5.835 Seemeilen nach Schottland, Island, Grönland und zurück. Sommerurlaub im eisbergkalten Norden mit Walen und Eisbergen
Nachdem wir unsere Freunde mit der Idee vom Badeurlaub in Finnland ziemlich ratlos zurückgelassen hatten, halten sie uns nun für komplett durchgedreht. Sommerurlaub mit Kind – auf Island, Grönland, im Nordatlantik und in der Labradorsee? Da spricht ernste Besorgnis aus dem Blick.
Unser Plan aber steht: 21 Tage im August, 10.800 Kilometer, davon einige Tage über dem Polarkreis. Die Seereise mit der „Aida Cara“ (die 2021 ihren 25. Geburtstag feierte und kurz danach verkauft wurde) über Schottland bis Grönland und zurück über Island, die Shetlands und Orkney bietet großartige Naturerlebnisse. Höhepunkte sind die Eisberge der Diskobucht mit Walbegleitung, die Fahrt durch den Prins Christian Sund sowie Whale-Watching vor Islands Küste.
Zwischen Hamburg, Schottland, Island und Grönland liegen bei Hin- und Rückreise einige Seetage. Da sind Lesen, Entspannung in der Sauna und jede Menge Sport auf dem Spinning-Bike und an den Hanteln angesagt.
Landgang Island: Seyðisfjörður und Akureyri
Der knapp 650 Einwohner zählende Ort Seyðisfjörður am Ende des langen, gleichnamigen Fjords, der von steilen, wasserreichen Flanken gesäumt ist, liegt an der Ostküste Islands. Mit etwas Glück sieht man im Fjord sogar Delfine. Unübersehbar ist die frisch renovierte Blaue Kirche (Bláa Kirkja) am Ende der von einer Handvoll Cafés und Läden gesäumten Straße Norðurgata.
Um die Ufer des schönen, gut 16 Kilometer langen „Feuerstellen-Fjords“ mit vielen kleinen Wasserfällen auf eigene Faust zu erkunden oder den Wasserfall Gufufoss anzusteuern, empfehlen sich Leih-MTBs, die man im Dorf bei Seyðisfjörður Tours bekommt.
Akureyri: Whale Watching Hotspot
Akureyri, Islands zweitgrößte Stadt, ist einen längeren Bummel wert. Die meisten Besucher gehen auch aufs Wasser, gelten doch der 60 Kilometer lange Eyjafjord und das offene Meer davor als Paradies fürs Walbeobachten mit ausgesprochen hohen Chancen, die Meeressäuger zu sehen. Weil das Wasser im Fjord überdurchschnittlich warm ist, müssen wir allerdings weit in Richtung Insel Hrísey hinausfahren, um dann eine Handvoll Buckelwale in Aktion zu erleben.
Unvergesslich, wie die bis zu zwölf Meter langen Tiere ihre Fluken vor dem gemächlichen Abtauchen in die Luft strecken oder lautstark prusten, während sie an der Bordwand des Boots vorbeigleiten. Dazu katapultieren sich die tonnenschweren Tiere mit gewaltigen Sprüngen aus dem Wasser.
„Wir bei Whale Watching Akureyri hatten in den letzten Sommern eine 100-prozentige Sichtungsquote auf allen Touren“, erzählt Guide Megan Whittaker. Wer Pech haben sollte, kann an einer weiteren Fahrt kostenlos teilnehmen. Die klassische Tour dauert etwa 3,5 Stunden und kostet inklusive Overall und Guide rund 90 Euro, für Kinder die Hälfte.
Landgang Grönland: Diskobucht
Bei der Fahrt durch die Davis Strait und die grönländische Diskobucht verbringen wir Stunden im Freien auf den Decks der „Aida Cara“. Die Natur bittet zu Eisberg-Show bei schönstem Sonnenschein und blauem Himmel.
Dann aber machen uns die Eisberge in der Diskobucht einen Strich durch die Rechnung. Gott sei Dank! Da Treibeis und Eisberge den Ort Ilulissat zum Meer hin abgeschirmt haben, muss die „Aida Cara“, die alles andere als ein Eisbrecher ist, nach Süden ausweichen und vor dem 15 Kilometer südlich gelegenen Dorf Ilimanaq vor Anker gehen.
So nah am Ilulissat-Eisfjord, dem „Kreißsaal“ der meisten Eisberge im Atlantik, ist das Wasser eiskalt und voll mit Krill, dem Lieblingsfutter der Wale. Die hungrigen Tiere geben während der eineinhalb Tage, die wir auf Reede liegen, ihr Bestes. Bis zu zehn Buckel- und Finnwale tummeln sich in der Bucht zwischen den Inseln Affarleq und Ivissuartooq und dem Dörfchen Ilimanaq. Sie legen beim sogenannten Bubble-net Feeding über Stunden eine tolle Show hin – die ich abends auch noch direkt von der Sauna aus bewundere.
Vollmondabenteuer: Kutter-Törn
Höhepunkt der Tage auf und vor Grönland ist die nächtliche Tour mit einem hölzernen Kutter mitten durch das zum Greifen nahe Treibeis und die im Mondschein leuchtenden Eisberge, die sich am Rand des Eisfjords drängen. Lokale Veranstalter wie Greenland Water Taxi bieten zweistündige Bootstouren durch die Diskobucht sowie mehrtägige Cruises an.
Qaqortoq ist die größte Stadt in Süd-Grönland. Zu sehen sind dort einige gut 200 Jahre alte Holzhäuser aus den Anfängen der dänischen Kolonialherrschaft, Kunst im Freien („Sten og Menneske“-Skulpturen) sowie der ungeschminkte, etwas triste Alltag zwischen Schule, Seehundfell-Kürschnerei und Fischmarkt – und viele Kreuzfahrer auf Landgang.
Prins Christian Sund: 100 Kilometer Sightseeing
140 Kilometer weiter südöstlich wartet der zweite Höhepunkt unserer Reise: die Fahrt durch den engen, gut 100 Kilometer langen und von bis zu 1.000 Meter hohen Felswänden gesäumten Prins Christian Sund (grönländisch: Ikerassuaq) zwischen Labrador- und Irmingersee. Kein Sturm, kaum Nebel, keine Eisberge: Wir haben freie Fahrt!
Zu sehen sind außer karg-schönen Bergflanken einige Gletscher, Eisschollen sowie – mit etwas Glück – Mink-, Finn- und Blauwale. Was für ein Glück, dass wir diese Passage noch erleben dürfen, die bei der Hinfahrt einige Tage zuvor aus Sicherheitsgründen vom Käptn der „Aida Cara“ abgesagt werden musste wegen zuviel Nebel.
Landgang Island: Golden Circle
Für den dritten Landgang wollen wir auf eigene Faust los, also noch am Vorabend mobil einen Mietwagen reserviert. Da auf Island schon Burger mit Pommes und Cola für drei Personen auf über 90 Euro kommen, sind 200 Euro Tagesmiete für den Golf fast geschenkt. Gullni hringurinn steht auf dem Programm, die populärste Rundtour durch den Südwesten Islands. Wir steigen extrem früh aus den Federn, um vor den unzähligen Bussen an den schönsten Spots des Goldenen Rings anzukommen. Es geht durch den Thingvellir National Park, in dessen Almannagjá-Schlucht die Grabenbruchzone zu sehen ist, und weiter zur weltberühmten Geysir Hot Spring Area.
Unser sehr frühes Aufstehen wird belohnt: Kurz vor neun sind keine 20 Touristen im Geysir Park unterwegs und wir haben freien Blick auf den Geysir Strokkur, der sein kochendes Wasser bis zu 30 Meter in den Himmel jagt.
Wesentlich gedrängter geht es eine Stunde später am Wasserfall Gullfoss zu, wo der Hvitá-Fluss wild gischtend über zwei Kanten mehr als 30 Meter in die Tiefe stürzt. Heerscharen von asiatischen Bustouristen tappen mit Sneakers und Ballerinas durch den Matsch den Guides hinterher zum Aussichtspunkt.
Nächste Station ist Hveragerði, bekannt als „Hot Springs Capital of the World“. Überall aus den Bergflanken über dem Ort strömt dicker Dampf. Wer genug Zeit hat, nimmt ein Bad in einem der Hot Pots oder im heißen Fluss Reykjadalur, den man nach etwa einer Stunde Fußmarsch (vier Kilometer) erreicht.
In den folgenden Tagen geht es über die schottischen Shetland Islands und Orkney zurück nach Bremerhaven. Was für ein cooler, unvergesslicher und erfrischender Sommerurlaub.
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INFO NORDMEER-CRUISE
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Hurtigruten hat 17-tägige Kreuzfahrten nach Island und Grönland bis nach Saqqaq (70° Nord) im Programm. Sie kosten mit Flug für zwei Erwachsene und zwei Kinder in der Innenkabine ab 26.512 Euro.
Wir waren mit Aida Cruises im Rahmen seiner Programmlinie Aida Selection 21 Tage ab/bisBremerhaven unterwegs. Es ging nach Schottland, Island und Grönland, zurück über Island, Shetlands und Orkney. Die Kosten betragen in der Meerblickkabine ab 8.250 Euro für zwei Erwachsene und zwei Kinder.