Blaues Meer, Sonne, einsame Strände und barocke Lässigkeit. Dazu Vino und „Cucina con Sapore“. Italiens Stiefelabsatz ist für Liebhaber mediterraner Lebensart eine Offenbarung
Kein Wölkchen trübt den Himmel. 34 Grad im Schatten. Das T-Shirt klebt am Körper. Nachmittags sammeln sich die Sonnenanbeter auf Otrantos Hafenpromenade. Ohne Dolcefarniente entkommt keiner Apuliens sengender Sonne. Es sei denn, man flieht in die dunkle Kühle hinter meterdicken Steinwänden, um das 1.592 Quadratmeter große Bodenmosaik der Kathedrale Santa Annunziata zu besichtigen.
Süßes Nichtstun
Ich spaziere lieber mit Handtuch und Badehose in Richtung Meer. Nach einem Sprung ins kühle Nass lässt sich der Sommertag gut aushalten. Signore, Signorine und Bambini sind in südländischer Leichtigkeit vereint und bester Laune. In Apulien wird gescherzt, palavert und gebadet. Im heißen Juli zerfließt der Alltag in der Sonne. Sommerlicher Ausnahmezustand. Erst mit der abendlichen Dämmerung füllt sich der historische Stadtkern von Otranto mit Flaneuren.
Archaische Landschaften und feine Strände
Salento heißt der 100 Kilometer lange und gut 40 Kilometer breite Absatz des italienischen Stiefels, umspült von der Adria und dem Ionischen Meer. Holpert man im Mietwagen durch die archaische Landschaft, fühlt man sich oft ins letzte Jahrhundert zurückversetzt.
Dazu locken Strände wie der von Pescoluse ganz im Süden, wo das Strandbad Le Maldive mit türkis schillerndem Wasser und weißem Sand Reminiszens an den Indischen Ozean erweckt. Ganz anders, aber genauso schön ist bei Gallipoli die Baia Verde mit grün bewachsenen Dünen und wilden Badebuchten.
Porto Cesareo
Auf lässige Dörfer stößt man in Apulien allerorten. Im retro-charmanten Porto Cesareo etwa umzüngelt das Meer die Palmenpromenade in beispielloser Seichtigkeit. Ein Blick über die frisch und prächtig befüllten Auslagen der Fischhandlung La Piovra macht klar, dass die weißblauen Holzboote an der Mole keinesfalls nur Zierrat sind, sondern dass zu Füßen des historischen Küstenwachturm Torre Cesareo noch richtige Fischer leben.
Negroamaro und Primitivo sind die Rebsorten, die der apulischen Sonne gewachsen sind. Wir wären nicht in Italien, würde man nicht gleich um die Ecke einen Weinberg finden.
Masseria L’Astore
Die „Masseria L’Astore“ ist ein Landsitz aus dem 18. Jahrhundert. Zur Verkostung hat Familie Benegiamo Tische im Schatten hoher Pinien eingedeckt. Es gibt vegetarische Antipasti, Caciocavallo-Käse aus Martina Franca und köstliches Weißbrot. Flaggschiff des Weinguts ist der Alberelli di Negroamaro, der abschließend kredenzt wird.
Der leicht transparente, rubinrote Wein duftet nach Tabak und Leder und entlädt im Gaumen hoch konzentrierte Aromen roter Früchte. „Ich wüsste nicht, was ich darauf noch trinken könnte“, befindet Padre Paolo Benegiamo. „Der Ertrag dieses Weinbergs ist wesentlich geringer als anderswo, dafür sind die Trauben von allererster Qualität.“
Die Weine von L’Astore profitierten vom kühlen Wind, der nachts von den Küsten her weht, der salzhaltigen Luft und der Reifung in Eichen-Barriques. Ein Besuch des hochmodernen, erdbebensicheren Weinkellers widerlegt das Klischee vom günstig produzierten apulischen Wein.
Barocco in Lecce
Lecce ist das kulturelle Zentrum des Salento und eine der prächtigsten Barockstädte Italiens. Mit großer Lässigkeit schlendert man durch die verkehrsberuhigte Via Vittorio Emanuele. Vorbei an minutiös verzierten Stadtpalästen und detailverliebten Kirchenfassaden.
Strahlt das Centro Storico im Licht der tiefen Abendsonne, sind die Straßencafés an der ausladenden Piazza Sant’Oronzo der beste Ort, um das Treiben der abendlichen Passeggiata bei einem Aperitivo zu beobachten.
Landszenen in Locorotondo
Ein fliegender Gemüsehändler hat seinen Pritschenwagen in die Gasse vor dem Rathaus von Locorotondo manövriert. Seine Kundin, eine resolute Hausfrau im geblümten Schürzenkleid, prüft die Qualität der Tomaten und Feigen. Dann wird gefeilscht.
Zwei Euro das Kilo ist der Dame zu viel. Der Händler bleibt guter Dinge. „Schauen Sie sich die Waren an, sehen die nicht herrlich aus!“, ruft er einem vorbeigehenden Paar zu, „und das alles hier aus der Region, frisch aus dem Garten!“ Mit einer Tüte Pfirsiche in der Hand entschwinden die beiden. Als ich fünf Minuten später zurückkehre, ist der Händler verschwunden.
Zeit für eine Siesta
Die Sonne zieht sich hinter silbernen Wolken zurück, das macht die Hitze erträglicher und taucht das weiße Gassenlabyrinth in ein bleiches Licht. Ein Stahlrollo rattert scheppernd ins Schloss, dann herrscht Totenstille. Nur das leise Klappern von Besteck auf Porzellan dringt kaum vernehmbar aus der Tiefe. Ich folge den Klängen und finde drei einsame Ecken weiter eine kleine Trattoria. Gastgeber Francesco Ottomano serviert mit dem Daumen gedrückte Orecchiette (Öhrchennudeln) an Tomaten, Ricotta und Basilikum. Dazu bestelle ich einen kühlen Bianco d’Alesano.
Alberobello: Dorf der Schlümpfe
Nirgendwo sonst in Apulien ist die gefühlte Trulli-Dichte so hoch wie in Alberobello. Dort fühlt man sich entführt in ein Land der Kobolde und Zwerge, in einen Ort wie aus einem Märchen. Dicht gestaffelt streuen sich die Kegeldächer über die Talflanken der Stadtviertel Rione Monti und Rione Aia Piccola.
Nach der Ernennung zum Weltkulturerbe setzte der Run auf die schlumpfige Altstadt von Alberobello ein. Zumindest im Viertel Rione Monti hat das rege Interesse Spuren hinterlassen. An der Via Monte Pertica, der Haupteinfallschneise in die Zona Trulli, gibt es kaum noch einen Trullo, der nicht in Form eines Prodotti-Tipico-Ladens, einer Weinhandlung, einer Bar oder eines Souvenirshops genutzt wäre. Besser entkommt man dem touristischen Gedränge an der gegenüberliegenden Talseite. Dort geht es beschaulicher zu, dort wohnen noch Menschen im Trulli.
Monopoli: Apulien unverfälscht
Nur einen Katzensprung entfernt, im Küstenstädtchen Monopoli, kommt Apulien ganz unverfälscht daher. Die Strände dort sind, abgesehen vom Stadtstrand des Nachbarorts Polignano a Mare, weniger spektakulär, aber badetauglich und vom Tourismus noch kaum berührt.
Monopolis Hafenbecken zählt zu einem der schönsten Italiens. Vor den mittelalterlichen Patrizierhäusern sind kobaltblaue Fischerboote im grün schimmernden Wasser festgezurrt. Bereits vor vielen Jahrhunderten florierte der Handel mit Olivenöl, Mandeln und Wein so gut, dass es sich die Bewohner von Monopoli im 16. Jahrhundert sogar leisten konnten, sich von der venezianischen Seeherrschaft freizukaufen.
Durch einen steinernen Bogen gelangt man auf die Piazza Giuseppe Garibaldi, wo unter blühenden Oleanderbäumen und Hibisken gemütliche Cafés und Bistros zu finden sind. Ein Platz, an dem auch die Einheimischen immer Zeit für einen Plausch finden.
Dunkle Gassen sind out
„Früher war alles anders hier,“ berichtet Rosita Manerba, „da waren die Gassen dunkel und die Häuser größtenteils unbewohnt. Es gab kaum Geschäfte und als Frau traute man sich keinesfalls, durch das finstere Labyrinth zu spazieren. Schauen Sie sich an, wie es heute hier aussieht,“ lacht die junge Frau.
Der mittelalterliche Borgo ist heute ein charmantes, architektonisches Kleinod. Und es sieht aus, als hätte – wie im Spiel Monopoly – der Verkauf von Häusern und Wohnungen in guten Lagen bereits angefangen. Mit dem einzigen Unterschied, dass es hier keine teure Schlossallee zu erwerben gibt, sondern nur eine immer noch günstige Largo Castello, deren Häuser das Rauschen des Meeres widerhallen lassen.
Lust auf mehr individuellen Strandurlaub ? Vielleicht an den weitläufigen Stränden der Aquitaine ? Oder auf einem Segeltörn in Griechenland ?
Apulien
INFO APULIEN
Anreise
Flüge ab München nach Bari mit Air Dolomiti oder ab Frankfurt mit Lufthansa
Reiseveranstalter
Angebote für schöne Unterkünfte in Apulien z.B. mit Siglinde Fischer Reisen oder Escapio. Interessante Apulien Arrangements gibt es bei Olimar und Dertour
Mietwagen
Der Vermittler Autoeurope vergleicht lokale Mietwagenanbieter und sucht den jeweils günstigsten Tarif.
Informationen
Nützliche Informationen und Reisetipps bieten Italien Info oder das offizielle italienische Fremdenverkehrsamt Enit.
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