Neuer Name, neues Spa-Gebäude, neues (ganzheitliches) Konzept: Im traditionsreichen „Hubertus“, nun mit dem Zusatz „Mountain Refugio Allgäu“, bleibt alles anders …
Karl Traubel wirkt tiefenentspannt. Nicht unbedingt selbstverständlich angesichts langwieriger Lockdowns und einer Lawine, die 2019 einen Teil seines „Hubertus” zerstörte (wobei wie durch ein Wunder niemand verletzt wurde). Ja, und dann ist vor einiger Zeit auch noch Bruder Walter aus der Hotel-Geschäftsführung ausgestiegen. Bedeutet: mehr Arbeit für den in den 1950ern geborenen Karl und dessen Sohn Marc und für deren Ehefrauen.
Doch von wegen Resignation oder Vorruhestandsgedanken: In den letzten drei Jahren wurde eifrig und mutig um- und neugebaut, umkonzeptioniert und umfirmiert, tapfer durch die Krise gesteuert. Der Dank: Der Laden läuft. Treue Gäste kommen wieder, neue hinzu. Eine Handvoll nimmt gerade an der Hotelführung teil, die der Senior einmal die Woche anbietet. Ein echter Tipp, weil: launig, interessant und voller Einblicke hinter die Kulissen des „Hubertus”.
Schließlich geht es von der Weinstube des „Hubertus” über das „Haus-Kino”, die mit tiefen Sesseln und Fellhockern bestückte und mit viel Grün dekorierte Lobby auch in die Großküche, die Technikkatakomben unter dem Spa, die Heizräume sowie die mitunter jahrzehntealten (aber keineswegs heruntergekommenen) Ess-Stuben.
Ein passender Ort, um von den Anfängen des Hotels in der Nachkriegszeit zu erzählen und auf ein längst per Korken verschlossenes Loch in der Decke hinzuweisen. „Unvergessen, wie hier einmal eine Maus in die Grießnockerlsuppe eines Gastes fiel!”
Balderschwangs USPs
Lang ist’s her und seitdem hat das Haus viele Wandlungen erlebt. Immer wieder kamen dank Bustourismus- und später Wellnessboom neue Trakte hinzu. Einblicke gibt Traubel aber nicht nur in die Hotel- und Familien-, sondern auch in die Dorfgeschichte. Denn Balderschwang und das „Hubertus“ sind untrennbar miteinander verbunden.
Traubel drückt das so aus: „Es gibt hier gleich fünf Besonderheiten. Erstens das nur über Vorarlberg und den erst 1961 erbauten Riedbergpass zu erreichende Balderschwang ist Deutschlands höchstes Dorf. Zweitens ist es mit 330 Einwohnern Bayerns kleinste eigenständige Gemeinde.”
Drittens ist das abgelegenste der Allgäuer Hörnerdörfer der niederschlagsreichste Ort Deutschlands. Der Grund: Vom Bodensee kommende Wolken regnen sich im von Dutzenden Bergen wie dem 1.787 Meter hohen Riedberger Horn umringten Tal der Bolgenach ab. Die Folge: traumhafte Wintersportbedingungen, insbesondere für Langläufer. Zum Glück kommen aber auch überdurchschnittlich viele Sonnentage zusammen, über 300 im Jahr. „Ideal für Wander- oder Biketouren in den angrenzenden Naturpark Nagelfluhkette, wo – viertens – der seltene Apollofalter anzutreffen ist.“
„Hubertus”: Holistic life, wohin man blickt
Als fünfte Besonderheit zählt Traubel noch das dem Hotel gegenüberliegende moderne Medienhaus von Radio Horeb auf, ein landesweiter Sender mit christlichem Programm. Gibt es schließlich auch nicht so viele …
Bescheiden, wie Traubel ist, nennt er Balderschwangs sechste USP nicht. Deshalb tun wir’s. Das, respektive „sein“ „Hubertus Mountain Refugio Allgäu“ am Ortseingang unterscheidet sich eindeutig von anderen Vier-Sterne-Häusern. Was vor allem an dem holistischen, sprich ganzheitlichen Konzept liegt.
Unter Federführung von Karl Traubels Ehefrau Christa wurde das Haus bereits 2017 auf Holistic Life ausgerichtet (und seitdem weiter intensiviert), um, wie es heißt, „Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen und neue Lebensenergie zu wecken“.
Was das konkret bedeutet? Von Anwendungen, Bewegungs-, Entspannungs- und Coaching-Einheiten bis hin zur Ernährung wird stark auf gesundheitliche, pardon Wohlfühlaspekte geachtet. Das schließt auch die Wasserkaraffe mit Zirbenkugel und die mit Achtsamkeitsbüchern bestückte Bibliothek des „Hubertus” mit ein. Ferner orientiert sich das Programm an den Jahreszeiten und somit auch am menschlichen Biorhythmus.
Landhausstil oder Kuscheldesign?
Klingt esoterisch, ist es aber nicht. Aufdringliche Verhaltensregelwerke muss keiner fürchten, zu lesen sind hingegen Erklärungen zur ayuredischen Ernährung, die weit über warmes Frühstück hinausreichen. Statt erhobene Zeigefinger gibt es im „Hubertus” überall Angebote zum Vertiefen – eine Reihe von Gästen kommt gezielt aus gesundheitlichen Gründen hierher –, aber auch zum Reinschnuppern. Und selbst wer mit Räuchern, Klangschalen und veganen Kompotts gar nichts anzufangen weiß, erfreut sich an der zeitgemäßen, liebevollen Ästhetik (gilt auch für die App und das hauseigene Magazin) und dem allerorts spürbaren Hotelmotto „Lust auf Leben!”.
Lust auf Rückzug? 66 individuelle Zimmer verteilen sich in den verschachtelten, allesamt über Treppen und Aufzüge miteinander verbundenen und nie höher als drei Etagen ausfallenden Trakten.
Manche der Einzel- und Doppelzimmer, Suiten und „Unikate“ sind im geradlinigen Landhausstil gehalten, manche im modernen Alpinstil, andere im sogenannten Kuscheldesign. Klar, dass auch die Größen variieren, manche haben Balkon, andere teilweise sogar Zugang zum kleinen Naturbadesee. Einige Suiten verfügen zudem über freistehende Badewannen, Hanging Eggs oder ein zweites Schlafzimmer für Familie und Freunde.
Geht runter wie Sesam-Öl!
Viel Glas, viel Holz, viel Platz: Das im Sommer 2021 eröffnete Spa-Gebäude, „Mountain Spring Spa“ genannt, ist der größte, auf den ersten Blick fast etwas wuchtig wirkende Hingucker des gesamten Ensembles.
Groß sind auch die inneren Werte: Entspannungssuchende ziehen ihre Bahnen im XL-Infinitypool im ersten Stock, immer das XXL-Bergpanorama vor Augen. Ferner warten herrliche Ruheräume, etliche Saunen, ein Dampfbad und eine Mischung aus Fernost und Allgäu im alpinen Zen-Garten samt japanischem Onsen-Becken.
Für holistisches Ambiente sorgen aber nicht nur warmes Wasser aus der Leitung und das stete Angebot von Tees, die Namen tragen wie „Frosch im Hals“ oder „Herzensangelegenheiten“. Vielmehr sind es die vielen Yoga- und Meditationsräume und das riesige Programm, das von allerlei Yoga-Arten über Achtsamkeitsgänge bis zur Herstellung natürlichen Deos reicht. Gut zu wissen: Vieles ist gratis, die Massagen aber nicht. Allerdings enthält die Hotelübernachtung einen stattlichen Gutschein. Also gleichmal ausprobieren!
Zwei Aktionen, zwei Erkenntnisse: 1. Bei einer Abhyanga-Massage flutscht es richtig! Kein Wunder bei einem halben Liter Sesamöl, der unter Anwendung der irrsten Griffe auf den gesamten Körper aufgetragen wird. 2. Klangschalenmeditation ist eine feine Sache, allerdings nicht kurz nach dem Aufstehen und wenn man am Abend zuvor allzu sehr den wunderbaren Empfehlungen von Sommelier Vasilis gefolgt ist. Für den Start in den Tag wäre in diesem Fall wohl die Yoga-Plattform am See oder ein paar Radrunden in der modernen Fitnesslounge besser gewesen.
Sorge, das Frühstück zu verpassen, muss übrigens keiner haben. Auch Langschläfer kommen auf ihre Kosten. Außerdem wird ab 13 Uhr ja schon wieder ein kleines Allgäuer Mittagsbüfett aufgebaut. Davon dürfen wir im Übrigen auch am Anreise- sowie am Abreisetag schnabulieren – selbst wenn die Zimmer noch nicht oder nicht mehr bewohnt werden. Fühlt sich wie ein Geschenk an. An Geschenke denkt man bei den Speisen, für die Chefkoch Kristian Knölke verantwortlich zeichnet, ohnehin generell. Die kreativen Menüs munden hervorragend.
Slow Food, bio, Ayurveda
Unnötig zu erwähnen, dass auch die Esskultur „holistic“ ist. Nach dem Motto „Kultur für den Gaumen“ trifft hohe Küchenkunst auf tiefe Wurzeln. Ganz im Sinne der italienischen Slow Food-Bewegung bedeutet das vor allem frische Produkte aus der Region, abwechslungsreiche und gesunde Speisen.
Unterstützt wird Knölke von Ayurveda-Experte Gabriel Simon-Pinero. Zusammen kreieren sie spezielle Gerichte, die das sanfte Entgiften des Körpers unterstützen sollen. Im Fokus stehen vor allem bestimmte saisonale Heilkräuter und Gewürze, die den Stoffwechsel erhöhen und die Sebstheilungskräfte aktivieren.
Das „Hubertus“ ist ideal für …
… alle, die Ruhe suchen – und Möglichkeiten, auf vielfältige Weise etwas für sich selbst zu tun. Im „Hubertus“ geht das (auch für Familien, auch für Hundebesitzer!) meisterlich. Der Slogan „Rein kommen zum Runterkommen“ wird hier konsequent umgesetzt, von der Küche bis zum Spa. Plus: Überall laden Schaukeln, Liegen, Sessel, Chaiselongues und Therapiezimmer und Ruheräume ein. Ja, und dann gibt es ja noch den großartigen „Außenbereich“: Allein im Naturpark Nagelfluhkette warten Dutzende Touren …
Lust auf weitere Hotel-Ideen? Wir haben da ein paar Vorschläge, zum Beispiel die ebenfalls im Allgäu gelegene Schlossanger Alp, das Aeon auf dem Südtiroler Ritten oder das Sepp im Salzburger Land …
Fotos © HUBERTUS MOUNTAIN REFUGIO ALLGÄU, U.A. GÜNTER STANDL, STEFAN SCHÜTZ
„Hubertus Mountain Refugio Allgäu“
INFO
Die Preise beginnen bei 580 Euro pro Person im Doppelzimmer für drei Nächte inklusive Vollpension, einer Spa-Behandlung und weiteren Inklusivleistungen. Der Mindestaufenthalt beträgt drei Nächte; die Spa-Behandlung im Wert von 120 Euro kann frei gewählt werden,
hotel-hubertus.de