Die Tour de Tuli lockt Mountainbiker ins nahezu unbekannte Naturreservat zwischen Botswana, Simbabwe und Südafrika. Mit etwas Glück sieht man vom Sattel aus wilde Tiere
Die erste Begegnung mit der Magie der unendlichen Weite der afrikanischen Savanne habe ich auf einem exponierten Sandsteinkamm. An seiner Westspitze ein uralter Affenbrotbaum. Unter dessen Ästen, die wie Arme in den Himmel ragen, betrachte ich eine Szenerie voller Anmut. Schier endlos zerfließt die epische Graslandschaft des Tuli Block in weiten Wellen und goldenen Tönen. Nur ein paar hingetupfte Bäume, Dornsträucher und ein unwirklicher Sonnenstrahl unterbrechen die archaische Weite. Ein Moment der Seele Afrikas zu begegnen.
Durch das Land der Riesen
Mashatu, das wegen seiner hohen Elefantenpopulation und den markanten Baobab-Bäumen „Land der Riesen“ genannt wird, ist ein wilder Landstrich. Durch ihn führen die ersten beiden Etappen des Mountainbikerennens Tour de Tuli, bei dem ich dabei sein darf.
Einen Tag zuvor erhebt sich orange glühend die Sonne über dem Limpopo Valley Airport. Auf dem Rollfeld steht eine alte DC 3, perfekte Kulisse für unser Camp. In den Zeltgassen werden Schlafsäcke verpackt, Camelbags und Wasserflaschen gefüllt, Taschen verschnürt und zum Sammelplatz gebracht.
Es ist der Moment der Entscheidung, wie viel Tagesgepäck man sich zumuten möchte. Jedes weitere Gramm auf dem Rücken neben der vom Veranstalter vorgeschriebenen Drei-Liter-Wasserblase bremst den Fahrspaß.
Biken auf dem Elefantentrail
Nach einer Tasse Kaffee schwingen wir uns auf die Bikes. Im Fünf-Minuten-Takt starten die 19 Fahrerteams in die stille Weite des Tuli Block. Das 760 Quadratkilometer große Wildreservat in Ost-Botswana ist eine Spielwiese für Mountainbiker. Schon die ersten Meter sind ein Traum.
Über einen flachen, von Elefanten ausgetretenen Single Trail gleiten wir mühelos in kühler Morgenluft durch die Wildnis. Die Stollenreifen wirbeln glitzernde Staubfahnen in die klare Luft. Radfahren ist sportliche Aktion und Meditation zugleich. Die Beine beschleunigen, der Kopf entschleunigt. Die minimalistische Monotonie der Savanne trägt ihren Teil bei. Mir wird klar, dass es einen immensen Unterschied macht, auf dem Rad statt im Geländewagen die Wildnis zu erkunden. Als Mountainbiker sieht man in Botswana zwar weniger Tiere. Aber dafür wird man Teil des Kosmos, unterwegs aus eigener Kraft und ohne die Blech-Schutzhülle.
Schlafender Leopard im Baum
Tags zuvor hatten wir beim Safari Drive durch das Mashatu Game Reserve sage und schreibe 14 Tiersichtungen in gerade mal zwei Fahrstunden: Giraffen, Zebras, Elefanten, eine Gepardin mit ihren drei Jungen.
Der teilnahmslose Blick, den mir ein Leopard halb schlafend aus der Höhe des Jackalberry Tree zuwarf, während wir darunter mit Savanna Premium Cider anstießen, bleibt unvergessen.
Biltong als Wegzehrung
18 unterschiedliche Arten des Dornenbuschs Acacia wachsen in Botswana. Die spitzen Stacheln können bis zu fünf Zentimeter lang sein. Die schlimmsten aller blutigen Stürze enden in diesen Dornenmonstern. Überhaupt trägt fast alles, was in dieser Trockenheit nochwächst, Dornen. Wie ein gottgegebener Schutzmantel, der sagt: „Mich frisst Du nicht!“
Wo ein uralter Fluss einen tiefen Graben in die schattierte Felswand gefressen hat, stärken wir uns an Janet’s Tea Stop mit Biltong. Das mit Koriander, Salz, Pfeffer und Essig gewürzte Rindertrockenfleisch schmeckt klasse. Dazu passen die warmen Pellkartoffeln.
Mit Rückenwind durchs Bushveld
Der Trail windet sich über ein felsiges Sandsteinplateau. Die Mutigen in meinem Team aus Deutschen und Österreichern lassen die Gelegenheit nicht aus, einen steilen Felsgrat abzufahren. Die Passage ist kein Muss, man darf auch ohne Gesichtsverlust das Rad schieben. Die technisch anspruchsvolle Fahrt durch den folgenden Irrgarten aus verwitterten Felsplatten macht Spaß und kräftiger Rückenwind hilft uns über das Mopane Bushveld.
Completely underhopped
Dann wird der Trail sandig und die Tritte werden schwerer. Nur mühsam kommen wir voran. Die Anstrengung fordert ihren Tribut. Peer liegt am Boden und lässt die Wade behandeln. Zum Glück hat Doc Andi – im wirklichen Leben Chefarzt einer Klinik in Bayern – ein krampflösendes Magnesium-Gurkensaft-Essig-Gemisch im Rucksack.
Spätnachmittags erreichen wir nach 66 Kilometern das zwischen Felsen errichtete Amphitheatre Bush Camp mit grandioser Optik. Der erste Gang führt an die Bar, wo wir mit einem eiskalten India Pale Ale die Kehlen entstauben.
Massage im Savannah-Spa
Selten tat eine Dusche besser! Wie neugeboren liege ich kurz darauf unter den Ästen eines gewaltigen Mashatu- Baums. Therapeutin Jennifer will wissen, was sie für mich tun könne. „Die Oberschenkel sind verhärtet, die Wade zwickt, Schulter und Nacken sind verspannt!“ Da wir nur 20 Minuten Zeit haben, entscheide ich mich dafür, jede Problemzone fünf Minuten lang massieren zu lassen. Den Blick in die Baumkrone gerichtet spüre ich Jennifers wohltuende Griffe, die meine Muskeln langsam besänftigen.
Austoben und Gutes tun
Die Tour de Tuli ist kein echtes Radrennen. Schneller oder besser zu sein – darum geht es nicht, auch wenn einige Teams die Etappen durchaus sportlich anpacken. Es geht mehr um genussvolles Mountainbiken für einen guten Zweck. Die 270 Teilnehmer erhalten das Privileg, sich in entlegenen Gebieten vier Tage lang austoben zu dürfen und jeden Abend in ein nicht luxuriöses, aber komfortables Zeltcamp mit erstklassiger Küche einchecken zu können. Dazu kommt die Unterstützung für „Children in the Wilderness“.
Dieses ambitionierte Programm hat sich zum Ziel gesetzt, Kindern, die im Tuli Block aufwachsen, neue Möglichkeiten und Perspektiven aufzuzeigen, und unterstützt damit den Aufbau einer neuen Generation von umweltbewusst und nachhaltig denkenden Persönlichkeiten.
Elefanten Alarm
Höhepunkt der zweiten Botswana-Etappe ist die Begegnung mit einer Elefantenfamilie. Kurz nach der Fahrt durch das kleine Dorf Lentswe-le-Moriti versetzt uns ein Funkruf in Aufregung. Elefanten voraus, zum Greifen nah! Team 17 voraus mahnt zur Vorsicht. Nervös scharen wir uns um die beiden Guides und starren angestrengt in die Richtung, in der sich die Dickhäuter tummeln sollen. Aber noch ist kein Rüssel zu sehen.
Haut und Trikot sind von einer schmierigen Schicht aus Schweiß, Sonnencreme und Savannenfeinstaub überzogen. „Ungünstig nur, dass der Wind von hinten weht“, flüstert Guide Bruce . Die Tiere würden eine direkte Annäherung sehr bald wahrnehmen. Wir beschließen, die Herde in großem Bogen zu umfahren, um uns gegen den Wind anzupirschen.
Verräterischer “Biker-Duft”
Dann stehen die majestätischen Tiere vor uns, am gegenüberliegenden Ufer eines vertrockneten Flusslaufs. Wir beobachten sie aus sicherer Distanz. Es sind an die zwölf Tiere, einige von ihnen höchstens ein paar Wochen alt. Ich spüre einen Luftzug im Nacken und kann fast fühlen, wie er unseren Geruch mit sich trägt.
Tatsächlich steht die Herde plötzlich mucksmäuschenstill und eine hochgewachsene Elefantendame streckt ihren Rüssel in die Höhe. Ohne zu zögern stampft sie ein paar Schritte in unsere Richtung, breitet ihre riesigen Ohren aus und schüttelt energisch den Kopf. Klar, wir sind hier unerwünscht. Die Guides winken schweigend zum Rückzug.
Ein letzter knackiger Anstieg, dann ist es vollbracht! Auf einem Felsplateau erreichen wir Mapungubwe an der Grenze zwischen Simbabwe und Südafrika. Glückliche Gesichter. Der Sonnenuntergang von den Aussichtsterrassen des Mapungubwe Hill mit Blick über das Tal des Limpopo ist hinreißend. Die Küche übertrifft sich an diesem Abend wieder selbst: Rindsfilet-Tranchen, Tigergarnelen an mit Vanille aromatisiertem Kürbis und Zuckerschoten. Das regt den Appetit an … und schmeckt exzellent. Danach wird gefeiert bis tief in die Nacht. Die Worte zum Abschied klingen wie ein Mantra: „See you next year!“
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Botswana
INFO BOTSWANA
Anreise
Direktflug mit South African Airways oder mit Lufthansa ab Frankfurt/München ab 590 Euro
Veranstalter
Die Nedbank Tour de Tuli ist buchbar bei Wilderness Safaris ab einer Mindestspende von 1330 Euro. Gestartet wird am Limpopo Valley Airport. Der diesjährige Mountainbike Event ist von 20. Juli – 25. Juli 2021 geplant. Anmeldung
Übernachten
Ein exklusives Luxusrefugium ist das Saxon Hotel mit stilvollen Suiten und Spa in Johannesburg ab 550 Euro
Beste Reisezeit
Die beste Safari Reisezeit für Botswana ist während der Trockenzeit von Mai bis Oktober.
Info
Aktuelle Reisebestimmungen und zahlreiche Reisetipps bieten die Fremdenverkehrsämter von Südafrika und Botswana
Covid 19
Covid 19 hat weiterhin Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und bei Einreisen weltweit zur Folge. Achtet bitte deshalb unbedingt auf die aktuellen Reiseinformationen des Auswärtigen Amts unter auswaertiges-amt.de