Japans Insel Hokkaido ist ein Paradies für Pulverschnee-Fans. Klasse Reviere warten nur eine halbe Stunde Fahrtzeit von der Millionenstadt Sapporo. Wir haben’s stauben lassen
Die letzte Abfahrt des Tages. Über den bewaldeten, tief verschneiten Hängen färben sich die Wolken zart golden. Die Skistation Teine liegt einige hundert Höhenmeter und einen perfekt geneigten Tiefschneehang unter uns. Der Profiskifahrer Takeshi Kodama und ich rücken die Skibrillen zurecht und die ziehen den Rucksack fest. Vom Himmel tanzen Flocken, als wir, bis zu den Hüften von stäubendem Pulverschnee umhüllt, ins Tal federn.
Schon eine Stunde später biegen wir in unseren dicken Skiklamotten in die berühmte Sapporo Ramen Alley und schlürfen kurz danach bei Chef Kato Shoji eine dampfende Misoramensuppe.
Skigebiet Teine. Meterhoher Powder
Welche andere Millionenstadt liegt wie Sapporo eigentlich nur 30 Kilometer von mehreren Skigebieten entfernt? Aber nicht irgendwelchen Skigebieten. Am Mount Teine, wo 1972 die Skiwettbewerbe der Olympischen Winterspiele ausgerichtet wurden, finden Skifahrer und Snowboarder heute alles, vom einfachen Anfängerhügel bis zu steilen Powderabfahrten.
Der Berg ist zwar nur 1.023 Meter hoch und liegt in Sichtweite von Stadt und Japanischem Meer, aber gerade die Nähe zur Küste und den relativ nahe liegenden Steppen Sibiriens, aus denen das Wetter hier meistens kommt, macht den Berg zum perfekten Niederschlagspunkt für große Schneemengen. Mehrere Meter pro Winter sind keine Seltenheit und sorgen dafür, dass immer genügend natürliche Unterlage die Pisten bedeckt.
Sapporo: Snow Festival und Skisprungschanze
Das besondere Klima Sapporos macht sich die Stadt auch aug andere Weise zunutze und organisiert seit Jahren das Snow Festival. Es gibt kunstvoll gestaltete Eisskulpturen, ein kostenloses Musikprogramm, kulturelle Performances wie die Tänze der Ainu, der Ureinwohner Hokkaidos, und spektakuläre Snowboardrennen im Odori Park in der Stadtmitte. Wer sich aufwärmen will, der geht ein Stockwerk tiefer und flaniert, vor Eis und Kälte geschützt, durch kilometerlange Einkaufspassagen im Untergrund.
Luftiger ist die Fahrt mit dem Sessellift hinauf zur olympischen Ōkurayama-Schanze im Stadtteil Chūō-ku. Von der offenen Plattform kurz oberhalb des Anlaufs geht der Blick über die Schanze und das Stadion, über die sich zwischen Hügeln ausbreitende Stadt bis zum Hokkaido Jingu Shinto Schrein. Ob die Springer hier vor dem Wettkampf für eine sichere Landung beten? Als Takeshi und ich den 1871 erbauten Schrein besuchen, lassen gerade einige Autobesitzer ihre mobilen Untersätze weihen. Vom Schrein flanieren wir über eine Kirschbaumallee in die von Schneebergen gesäumten Wohnstraßen.
Itadakizen. Vegane Küche auf hohem Niveau
Nur wenige Minuten entfernt serviert Akiko Haruyama in ihrem Restaurant Itadakizen veganes, farbenfrohes Sushi in außergewöhnlicher Qualität. Akiko gehört zu den Pionieren des biologischen Landbaus in Hokkaido und bringt die frischen Zutaten vom eigenen Hof auf die vier kleinen Holztische des gemütlichen Lokals.
Wer tiefer in die kulinarische Szene eintauchen will, der reserviert einen Tisch in der Sushi Bar Siki Hanamaru, andernfalls muss er sich in die Warteschlange einreihen. Besonders beliebt sind in der über die Stadt hinaus bekannten Kette die am Tisch auf heißer Steinplatte gegrillten Jakobsmuscheln in gesalzener Butter, die Krebssuppe und der Lachsrogen-Gunkanmaki.
Sapporo-Brauerei. Selfie vor Sudkessel
Etwas rustikaler geht es in der „Bier Garten“ genannten Halle der weltberühmten Sapporo-Brauerei zu. Die vor 144 Jahren aus einem Regionalentwicklungsprojekt und mit deutschem Know-how entstandene Brauerei hat ehemalige Produktionshallen zu Restaurants, Museum und eben dem „Bier Garten“ umgebaut. Zwischen unverputzten Backsteinwänden, in Sichtweite eines Sudkessels (Selfie-Point!) und im Odeur einer Räucherkammer sitzen Gäste auf zwei Stockwerken zusammen, trinken das nur hier ausgeschenkte, süffige Sapporo Classic und brutzeln auf den tischeigenen Öfen Fleisch und Gemüse. „Genghis-Barbecue“ macht Spaß, schmeckt gut und lässt im Laufe des Abends die Stimmung beträchtlich steigen.
Aufgefutterte Kalorien abtrainieren kann, wer über das verschneite Areal des Makomanai Takino-Friedhofs streift. Es gibt eine Ecke, in der Stonehenge originalgetreu nachgebaut wurde, und eine Allee von 32 überdimensionalen Steinstatuen, die an die Moai der Osterinseln erinnern. Geheimnisvoller Höhepunkt ist der in einem von konkaven und nach oben offenen Betonwänden sitzende Buddha des Architekten Tadao Ando.
Wem aber nach mehr Natur ist, der steigt mit Schneeschuhen die Hänge des 311 Meter hohen Mount Sankaku hinauf. Zwischen den Bäumen lugen immer wieder die Hochhäuser Sapporos durch, Raben sitzen dick aufgeplustert in Baumwipfeln, und außer dem Knirschen des Schnees ist nichts zu hören. Folgt man den Wegen, kann man bis zum Berg hinter der Ōkurayama-Schanze wandern und von dort mit dem Bus zurück ins Stadtzentrum fahren.
Skigebiet Kokusai: Carven und Boarden mit Meerblick
Auch das Skizentrum Kokusai ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Genauso wie in Teine finden sich nur wenige Anfänger auf den Pisten des 1.100 Meter hohen Berges, von dem man bei guter Sicht bis zum Meer blickt. Für Sapporos Grundschüler sind jährliche Skikurse obligatorisch, dementsprechend gut fahren viele Stadtbewohner. Und obwohl Kokusai für mitteleuropäische Verhältnisse niedrig liegt, fällt auch hier von Ende Dezember bis Anfang April viel Schnee.
Es gibt Abfahrten für entspanntes Gleiten, aber auch steile Buckelpisten. In der Skistation finden sich Restaurants, Umziehräume und ausreichend Schließfächer. Skikurse haben an Gondeln und Liften separate Zugänge, das erspart den anderen Snowboard- und SkienthusiastInnen längere Wartezeiten. Und so brennen nach einigen Stunden im Pulver die Muskeln nachhaltig. Zeit, den Tag in Ruhe ausklingen zu lassen.
Ryokan. Apres-Ski im Onsen
Am Stadtrand, in einem Tal mit heißen Quellen, liegt das stillvolle Ryokan Jozankei Tsuruga. In der kirchhohen Lobby steht eine beeindruckende Metallkonstruktion in ainu-typischer Ornamentik, darunter knistert ein offenes Feuer, in dem Gäste Marshmellows rösten.
Wer beim Baden Privatsphäre will, bucht ein Zimmer im Chaletstil und hat dann auf der Terrasse einen eigenen heißen Pool. Die anderen besuchen den traditionellen Onsen des Hotels – ein dampfendes Outdoor-Natursteinbecken umgeben von Bäumen. In der Stille tauchen wir bis zur Nasenspitze in heißes Thermalwasser, lassen den Tag Revue passieren und beobachten, wie dicke Flocken aus der Dunkelheit fallen.
Lust auf mehr Japan bekommen? Oder doch ein weiterer Wintertrip?
Sapporo
INFO SAPPORO
Anreise
Finnair fliegt von Dezember bis Ende März zweimal wöchentlich direkt von Helsinki nach Sapporo. Dazu Zubringer von Frankfurt und München. finnair.de
Info
Mehr Reise-Infos, Ideen und sehenswerte Events zu Sapporo finden sich online unter sapporo.travel
Covid-19
Covid 19 hat weiterhin Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und bei Einreisen weltweit zur Folge. Achtet bitte deshalb unbedingt auf die aktuellen Reiseinformationen des Auswärtigen Amts unter auswaertiges-amt.de
Wintersport
Skigebiet Teine: Tages-Skipass je nach Saison ab 32 Euro (3.900 Yen). Skiset ab 45 Euro. Beginner’s Park, Terrain Park und mehr. Insgesamt über zwölf schwarze, rote und grüne Pisten. Weitere Informationen und Pistenpläne gibt es auf sapporo-teine
Skigebiet Kokusai: Tages-Skipass je nach Saison ab 30 Euro (3.600 Yen). Skisets kann man ab 43 Euro mieten. Fünf Lifte, sieben Pisten. sapporo-kokusai
Übernachten
Jozankei Tsuruga Resort Spa
Schönes Hotel im Ryokan-Stil mit tollem Onsen und ausgezeichnetem japanischen Frühstücks- und Dinnerbuffet. Die „Chaletzimmer“ haben einen privaten Outdoorpool. morino-uta.com