakabine, inklusive Classic-Getränkepaket, das Biere, Weine und Drinks bis neun Dollar umfasst.
24 Prozent der Flottenoffiziere von Celebrity Cruises sind Frauen, auf dem Schwesterschiff „Egde“ gibt es eine zu 100 Prozent weibliche Crew. Captain Kate McCue, die das Nachfolgerschiff der Apex steuern wird, hat auf ihrem Instagramkanal über 300.000 Follower.
Die Baukosten der 306 Meter langen „Apex“ liegen bei rund einer Milliarde Euro, Vorgängerin „Edge“ schlug noch mit 1,2 Milliarden zu Buche. Die Kaschmir-Matratzen kosten pro Stück um die 3.000 Euro.
Auf einem Teil von Deck 4 und 5 blieb die Bordwand innen unverkleidet und ungestrichen, ein spannender Einblick ins Innenleben.
Der Kabinen-Check
Wir hatten das Glück, ein Upgrade in eine der großzügigen, zwischen 35 und 44 Quadratmeter großen Sky Suites zu bekommen. Deren Design ist, verglichen mit dem der öffentlichen Bereiche, konservativ. Gedeckte Farben dominieren. Designerin Kelly Hoppen hatte offenbar einen urbanen Apartment-Look im Sinn. Geschlafen wird auf feinen Kaschmir-Matratzen, die der italienische Hersteller Matermoll exklusiv für Celebrity Cruises fertigt.
Suitengäste genießen exklusiven Zugang zum „Retreat“ mit Club-Lounge, freien Getränken und eigenem Sonnendeck sowie zu den Restaurants „Luminae at The Retreat“ und „Blu“.
Rund 40 bis 35 Prozent günstiger sind die sogenannten Edge Staterooms, deren Infinite-Veranden hinter absenkbaren Fensterfronten durch Milchglastüren vom hinteren Kabinenbereich abtrennbar sind.
Sie sind alle kleiner (22 Quadratmeter), die unterschiedlichen Kategorien wie Concierge Class, Aqua Class und unterscheiden sich, so Concierge Icaro, „nicht in den Maßen und Dimensionen, sondern nur in der Ausstattung wie der Toiletterie und eingeschlossenen Leistungen“.
Für die höheren Gehaltsklassen gibt es die 88 Quadratmeter großen Edge Villas mit eigenem Whirlpool, die sich mit großen Glasfronten über zwei Decks erstrecken. Für sie werden auf einer siebentägigen Kreuzfahrt gut 11.000 Euro pro Person fällig.
Noch dicker tragen die zwei Penthouse Suites und die Iconic Suite auf Deck 12 auf. Letztere „ist ab 27.000 Euro pro Person für sieben Tage zu haben“, so Sales Director John Wilson.
Die Iconic-Gäste genießen auf 240 Quadratmetern ein riesiges Freideck mit Cabana, Whirlpool, ein privates Peloton-Bike sowie eine monströs große Badewanne, in der locker vier Erwachsene Platz hätten sowie einen etwas anrüchig wirkenden, roten Swing-Chair…
Wine and Dine: Die Bord-Restaurants
Die vier sehr unterschiedlich und intim gestalteten aufpreisfreien „Main Dining“-Restaurants „Normandie“, „Tuscan“, „Cyprus“ (Design: Patricia Urquiola) und „Cosmopolitan“ widmen sich schwerpunktmäßig der modernen französischen, italienischen, griechischen und internationalen Küche, ein Teil des Menüs ist in allen vier Lokalen gleich. Die jeweiligen Spezialitäten wechseln jeden Tag.
Nur Suitengäste haben Zugang zum „Luminae at the Retreat“, dessen Design die Handschrift der britischen Innendesignerin Kelly Hoppen („Queen of taupe“) trägt und mit täglich wechselnden Menüs sowie Signature Dishes des New Yorker Starkochs Daniel Boulud und Chefs des Zweisterne-Restaurants „Daniel“ lockt.
Fleischliebhaber fühlen sich im „Fine Cut Steakhouse“ auf Deck 5 im Paradies, wo neben 30 Tage lang gereiftem Dry-aged Beef“ auch Pan Roasted Main Lobster Tail oder Roasted Chicken und Weinraritäten zu teilweise schwindelerregenden Preisen auf der Karte stehen.
Liebhaber von Sashimi und Nigiri Sushi zieht es auf demselben Deck nach Steuerbord. Dort wartet das exzellente „Raw on 5“ neben Lobster und Austern vor allem mit perfekt zubereiteten japanischen Delikatessen auf, neben Suhsi stehen auch Gyoza, Udon-Suppe und Pork Belly Yakitori auf der Karte.
World Cuisine und digitale Spielereien
Wer gern tief in die Aromen Asiens, Arabiens und Südamerikas eintaucht, bucht einen Tisch im „Eden“ am Heck. Ich hatte eine großartige Bazaar Bowl mit Labne, Naan-Brot, Gurke und Mandeln sowie schön scharfen, butterweichen Grouper mit Edamame, Koriander und Kokosnuss-Curry.
Die Gerichte im Eden sind so gut, dass man sich am liebsten jeden Abend einen der wenigen Tische reservieren würde, um sich einmal um die Welt zu futtern: Ägäisches Ceviche mit Koriandersorbet, Schafsmilch-Gnocchi mit Pecorino und Schweinenacken, Currysuppe Mulligatawny mit Dhal, Koriander und Kokosnuss oder Wolfsbarsch mit Tamarinde, Sesam und Pak Choy.
Tipp für Familien mit Kindern: Das Multimedia-Dinner „Le Petit Chef and Family“ im „Grand Bistro“ ein Deck tiefer. Dabei wird der Tisch digital zum Leben erweckt und dann analog das gezeigte Gericht serviert. Eine Riesengaudi für kleine und große Kinder…
Slideshow Rundgang über die „Celebrity Apex“
So schmeckt Internationalität besonders gut. Zudem kommen die Crew-Mitglieder aus 80 Staaten. Das sorgt im Mix für ein schönes, kosmopolitisches Grundrauschen, das ich nach den unbarmherzigen Lockdown-Monaten besonders zu schätzen weiß.
Zuletzt noch ein Lob für das große, ausgesprochen hoch und luftig gestaltete Büffetrestaurant „Ocean View“: Was ich dort aß, war samt und sonders sehr gut. Vom Fisch über Fleisch bis zu Salaten und Gemüsegerichten. Und an den Extravaganza-Tagen lassen sie es qualitativ und quantitativ richtig krachen.
Wobei wir beim Thema Nachhaltigkeit sind: Ein bis zwei Kubikmeter organische Abfälle produzieren alle Küchen pro Tag, erfahren wir von der Umweltoffizierin an Bord. Das Ganze werde bei über 850 Grad verbrannt, so dass das Matetial fast vollständig oxidiert wird und noch nur etwas Asche übrigbleibe.
Die „Apex“ könne über Landstrom versorgt werden. Wo es außerhalb der Emission Control Areas erlaubt sei, fahre man mit Schweröl, ansonsten mit schwefelarmen Marine-Diesel, wie es die Vorschriften verlangen. Reinigungssysteme wie SCR-Kataysatoren und Scrubber holen die Schwefeldioxide und Stickoxide aus den Schweröl-Abgasen.
Raus an die Luft: Außenbereiche und Sport
Wer es ruhig angehen lassen will, tut dies auf dem spektakulären Rooftop Garden auf Deck 16, der mit jeder Menge echten Grüns punktet und wie das Pooldeck das Werk von Tom Wright ist, der unter anderem durch den Entwurf für das Burj Al Arab in Dubai weltberühmt wurde. Er zeichnet für alle öffentlichen Freiflächen der „Apex“ und den Magic Carpet verantwortlich.
Die Joggingbahn schlängelt sich auf 400 Metern über zwei Decks. Der 23 Meter lange Pool auf Deck 14 kann morgens oder abends ebenfalls zum Workout genutzt werden. Leider steigen während meiner drei Schwimmtage zwei Drittel der Gäste ungeduscht in den Pool.
Suitengäste chillen im „Retreat“ auf Deckmöbeln von Dedon oder wunderschönen Club-Armchairs von Kettal Riva bzw. im Whirlpool. Der große Fitnessraum bietet enorm viele Trainingsgeräte von TechnoGym, Peleton-Bikes, Spinningbikes und das Fullbody-Workout von F45, bei dem man mit einem virtuellen Trainer schwitzt.
Bühne frei! Entertainment an Bord der „Apex“
Wie es bei einer US-Reederei nicht anders zu erwarten ist, legen die Macher der „Apex“ viel Wert auf Hard- und Software. Die Bühne ist riesig, die 4K-LED-Wall aus 12 verschiebbaren Paneelen ist leicht gerundet und 34 Meter breit. Mit deren 17 Millionen Pixel nebst Kunstschnee und raffinierter Beleuchtungstechnik lassen sich enorme Effekte zaubern.
Jeden Abend treten andere Musiker, Tänzer und Akrobaten aus aller Welt auf, die vom stets aus dem Designerei gepellten Cruise Director Giuseppe Jay Moschella mit unvergleichbarem sizilianischen Temperament angekündigt und gepriesen werden, der dabei dem einen oder anderen Künstler fast die Show stiehlt. Das Theater bietet Platz für bis zu 900 Gäste.
Für wen ist das Schiff gemacht?
Jo Vaughton, Director Brand PR and Marketing von Celebrity Cruises in London, bringt es zeitgeistgeschmeidig auf den Punkt: „Wir fokussieren uns auf die Gen-Xer“, also auf die Mitfünfziger bis Anfangvierziger. Garniert wird die Produktphilosophie mit sichtbar und erfrischend gelebter LGBTQ+-Freundlichkeit sowie großem Augenmerk auf Diversität, „women empowerment“ und Barrierefreiheit.
So gibt es auf dem Schwesterschiff „Edge“ eine rein weibliche Brückenbesatzung, eine Pride Party at Sea. LGBTQ+ Welcome Partys am ersten Abend jeder Cruise gehören zum Alltag.
Alles anders? Das Routing und Preise der „Apex“
Beim Routing gehe es um eine gute Balance zwischen Klassikern und neuen Zielen, so Jo Vaughton. In der Praxis präsentieren sich die sieben- und neuntägigen Karibiktouren recht unaufregend, ohne große Aha-Momente. Sieben Tage Karibik bekommt man in der Verandakabine inklusive Premium-Getränkepaket und 150 Dollar Guthaben für Landausflüge ab 1.577 Euro, mithin gut 225 Euro pro Tag.
Fantasiereicher sind etwa die 10 Nächte „Britische Inseln“ rund um Großbritannien und Irland ab 2.538 Euro in der Infinite-Veranda-Kabine inklusive Premium-Getränkepaket mit 200 Dollar Guthaben, was einem Tagespreis von 258 Euro entspricht. Für deutsche Gäste dürfen auch die Touren durch Norwegens Fjorde attraktiv sein.
Die Nebenkosten an Bord dieses 5-Sterne-Schiffs, dessen Passagiere vorwiegend aus den USA, Kanada, Großbritannien sowie Frankreich stammen, so Hotel Director Belaubre, sind abgesehen von den Ausflügen deutlich höher als auf TUI Cruises‘ „Mein Schiff“-Flotte mit deren „Premium Alles inklusive“-Angebot, die sich ebenfalls auf die Generation X konzentriert. So liegen etwa die Cover Charges für die Restaurants bei 55 (Fine Cut) bis 20 Dollar (Grand Bistro).
Slideshow Landgang auf Santorin
Hier ist auf der Apex noch Luft nach oben – ganz subjektiv!
Leider keine Espressomaschine auf den Kabinen und Suiten unterhalb der Penthouse-Klasse, was auf den Schiffen etwa von Hapag Lloyd Cruises oder TUI Cruises Standard ist und bei Aida zugebucht werden kann. Es gibt auf der „Apex“ zwar Salzbad, Dampfbad und Infrarotsauna, aber keine klassische Finnische Sauna, was gerade bei nördlichen Touren schon eine Wohltat ist. Kein energiesparender KeyCard-Automatismus, der beim Verlassen der Kabine dafür sorgt, dass alle Lichter automatisch ausgehen.
Details zur „Celebrity Apex“, ihren Routen und Preisen findet ihr hier
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