Viele Kreuzfahrtschiffe auf Norwegen-Tour legen in Haugesund an. Unsere Tipps für einen individuellen Landgang ohne Besuchermassen. Badekleidung nicht vergessen: Die Strände auf der Insel Karmøy zählen zu den schönsten des Landes
Die Hafenstadt Haugesund zählt 37.000 Einwohner und liegt 100 Kilometer Luftlinie südlich von Bergen. Sie wird erst seit 2013 von Kreuzfahrtschiffen angesteuert. Mittlerweile legen am Cruise- Terminal pro Jahr über 120 Schiffe an und gehen fast eine halbe Million Menschen an Land.
Die Landgänger erkunden die Stadt und die weitere Umgebung auf organisierten Ausflügen mit einer Armada von Bussen sowie auf eigene Faust zu Fuß oder mit einem „Hop on Hop off“-Bus.
Machen große Schiffe wie die AIDAnova oder MSC Euribia mit fast 7.000 Passagieren fest, wird es voll in der schmucken Stadt und an den bekannten Zielen in der weiteren Umgebung. Für die Insel Karmøy gilt dies zum Glück nicht.
Harald Schönhaars Monument
Zu den Must-Sees von Haugesund zählt das am zauberhaften Küstenweg Kyststien gelegene Denkmal für König Harald Hårfagre aka Harald Schönhaar. Zu sehen ist außer dem 17 Meter hohen Granit-Obelisken und 29 Stein-Stelen nicht viel. Aber immerhin: Das 1872 eingeweihte Haraldshaugen ist das einzige Nationaldenkmal in Norwegen.
Geht man auf dem Küstenweg Kyststien weiter, steht man nach 1,5 Kilometern vor der Badebucht Kvalsvik Badeplass (mit Grill, Tische, WC). Einige Hundert Meter weiter warten im Skulpturenpark The Rising Tide Arbeitspferde, die Köpfe in Form von Erdölpumpen tragen.
Das Werk des Künstlers Jason DeCaires Taylor spielt mit den Folgen des Klimawandels und der Frage, wer die Schuld trage. Das Ensemble wurde erstmals 2015 in der Themse installiert, eine Replik landete im Meer vor dem MIAC Museo Internacional de Arte Contemporáneo auf Lanzarote.
Für unsere Rundtour über die Insel Karmøy ist ein Mietwagen reserviert. Der steht pünktlich zur Übernahme direkt am Kai beim Garpeskjærvegen bereit. Wir wollen uns zu Beginn des Landgangtags die „karibischen Strände“ der Insel ansehen, um die Stadt selbst erst später zu erkunden, wenn der Landgänger-Tsunami etwas verebbt ist. Mit im Gepäck: Badekleidung und Handtücher. Die Strände liegen immerhin auf einer Höhe mit Stockholm und Kirkwall auf den Orkneys. Da sollte das Meer noch badewarm sein.
Nordeuropas Pyramiden? Auf Karmøy!
Der erste Stopp auf der Insel Karmøy, wenige Hundert Meter hinter der Brücke über den Karmsund, gilt den Grabhügeln von Rehaugane auf der Anhöhe Reheia im Örtchen Bø. Die sechs großen Grabhügel (Gravhauger) aus der Bronzezeit werden gern als „Pyramiden Nordeuropas“ genannt und als schönste Denkmäler der Bronzezeit in Norwegen gepriesen.
So historisch interessant sie sind, so unspektakulär kommen die sechs 2.500 bis 3.800 Jahre alten, in einer Reihe angelegten, grasbewachsenen Häuptlings-Grabhügel der Häuptlinge daher. Maximal fünf Meter hoch und knapp 30 Meter im Durchmesser hat das größte Grab. Es wird auf 3.300 Jahre geschätzt. In seiner Grabkammer fand man 1828 ein Bronzeschwert und ein Goldarmband.
Im zweiten Hügel, dem 7,50 Meter hohen Prinzengrab, legte man 1830 ein Skelett, ein Schwert, einen Dolch und Speerspitzen. Das Gebiet hier wird auch „Blutheide“ genannt. Mitte des 10. Jahrhunderts soll dort die gewaltige Schlacht zwischen Håkon dem Guten und Eirik „Blutaxt“ Blodøks, dem zweiten König Norwegens, getobt haben.
Der Name Norwegen hat übrigens auch in dieser Ecke des Landes seinen Ursprung. Die geschützte Meerenge zwischen Festland und der Insel Karmøy galt den Wikingern im Gegensatz zur Route über das offene Meer als der sichere Weg nach Norden, der „Nordvegen“.
Åkrasanden: Der Strand-Hit auf Karmøy
Nach 20 Kilometern Fahrt in Richtung Südwest erreichen wir den Hufeneisen-Strand Åkrasanden an der Westküste der Insel Karmøy. Er gehört zur Kleinstadt Åkrehamn.
Åkrasanden besteht streng genommen aus sieben kleineren Buchten, die aneinander anschließen und ein riesiges Omega bilden: Medhanugsanden, Åkrehamn, Åkrasanden und weitere namenlose Strände vis-à-vis der Felsinsel Stareholmen.
Das Wasser ist flach, ruhig, glasklar und von feinem Türkis. Auf dem sechs Kilometer langen Küstenpfad zwischen Åkrehamn und dem Fisherman’s Memorial in Ferkingstad sind viele Powerwalker unterwegs. Aber wird sind die einzigen, die sich am Åkrasanden Beach ins Wasser stürzen. Es hat angenehme 18 Grad.
Sandvesanden: Granitkulisse Seychelles style
Eine kurze Fahrt weiter liegt die Doppelbucht des Hemnessand-Strands, der an eine der mallorquinischen Calas erinnert. Von diesem Punkt an der Küste von Karmøy sind es keine vier Kilometer zur zauberhaften Bucht von Sandvesanden.
Das Meer ist dort wilder, die Brandung stark. Ein Granitrücken trennt den Sandvesanden vom kleineren Mjølhussand. Zwischen diesen beiden Strände versteckt sich ein kleiner Tobel, der sich zum Meer hin öffnet.
Bei unserem Besuch menschenleer ist diese Schönheit. Sie hat eine verblüffende Ähnlichkeit mit Stränden der Seychelleninsel La Digue oder mit The Baths auf Virgin Gorda. Nur die Wassertemperatur liegt deutlich unter karibischen Werten.
Skudeneshavn: Saunieren im Hafen
Über 120 in blendendem Weiß gestrichene Holzhäuser, vor denen prächtige Rosen blühen, die im Empire-Stil zur Blütezeit der Heringsfischerei errichtet wurden, sind noch erhalten. Eines davon, das Vaskehuset, klebt als halbe Portion direkt am Fels.
Die Holzhäuser scharen sich um den kleinen Hafen von Gamle Skudeneshavn. Alte Bootsschuppen und Lagerhäuser zeugen von der Goldenen Zeit im 19. Jahrhundert. Darunter auch die Tåkelurfabrikken am früheren Dampfschiff-Kai, in der Ole Christian Hansen das Nebelhorn erfand.
Wer rechtzeitig bucht (15 Euro pro Person für eine Stunde), kann mitten Ort auf dem Wasser saunieren: Bade Olena macht’s seit 2021 möglich. Man schwitzt in einem Leuchtturm aus Holz, mit Panoramablick auf den Ort. Und zwar nicht splitterfasernackt, sondern in Badekleidung.
Die Sauna nebst Badeplattform in Anders Brygge ist nach Olena Gitlesen benannt. Die Dame rief 1873 das erste Badehaus der Stadt am Ende der Hauptstraße Søragadå ins Leben. Es bot kalte Meerbäder und Warmbäder an.
Wer den Hafen vom Wasser aus erkunden möchte, mietet sich im Sommer von Juni bis Ende August kostenlos ein Ruderboot beim Tourismusbüro. Dort werden auch Räder vemietet (22 Euro pro Tag).
Für einen Espresso-und-Kuchen-Stopp empfiehlt sich das winzige Café „Verdens Minste Kafé“, allerdings erst dann, wenn die Besucherbusse mit Kreuzfahrern den Ort wieder verlassen haben. Eine alte Gallionsfigur und eine Hunderte Millionen Jahtr alter „Mondstein“ sind im kleinen Skudeneshavn Park zu sehen und da ist noch das kleine Museum Mælandsgården. Das war es dann mit den Must-sees des Städtchens ganz im Süden der Insel Karmøy.
Tunnel mit Kreisverkehr unterm Meer
Über die enge, kurvige östliche Küstenstraße geht es zurück nach Norden und durch den neun Kilometer langen Karmøytunnel mit unterirdischem Kreisverkehr (60 Meter unter dem Meeresboden) zurück aufs Festland.
Wer noch Zeit und ein Faible für Architektur hat, sollte einen Abstecher zum Karmøy Fishery Museum in Veavågen, ebenfalls auf Karmøy, machen. Es wurde vom weltbekannten Architekurbüro Snøhetta entworfen, das auch die Oper in Oslo und die Neue Bibliothek in Alexandria entwarf. Aktuell ist es geschlossen, Wiedereröffnung ist für 2024 geplant.
👉 Mehr Infos zu Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten in und um Haugesund auf visithaugesund.no
👉 Mehr Infos zu Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten auf der Insel Karmøy auf visitkarmoy.no/de
👉 Mehr über die AIDAnova, die mit LNG vor Norwegens Küste kreuzt, lest ihr hier
👉 Mehr über Stavanger und seine coole Street Art lest ihr hier
Interesse an weiteren Storys aus und über Skandinavien? Wie wäre es mit einer Cabrioreise durch Fjordnorwegen, einem Winterstück über Südschweden oder einer Cruise nach Island und Grönland?