Das „Avidea“ thront hoch über dem Tal der Etsch. Die fancy Website des Fünf-Sterne-Hotels verspricht Genussmenschen reduzierten Schick, Adults-only und Luxury All Inclusive. Wir wollten wissen, wie sich das in der Summe anfühlt und checkten in einer der 15 neuen Natur-Suiten ein. Lest unseren Review
Das erste, was beim Welcome-Drink auf der Panorama-Terrasse auffällt, ist das vielstimmige, lautstarke Vogelkonzert aus dem Wald, der keine 20 Meter entfernt beginnt. Und das Gurgeln des Wassers im Waal direkt unterhalb der Terrasse. Zeit für etwas Fern-Sehen. Mit Frühlingsgefühlen: Apfelblüten sprenkeln die Hänge in Weiß und Zartrosa. Dazwischen ragen einzelne Zypressen ins Himmelblau. Palmen wiegen sich im Frühsommerwind.
Schnell fühlt man sich angekommen, auch wenn man hart an der Altersgrenze der Ideal-Zielgruppe kratzt. Die definiert der sympathische Juniorchef Martin Pircher-Bacher bei unserem Plausch über einem Espresso so: „Zwischen 30 und 55 vor allem…“. Die soziotopografische Definition der Wunschgäste erfolgt schon durch die Preise: Die Zimmer und Suiten starten bei 280 bis 450 Euro pro Person. Der Gästefuhrpark vor dem Avidea bestätigt dies. Sehr viel Hubraum, sehr breite Reifen.
Diese – absolut nachvollziehbaren – Zimmerpreise gehören für Schweizer noch in die Kategorie Schnäppchen. So sitzt eine muntere Gruppe von Senioren weit jenseits der Kernzielgruppen-Parameter in Bademänteln beim Lunch. Was natürlich geduldet wird, aber für mich nicht nachvollziehbar ist. Worin liegt der Reiz, zum Essen coram publico Bademantel zu tragen. In einem Hotel, dessen Interieur so fein, geschmackvoll und stilvoll gestaltet wurde?
Wie ist die Lage des Avidea?
Das Avidea besetzt auf 550 Metern eine fantastische Pole Position. Quasi am Schnittpunkt vieler Vinschgauer DNA-Stränge. Neben dem Hotel beginnt der Wald. Im Rücken hat es den Ortler, mit 3.905 Metern höchster Berg Südtirols. An der Stirnseite reicht der Blick über Zigtausende Apfelbäume ins Tal der Etsch und Richtung Meran. Begrenzt wird die Kulisse von den Sarntaler Alpen. Die Füße hat das Avidea fast im Algunder Waal, der über fünf Kilometer von Oberplars nach Gratsch dahinplätschert. Geht man ihn, wie Heerscharen von Touristen, ein paar Minuten, erscheint das Schloss Tirol im Blickfeld.
Drei Etagen weiter oben gurgelt es nach dem Waalspaziergang mit Rückweg über den schmissigen Ochenstodweg und Schloss Thurnstein wieder. Der Sky Pool auf dem Rooftop lädt – längenbedingt – weniger zum ambitionierten Kraulen als eher zum Gipfel-Sightswimming ein.
Während die harten Rückenmuskeln weichgeblubbert werden, blinzeln wir in die Sonne. Die Gipfel von Ifinger und Hirzer tragen Mitte April noch ein wenig Schnee. Unten im Etschtal blühen Millionen Apfelbäume – um genau zu sein sind es 60 Millionen. Akzente setzen die eine oder andere Palme und einige knorrige Olivenbäume. Was für eine Kulisse, da kann man die Schwimmbrille getrost ablegen.
Noch etwas anderes genießen wir: Kein Kindergeschrei und -geplärre trübt die kontemplative Stimmung. Die Besitzerfamilie, Melanie und Martin Pircher-Bacher sowie die omnipräsente Evi und ihr Mann Georg Bacher, haben sich nach dem Aus- und Umbau dafür entschieden, das Haus als Adults-only zu führen.
Check: Wie sind die Zimmer des Avidea?
Unsere 63 Quadratmeter große Aqua Spa Suite begeistert mit raumhohen Fenstern einem Balkon mit Talsicht und einem kleinen Balkon mit Blick auf Mitterplars. Naturholzfurnier-Boden. Naturfarben. Viel Platz. Möbel aus heller Eiche. Ein gigantisch großer Schrank, der auch einer Großfamilie Genüge täte. Das opulent dimensionierte Badezimmer ist eher ein Wellnessbereich: Rainforest-Dusche, freistehende Wanne und Infrarotkabine. Neben den 15 neuen Natursuiten gibt es noch 14 komplett renovierte Zimmer, macht maximal 58 Gäste im Haus.
Welche Wohltaten warten auf die Gäste?
Der ausgesprochen schön gestaltete Spa-Bereich lockt mit anspruchsvollen Treatments sowie einem In-und Outdoor-Pool. Am anderen Ende liegt der Saunabereich mit Bio-Sauna, Finnischer Sauna und Dampfbad und lädt dazu ein, die Bademäntel abzulegen. Ausgeruht wird auf Wasserbetten oder in per Vorhang verschließbaren „Kojen“. Bei den Treatments kommen Produkte von Team Dr. Joseph zum Einsatz, made in Italy komplett vegan und tierversuchsfrei. Das gilt auch für das Rosmarin-Wildminze-Shampoo und den Wacholder-Lavendel-Bodywash auf den Zimmern.
Wie schmeckt das Luxury All Inclusive im Avidea?
„Das Avidea war das erste Haus im Raum Meran und das zweite in Südtirol, das all-inclusive eingeführt hat. Jetzt machen es schon einige andere Hotels auch“, so Martin Pircher. Bei All-Inclusive zuckt der eine oder andere erstmal zusammen, denkt an das, was in der Türkei oder der DomRep in Drei-Sterne-Hotels nach dem Motto „Hauptsache viel, Hauptsache billig“ serviert und ausgeschenkt wird.
Keine Angst. Das ist im Avidea überhaupt nicht der Fall. Die inkludierten Weine, Gerichte, Drinks und Cocktails sind sehr gut. Viele Gäste nutzen, so Pircher, die Gelegenheit, noch einen draufsetzen und ordern Weine oder A-la-Carte-Gänge wie Black Angus Filet (42 Euro) oder Hummer-Tortelli (28 Euro).
Wir begnügten uns mit den drei Fünf-Gänge-Menü-Optionen Regional, Modern und Vegetarisch. Lachsforelle mit Fenchel, Rindsspitzrose mit Serviettenknödel oder Kalbshaxe Sous vide ließen nichts zu wünschen übrig. Die Desserts wie Orangensorbet oder Trio aus Rote Beete, Ricotta und Himbeere waren exzellent.
Die Luxury-All-Inclusive-Verpflegung umfasst außerdem ein qualitätsvolles Frühstücksbuffet mit regionalen Produkten, Salatbar und kalte Vorspeisen zwischen 13.30 und 16 Uhr. Mineralwasser, Säfte und Schorlen, Bier, Cocktails, eine Auswahl guter Weine sowie Aperitifs und der Hausaperitif aus Prosecco mit Limette, Ginger Ale und Minze sind den ganzen Tag über inklusive.
Chefkoch Sven Oliver Burkolter ist gebürtiger Schweizer. Er und sein vierköpfiges Team legen Wert auf regionale Produkte. Burkolter hat natürlich auch Südtiroler Klassiker auf der Speisekarte: Schlutzkrapfen, Knödel und Rindsschulternahtl. Die Lachsforelle kommen aus dem Passeiertal, das Fleisch von der hauseigenen Metzgerei Siebenförcher Meran. Äpfel, Erdbeeren und Marillen kommen aus dem Vinschgau.
Tops & Flop(s) des Hotels Avidea auf einen Blick
- 👏 Retreat mit intimen Dimensionen
- 🔝 Maximal 58 Gäste
- 👏 Ruhig, da keine Kinder unter 15
- 🔝 Sehr gute All-Inclusive-Menüs
- 👏 Anspruchsvolle All-Inclusive-Getränkeauswahl
- 🔝 Geschmackvoller Saunabereich mit textilfreier EventSauna
- 🔝 Sky Pool mit klasse Bergblick
- 🔝 Gutes Spa mit Infinity-Pool
- 👏 Tolle Lage an Waalweg und Waldrand
- 🔝 Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
- 😞 Geruchsbelästigung durchs Rauchen auf Balkonen und auf der Terrasse während des Lunch (ja, ist nicht leicht zu lösen)
- 😲 Bei unserem Besuch gab es zwar keine Kinder, aber viele, teils große Hunde (Mastiff)
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Weitere Infos und Preise auf der Website des Hotels Avidea auf hotel-avidea.com