Die Insel in der Kvarner Bucht verzaubert mit opulentem Grün, schwerem Pinien-Aroma und Luxus-Retreats. Ergänzt durch Abstecher aufs benachbarte Cres entsteht die perfekte mediterrane Genusspackung
Zwar waren diesen Sommer gefühlte 85 Prozent unserer Bekannten, Dorfnachbarn und Freunde in Kroatien. Dieses Lošinj aber kannte kaum einer: „Was? Wo fahrt ihr hin?“ „Auf ’ne kleine Insel in Kroatien, die Lošinj heißt“. „Ach ja? Nie gehört!“
Bei einigen aber fiel die Kuna. Dann hieß es mal „Ach so, du meinst Loschintschi?“, mal „Spricht man das nicht Loschinsch aus?“ oder auch „Heißt das nicht Loschnitsch?“. Um das Geheimnis, das keines ist, zu lüften: Loschin ist korrekt. Geschrieben: Lošinj. Sprachwissenschaftler schreiben es [ˈlɔʃiɲ]. k&k-Deutsch: Lötzing. Italienisch: Lussino. In der Antike hieß die Insel zusammen mit der Nachbarin Cres: Apsyrtides.
Es ist durchaus von Vorteil, dass nicht Gott und die Welt Lošinj kennen und die Anreise nur per Fähre möglich ist. Dies verlangt in der Hauptsaison Geduld in der langen Warteschlange, wohingegen die Passage selbst in einer halben Stunde geschafft ist.
Die Insel Lošinj hat ein absolutes Alleinstellungsmerkmal: Die im 19. Jahrhundert auf Initiative des Arztes Ambroz Haračić gegen die wütend blasende Bora und die Erosion gepflanzten Pinienwälder. Bis zu 25 Meter hoch und bis zu 100 Jahre alt kratzen die Aleppokiefern den so gut wie immer knallblauen Sommerhimmel.
Diese Pinien verströmen bei ausreichend Wärme einen unvergleichlichen Duft und verpassen der Luft über Lošinj dank ätherischer Aerosole Heilkräfte. In vielen kleinen Buchten sorgen sie für kühlenden Schatten, den ich vorzugsweise entspannt schaukelnd in der Hängematte genieße. Und Schatten tut gut bei 270 Sonnentagen pro Jahr.
15 Schritte „rüber“ zur Nachbarinsel Cres
Wem das knapp 8.000 Bewohner zählende (und in der Saison das Zehnfache an Touristen beherbergende), 30 Kilometer lange und maximal fünf Kilometer breite Inselchen zu eng wird, der quert auf der Drehbrücke den von den Römern aus dem Fels gemeißelten, gut zehn Meter breiten Kanal bei Osor und sieht sich auf dem karg-schönen Nachbarinsel Cres um.
Aber bitte nicht, ohne dem schmucken Mini-Städtchen Osor einen Besuch abzustatten. Buckliges Kopfsteinpflaster, kleiner Platz vor der Kathedrale (!), fünf Kirchen, Stadttore und eine Stadtmauer, die in die Antike zurückreicht. Das antike Apsorus soll im Mittelalter 30.000 Bewohner gehabt haben, fast das Vierhundertfache von heute.
Apoxyomenos: Antikes Prachtstück
Eine 300 Kilo schwere, bronzene Schönheit wird 1996 im Meer vor Lošinj gefunden. Die Sensation: Der Bronzekerl ist bis auf den kleinen Finger der linken Hand komplett erhalten. Die Statue zeigt einen sogenannten Apoxymenos. So nannten die alten Griechen einen Athleten, der sich nach dem Wettkampf die klebrige Schicht aus Olivenöl, Staub und Schweiß mittels eines römischen Streicheisens von der Haut schabt.
Fein gearbeitete Locken auf dem Kopf, präzise skulptierte Muskelpakete, wo sie hingehören, 1,92 Meter hoch und mit dezentem Gemächt. Was mit ihm danach passierte, zeigt die toll gemachte Ausstellung.
Zehn Jahre dauerten die Restaurierungsarbeiten. Im Anschluss dann zog der schmucke Jüngling nach einer kurzen Tournee durch einige große Museen der Welt in den eigens für ihn entkernten und fantastisch umgebauten prächtigen Kvarner Palast am Hafen von Mali Lošinj.
Ein gläserner Aussichts-Diamant krönt das moderne Museum in historischer Schale. Absolut sehenswert ist auch der Museumsbau selbst, nicht nur die Exponate und die Statue im luziden „Allerheiligsten“, das mit einem diffusem, fließenden Licht und komplett in Weiß gehalten an eine Kultstätte erinnert. Infos zum Museum
Čikat Bay: Rückzugsort für Genießer
Von außen erinnert der weiße Bau des 2014 komplett renovierten Fünf-Sterne-Hotels „Bellevue“ an ein Kreuzfahrtschiff, nicht zuletzt wegen der hölzernen Balkongeländer im Reling-Look. Massiv dimensioniert, reduzierte Architektur. Klar. Kantig. Hell. Fast etwas tempelhaft und ohne Verbeugung vor dem Zeitgeist. Innen wird es luftig, hell und transparent.
Zum großen, grünen Patio öffnen sich die Bar „Alto Rosso“, die Lobby und das Restaurant „Bava“ durch raumhohe (und die Räume hier sind hoch!) Glasflächen. Durchzogen wird das Ganze von einem Galeriegang. Elegante Möbelklassiker schmücken die „Bar Rosso“ und die Lobby. Von der Bar gelangt man auf die Terrasse und über die pompöse Freitreppe zum Privatstrand unter hohen Pinien. Kein Sand, kein Kies, kein Beton, sondern heller, warmer Naturstein nicht nur im und um den hoteleigenen Beachclub.
Im „Bellevue“ unbedingt ein Zimmer mit Meerblick buchen (ab 295 Euro): Das Panorama ist nicht nur zum Sonnenuntergang großartig. Was tun? Auf dem langen Küstenpfad joggen. Mit dem Rad durch die Pinienwälder zur Boka Falsa, nach einem Bad in der Goldbucht Zlatna Uvala dann auf schmalem Beton-Pfad am Meer zurück. Exzellente Sushi und Ramen im „Matsunoki“ und dessen enorme Weinauswahl genießen. Aber was wären das schicke Design und die gute Küche ohne das ausnahmslos extrem freundliche, zugewandte und sympathische Personal…
Beiderseits des „Bellevue“ stehen vier Luxus-Retreats in prunkvollen früheren Sommerhäusern deutscher und österreichischer Aristokraten, die im 19. Jahrhundert im Heilklima der Insel ihre Malaisen kurierten und Amouren pflegten. Die Villa Karolina hatte Kaiser Franz Joseph für seine „Sissi“ errichten lassen, so Hotelchef Francesco Pantalone. Die sei dort aber nie abgestiegen. Preise und mehr Infos zum Hotel Bellevue
Gucci und Rolex plus Adilette und Trainingshose
Auf die reiche Klientel warten die neue „Villa Rouge“ (ab 25.000 Euro/Tag), die „Villa Hortensia“, die „Villa Mirasol“ und das Fünf-Sterne-Plus-Hotel „Alhambra“ am Ostende der Bucht, allesamt im Besitz von Lošinj Hotels & Villas.
Am anderen Ende, nördlichen der heptagonalen Čikat-Bucht, plantschen die Gäste des riesigen Campingplatzes, die sich am Sandstrand drängeln. 100 Meter weiter, vor dem empfehlenswerten „Grill Diana“, trainieren sixpackbewehrte Wasserballspieler. Ein harter Sport, für den es viel Ausdauer, Schmerztoleranz und Kraft braucht, versichert mir Domenico, der hier regelmäßig die Jugendmannschaft trainiert und mit dem ich im Seakayak drei Stunden lang die Küste zwischen Čikat-Bucht und der Bucht Inglese Uvala auf der Insel Koludarc erkunde.
„Im Mittelalter galten die Seemänner von Losinj als die besten des Mittelmeers“, weiß er. „Vor der kleinen Kirche Annunziata am Eingang der Bucht, die 1534 geweiht wurde, warteten die Frauen auf die Rückkehr der Männer und Väter und zündeten Opferkerzen an.“ Von ihren Reisen in die ganze Welt brachten sie Exotisches wie Bananen und Datteln mit nach Lošinj.
The Big Blue: Buchten-Hopping
Klar muss man im Seakayak oder auf dem SUP-Board durch die Gegend paddeln, stundenlang im herrlichen Wasser schwimmen und schnorcheln. Aber um eine Bootstour kommt man eigentlich nicht herum. Dieses Blau! In allen Nuancen. Auch im Hochsommer noch „kühl“. So klar. Aufgepeppt durch den einen oder anderen großen Schwarm an Fischen, Seesterne – ohne Quallen, ohne Plastikmüll. Keine Frage: Das Meer ist der Star auf Lošinj, es ist es wert, mal für einen halben oder ganzen Tag ein Boot mit Skipper zu chartern.
Skipper Valentin Mazarek, ein braungebrannter, drahtiger Endfünfziger rät uns ab, rüber zur Sandinsel Sušak zu fahren, auch wenn diese bekannt sei für ihre eigenständige Sprache, die Tracht mit knielangem Rock und die autochthone Rebsorte Sušćan, auch als Sansigot genannt.
„Für die Überfahrt geht viel Zeit drauf, während der nicht viel zu sehen ist. Warum schippern wir nicht die Küste entlang einmal rundherum, machen Lunch auf der Insel Ilovik und fahren dann an der Nordküste zurück und durch die Boka Falsa zurück?“ Gesagt, getan.
Die Strände von Veli Žal (voller badender Gäste des Hotels „Aurora“) und Borik (coole, stylishe Beach Bar, sonst nur nackte Felsplatten) schenken wir uns. Schöner sind Mala Draga, Vela Draga und die sich ins Land schlängelnde Krivica-Bucht. Sie alle laden zu einer Schnorchelrunde ein.
Tierisch: Wo tümmeln sich die Tümmler?
Der „Weg der Delfine“ Put dupina verbindet diese Buchten und führt weiter über die „Konoba Balvanida“ in der gleichnamigen Bucht bis zu Mrtvaška-Bucht am äußersten Süd(ost)-Ende der Insel.
Die Chancen, einige der rund 150 in den Gewässern lebenden Großen Tümmler zu sichten, sollen gut sein. Wir bekamen sie leider nicht zu Gesicht. Außerhalb der Saison sind sind aber mitunter in den Buchten zu sehen.
„Besonders gut fürs Schnorcheln“, so Valentin, der sich als passionierter Free Diver entpuppen soll, „ist die Plieski-Bucht“. Dort werden zur Not die Schwärme angefüttert. Wir ankern und gehen ins Wasser. Das ist nicht Valentins Welt, der taucht lieber in den Gewässern vor Madagaskar, Kenia oder Sulawesi mal 30 Meter in die Tiefe, lauert dort großen Fischen auf, speert diese und taucht dann nach zwei, drei Minuten mit einem Barrakuda oder Riesenzackenbarsch wieder auf. Das Ganze ohne Sauerstoffflasche, wohlgemerkt.
„Gibt es da Tricks, ich habe schon nach 30 Sekunden das Gefühl, mir geht die Puste aus, wenn ich beim Schnorcheln mal vier, fünf Meter abtauche. Nach 40 Sekunden stehen die Zeichen auf respiratorischer Panikattacke?“ „Nein, einfach ruhig sein, sehen, dass der Puls unter 60 liegt, tief Luft holen und runter. Das ist reine Übung, aber jahrelang. Meditieren und sowas brauch ich nicht.“ Ach was, so einfach ist das?
Nach einem Lunch-Stopp im „Dalmatinka“ auf Ilovik, vis-à-vis der Friedhofs- und Klosterinsel Sveti Petar geht es weiter, vorbei am Mini-Eiland Trasorka und den schönen Buchten von Bočina und Jamna, an den Hafenstädtchen Rovenska und Veli Losinj, durch den Kanal von Privlaka in die Luka Mali Losinj und zurück zur Čikat-Bucht.
Info: Daycruiser mit Skipper für fünf Stunden kostet ab 250 Euro. Viele Anbieter auf der Insel.
Konoba Cigale: Thunfischtartar, Oktopus, Goldbrasse
Konoba heißen in Kroatien kleine Küstenrestaurants. Die „Konoba Cigale“ in der Čikat-Bucht ist ein Muss für Freunde von Fisch und Meeresfrüchten. Was hier Wolfsbarsch oder Goldbrasse unter dem immer wachsamen Blick von Chef Igor vom Grill kommt, ist perfekt zubereitet, zart und saftig. Eine kleine Offenbarung, wie auch das Tartar vom adriatischen Thunfisch. Mehr zur Konoba Cigale
Ooooooh-Effekt. Sunset auf dem Umpiljak
Die Aussicht vom Berg Umpiljak über Mali Lošinj, Koludarc und die vielen anderen Inseln und Inselchen des Archipels ist toll. Tagsüber bei Sonnenschein und zum Sonnenuntergang. Dann strömen die Romantiker zum „Fernsehen“ hoch zum Aussichtspunkt Providenca. Eine Bar sichert den Sundowner-Nachschub. Weitere Infos und Impressionen
So klein, so fein: Veli Lošinj und Rovenska
Veli Lošinj heißt „großes Lošinj“. Logischerweise ist dieser kleine, schmucke Hafenort mit seinem Miniatur-Hafenbecken zu Füßen der Kirche Sveti Antun viel kleiner als Mali Lošinj, das „kleine Lošinj“. Den Besuch am besten mit einem Besuch des „Blue World Institute“ verbinden, das sich Erforschung und Schutz der rund 150 Großen Tümmler rund um Cres und Lošinj widmet und unter anderem Delfin-Patenschaften anbietet.
Ganz vorn und ganz nah am Wasser sitzt man in der Konoba „Ribarska Koliba“. Die Qualität des Essens aber lasse häufig zu wünschen übrig. Besser esse man in Marco Sassos „Bora Bar“ in Rovenska, einem zauberhaften Mini-Hafen eine Bucht weiter, findet Skipper Valentin. Mehr zum Delfinzentrum findet ihr hier
„Alfred Keller“: Sterneküche und Eight Hands Dinner
Erst seit Mai auf Losinj, sorgt der junge Michael Gollenz für Schlagzeilen: Anfang September, wenige Tage nach unserem Besuch, bekommen der Küchenchef und das Gourmet-Restaurant „Alfred Keller“ einen Michelin-Stern verliehen. Was für ein Jahr für Gollenz: „Nach fast sechs Jahren im ‚Widder‘ in Zürich habe ich mich binnen zwei Wochen entschieden, die Stelle hier anzunehmen. Habe über Ebay alles verkauft, was ich hatte, und bin mit kleinem Gepäck auf dem Motorrad nach Lošinj gefahren.“
Zuvor versetzte Anfang August die „Mid-Summer Epicurean Extravaganza“ auf der Insel weilende wie extra anreisende Feinschmecker in Aufregung. Das hochkarätige Line-up umfasst drei Schweizer Chefs mit je zwei Michelin-Sternen. Christian Kuchler, den Besitzer und Küchenchef der „Taverne zum Schafli“, Stefan Heilemann vom „Widder Bar & Kitchen“ sowie Sebastian Zier vom „Einstein Gourmet“.
Zusammen mit Gollenz beglückten sie am 7. August 70 Gäste. „Sämtliche Plätze für dieses Eight Hands Dinner waren innerhalb von Stunden ausgebucht“, so Francesco Pantalone, der GM des benachbarten „Bellevue“. Wer Michaels Kreationen kennenlernen will, muss rechtzeitig reservieren, um ein Vier-Gänge-Menü mit Wine Pairing ab 900 Kuna (= ca. 120 Euro) zu bekommen.
Auf die Frage nach seinen Signature Dishes nennt Gollenz „Scampi-Thaisalsa-Mint, Turbot-Fregola Sarda-Parsley-Salted Lemon, Short Rib-Eggplant-Onion und Strawberry-Basil-Skutta-Ginger.“
Mehr zum Sterne-Lokal „Alfred Keller“
Uvala Žanja: Blaues Wunder und Delfine
Wer ein Boot mit Skipper hat, kann sich zur Blauen Grotte (Plava Grota) in der Bucht Uvala Žanja auf der Nachbarinsel Cres fahren lassen, unterhalb des steil über dem Meer thronenden früheren Piartennests Lubenice. Auf dem Törn zur Žanja-Bucht sind die Chancen groß, vor allem morgens und abends, Delfine zu sehen.
Ein recht schmaler Zugang zur rund 20 Meter langen Höhle liegt drei Meter tief unter Wasser und sorgt für Nervenkitzel. Entspannter und sicher schwimmt es sich durch den großen Zugang, teils über Wasser. So oder so genießt man dank Licht, das von außen einfällt, auf dem kleinen Kiesstrand in der Grotte eine tolle Stimmung. Zwei Kilometer nördlich liegt der Kieselstrand Sveti Ivan, der auch auf einem steilen 45 Minuten langen Fußweg von Lubenice herunter zu erreichen ist, so Skipper Ivo.
Beli: Geier, Eintopf, Strand
Wenn es einen Preis für Cres‘ schönstes Dorf gäbe, Beli hätte ein Abo sicher. Der kleine Ort klebt spektakulär am Fels fast 150 Meter über dem Meer. Das es in der Antike eine Fluchtburg war, macht Sinn. Caput Insula war das Örtchen an der Nordostküste der Insel für die Römer, der „Kopf der Insel“. Es liegt unweit des Fährorts Porozina.
Über dem Tramuntana-Gebirge kreisen die hier brütenden Gänsegeier, durch die Gassen des knapp 50 Seeln zählenden Dorfs schlurfen Touristen – viele machen einen Stopp im himmelblauen „Restaurant Tramontana“ von Nina und Robi, das laut trpstr.de-Fotograf „das beste Lamm-Peka der Kvarner Bucht“ macht und zudem 12 Gästezimmer vermietet. Beliebter Stützpunkt bei Bikern, Wanderern und Tauchern. Die Gastgeber organisieren für 35 Euro pro Kopf eineinhalbstündige Bootstouren, um die „auf der Welt einzigartige“ Kolonie von 80 Gänsegeier-Paaren zu beobachten. Mehr zum „Tramontana“ und zur Geierkolonie
Lust auf mehr Vergnügen im und auf dem Meer bekommen? Dann paddelt mit uns um die Insel Rab, segelt mit uns stilvoll in Griechenland oder reist in die Ferne nach Bawah Island oder ins neue Cora Cora Maldives