Jenseits von Olympia, Mykene und Epidauros führt die „Insel des Pelops“ noch ein touristisches Schattendasein. Das garantiert Ruhe im außergewöhnlichen Costa Navarino
Telemach, der Sohn des Odysseus, wird sich sehr wohl gefühlt habe, als er nach langer Reise in der mit warmen Wasser gefüllten Badewanne im Palast des Nestor eingetaucht war. In tönernen Rundgefäßen wurden nach Rosen und Salbei duftende Öle herbeigebracht und seine schmerzenden Muskeln von Palastbediensteten massiert. Nebenan, im opulent mit leuchtenden Farben bemalten Königssaal, wartete derweil der weise König Nestor auf seinen Gast.
Beeindruckende Ausgrabung bei Pylos
So oder so ähnlich könnte es sich zugetragen haben, wenn es Nestor und Telemach denn wirklich gegeben hätte und sie nicht Homers Fantasie entsprungen wären. Dass die nahe Pylos gelegene Palastruine auf dem südwestlichen Peloponnes neben Mykene die wichtigste Ausgrabungsstätte aus der mykenischen Zeit in Griechenland ist, darüber sind sich die Archäologen aber einig.
Bereits 1.300 v.Chr. spielte Olivenöl eine wichtige Rolle im Handel des östlichen Mittelmeers – davon zeugen mehrere Räume rings um den Königssaal, in deren Wänden große Tongefäßhalterungen eingearbeitet waren, sowie Tausende während der Ausgrabung gefundene Schrifttafeln. Darauf wird beschrieben, wie und mit welchen Düften die Olivenöle versetzt, produziert und wohin sie verkauft wurden.
Olivenöl. Flüssiges Gold vom Peloponnes
„Bedeckt das Glas mit euren Händen und schwenkt es wie bei einem Cognac, damit sich der Geschmack entfaltet“, empfiehlt Cristina Stribacu unserer kleinen Olivenöltestgruppe. Cristina hat schon mehrere internationale Wettbewerbe mit ihrem „flüssigen Gold“ aus der Koroneiki-Olive gewonnen. Das Tourismusprojekt „Costa Navarino“, im Moment bestehend aus zwei Hotels, an dessen gemeinsamer Agora wir uns dem Olivenöl widmen, unterstützt sie bei Fragen rund um Olivenbäume, von denen etwa 6500 auf dem 130 Hektar großen Areal zwischen Meer und Bergen nahe Pylos gepflanzt wurden.
„Jetzt riecht am Öl und notiert euch die in die Nase steigenden Aromen.“ Vier Öle in vier Gläsern, eines riecht nach Seife, dann kommt ein fruchtiger Geruch, das dritte erinnert an frisch geschnittenes Gras und beim letzten meine ich, etwas Avocado und Banane zu erschnüffeln. „Ich finde, zu jedem Gericht sollte passendes Olivenöl gereicht werden, so, wie das bei Wein üblich ist“, sagt Cristina.
Gutes Olivenöl. So komplex wie Wein
Dann nehmen wir schlürfend Ölschlückchen, schließlich öffnet Sauerstoff die Aromen, schließen unsere Augen, atmen durch die Nase aus, um unsere Wahrnehmung zu intensivieren, lassen das Öl im Mund kreisen und schlucken es schließlich herunter. Das erste Öl schmeckt, wie es riecht, süßlich seifig, flach. Beim nächsten muss ich husten, so scharf ist der Geschmack. Das dritte Öl ist ebenfalls scharf und relativ bitter, das Aroma von grünem Pfeffer verschwindet aber schnell, während das letzte Öl milder und weniger bitter ist, dafür im Mund länger eine Note frischer Nüsse zurückbleibt. Faszinierend, welche Komplexität sich hinter Olivenölen verbindet.
Mikroklima und authochthone Weinsorte Roditis
Geschmackswechsel. „Unser ‚1827 Chardonnay‘ schmeckt fruchtig und hat wenig Säure, trotzdem bleibt er dem Gaumen lange erhalten. Das liegt auch am Anteil der autochthonen Weinsorte Roditis, die zu einem Drittel beigemischt ist“, erklärt Weinbauer Kostas Psaroulis. Auf 52 Hektar verteilen sich die von Hand bestellten Weinberge von Costa Navarino, auf denen biologisch angebaut wird.
Ein Großteil der Weinstöcke befindet sich in Höhen von etwa 500 Metern im Schatten des Berges Egaleo. Diese Lage schafft ein Mikroklima aus starker Sonneneinstrahlung, sehr kühlen Nächten und ausreichend Feuchtigkeit im rötlichen Lehmboden, sodass auf Bewässerung verzichtet werden kann.
Wie oft wohl der Mann, der die Tourismusdestination Costa Navarino erdacht hat, unter Weinreben geträumt hat? Vassilis Constantakopoulos stammte aus dem Dorf Diavolitsi, etwa 40 Kilometer Luftlinie von dort entfernt, wo heute internationale Gäste schlafen, tafeln, Golf spielen oder sich einfach nur am langen Sandstrand erholen. Der Mann, den alle nur „Captain“ nennen, arbeitete sich vom Bauernsohn zu einem der bedeutendsten Reeder Europas empor. Dann entwickelte er Anfang der 80er-Jahre eine touristische Vision für diese Ecke Messeniens, zu einer Zeit, in der es hier vor allem Schotterpisten und kleine Dörfer gab und die allermeisten Einwohner Landwirtschaft betrieben.
Costa Navarino. Touristische Vision vom Captain
Über zwei Jahrzehnte kaufte er Land, um daraus ein nachhaltiges Tourismusprojekt zu schaffen. „Jeder, der die Möglichkeiten hat, Träume zu verwirklichen, hat auch die Pflicht, Positives für andere zu schaffen.“ Das sei das Credo des Captains gewesen, erzählte Kostas im Weinberg, der mit ihm gemeinsam die Biowein-Strategie entwickelte.
Und so legte Vassilis mit seiner Vision los. Ab 2005 wurden tausende Oliven- und Fruchtbäume ausgegraben und an anderen Orten zwischengepflanzt. Bis zur Costa Navarino-Eröffnung 2010 entstanden zwei Luxushotels, das „Westin“ und das „Romanos“. Golfplätze wurden gebaut, dann die Bäume und 800.000 Büsche wieder eingepflanzt. Im Moment stehen 766 Zimmer zur Verfügung, zwei weitere kleinere Luxushotels sowie Golfplätze werden folgen.
Im Baustil messenischer Dörfer
Während sich das „Romanos“ vor allem an Paare richtet, steigen im „Westin“ eher Familien ab. In beiden Hotels gibt es neben stillvoll eingerichteten Zimmern auch noch luxuriösere Bungalows und Villen mit eigenem Pool. Das Meer oder ein Golfplatz sind von allen Unterkünften aus zu sehen.
Die Architektur der Hotelgebäude erinnert mit ihren hellen Natursteinmauern an messenische Häuser, die Anmutung der Gesamtanlage an umliegende Dörfer. Treppen führen auf Balkone oder überdachte Gänge, Wege aus Pflastersteinen schlängeln sich unter Olivenbäumen hindurch.
Costa Navarino. Nachhaltigkeit ernst genommen
Kritiker sagen, dass eine einmalige Landschaft aus Sümpfen, Olivenhainen und extensiv bewirtschafteten Feldern zerstört wurde, andere führen an, dass die Landschaft in Teilen des Areals sowieso durch Naturfeuer vernichtet worden sei. Ein Projekt dieser Größe hat immer Effekte auf die Umwelt, die Frage ist, wie damit umgegangen wird.
Die Anstrengungen, um negative ökologische Auswirkungen zu minimieren, sind jedenfalls umfassend. Zwei Speicherreservoirs wurden geschaffen, dafür entnimmt man 2-3 Prozent der jährlichen Wassermenge zweier hier ins Meer mündender Flüsse. Eine eigene Photovoltaikanlage produziert mehr Strom, als benötigt wird. Die größte unterirdisch verlegte Geothermieanlage Europas treibt Wärmepumpen an. Abwasser wird gereinigt und dann für die Bewässerung genutzt, umfangreiche Recyclingmaßnahmen sorgen für weniger Müll.
Ochsenbauchbucht, Lagune und die Festung Methoni
Aber was gibt es eigentlich rund um Costa Navarino sonst zu entdecken? Am besten man leiht sich Fahrräder im Sportzentrum und fährt frühmorgens auf von Schilfwäldern beschatteten Sandpisten an die idyllische Ochsenbauchbucht und zieht dort in klarem Wasser seine Bahnen, während die Sonne langsam über die nahen Hügel steigt. Anschließend wandert man zu Nestors Höhle hinauf und lässt das atemberaubende Panorama der Gialova Lagune mit seinen schnatternden Flamingos auf sich wirken.
Mittags könnte man zurück in Costa Navarino sein und in dem vom Wind umspielten Strandrestaurant „Barbouni“ knusprige Kalamari mit Fencheltempura essen. Danach unter raschelnden Platanen einen griechischen Mokka auf dem Marktplatz des nahen Städtchens Pylos trinken. Am Spätnachmittag dann die nur 10 Kilometer entfernte venezianische Festung von Methoni besuchen. Abends in Costa Navarino bietet Chef Yorgos Papaioannou im „Onuki“ exzellente japanische Küche ohne Chi Chi und mit grandioser Aussicht aufs Meer.
Göttliche Ausflugsziele des Peloponnes
Wer mehr vom Peloponnes sehen will, sollte unbedingt Olympia und die Berge des Taygetos besuchen, beides nicht mehr als zwei Autostunden von Costa Navarino entfernt.
Das moderne Olympia ist eine auf Tourismus getrimmte Kleinstadt mit überhöhten Preisen, Nippesnepp und pseudogriechischer Küche. Also Augen zu und durch, denn am Ende der Hauptstraße liegt wie seit Jahrtausenden der olympische Hain und der hat, insbesondere direkt nach Sonnenaufgang, nichts von seiner Magie verloren. Da summen Bienen über Mohnblüten und wirft die Morgensonne Strahlen auf dorische Säulen. Weiter hinten auf dem Gelände betritt man durch einen überwölbten Gang das Stadion, in dem noch immer steinerne Fussrillen auf Sprinter warten und dessen bewachsene Wälle zu beiden Seiten der Laufbahn 45.000 Zuschauern Platz boten.
Bevor die ersten Touristengruppen die antike Stätte ganz erobern, ist es Zeit, den aus weißem Marmor geschaffenen Hermes des Praxiteles im Museum zu besuchen und dann die Eindrücke auf der Fahrt über Serpentinenstraßen in die hinter Olympia beginnenden Berge zu verarbeiten.
Etwa 80 Kilometer von Olympia entfernt thront in 960 Metern Höhe das Dorf Dimitsana über der Lousios-Schlucht. Was früher ein bedeutendes Wirtschaftszentrum mit Schießpulverfabrik, Getreidemühlen und Gerbereien war, ist heute unter der Woche ein recht stilles Bergdorf, das Herberge für Wanderer bietet. Am Wochenende aber füllen sich die schmalen Gassen, die Ferienhäuser, Lokale und Kafenions vor allem mit Städtern aus Athen und Kalamata, die Stress und der Hitze der Küste entfliehen wollen.
Louisos-Schlucht. In Fels gebaute Klöster
Stress kennen die Mönche der Klöster Prodromos und Philosophos vermutlich nicht, ihre Behausungen hängen beinahe artistisch an den Steilhängen der Louisos-Schlucht. Um sie zu erreichen, folgt man dem Wanderweg, quert den Fluss und wandelt im Schatten von Eichen und Griechischem Lorbeer.
Die meisten Wanderer besuchen Prodromos, aber scheuen eine weitere Stunde Fußmarsch bis zum Kloster Philosophos. Dabei entgeht ihnen die von der Decke bis zum Boden spektakulär bemalte Klosterkirche und die Ruinen des im 10. Jahrhundert gebauten alten Philosophos-Kloster, das auf einem kaum meterbreiten Felsvorsprung zwischen Himmel und Erde hängt.
Wer es bis hierher geschafft hat, der hat sich auf dem Rückweg eine Pause im schäumenden Nass des Louisos verdient. Zeus selbst, so die Sage, wurde hier von drei Nymphen nach seiner Geburt gebadet. Und was kann dann größerer Luxus sein, als im erfrischenden Wasser unter wispernden Weiden das Leben zu genießen.
Lust auf einen Segeltörn in der Ägäis, auf einen Kykladentörn mit einem Dreimaster oder auf entspannte Tage in Kreta?
Costa Navarino
INFO COSTA NAVARINO
Anreise
Mit Lufthansa, Condor oder Aegean von verschiedenen deutschen Flughäfen nach Kalamata.
Übernachten
An der Costa Navarino stehen im Moment zwei Hotels zur Auswahl. Das schick-luxuriöse “Romanos” und das besser für Familien geeignete, aber trotzdem sehr komfortable “The Westin”.