Die letzte Song-Contest-City ist Nadelöhr zum Welthandel. Klar, dass da viel hängen bleibt. Ankerplatz für Avantgardisten ist der Mega-Hafen längst
Offenes Hafenflair statt enger Grachten, moderne niederländische Küche und an vielen Ecken ein toller Kontrast zwischen nostalgischen Brücken und Weltklasse-Design. Wer Rotterdam das erste Mal besucht, ist auf Anhieb im Bilde: Anders als A’dam. Anders als die meisten Städte Europas. Amerikanischer – aber auf niederländische Art. Im „Manhattan an der Maas“ lassen Art-déco-Gebäude wie das Hotel New York, altmodische Stahlbrücken und kühne Hochhäuser an den großen Bruder am anderen Atlantikufer denken. Social Distancing? Angesichts weiter, offener Wasserflächen fällt das Abstand halten hier besonders leicht. An den Ufern der Maas entstanden nach dem Krieg neue Viertel wie der Wilhemina-Pier, Katendrecht oder das Lloydkwartier.
Kanäle und weite Wasserflächen bescheren den gentrifizierten Lagerhallen-Vierteln nun an vielen Ecken der amphibischen Stadt stille Molen für Cafés, Pop-Up-Stores und spontane Events. Wassertaxis pflügen zwischen den Bauten internationaler Architekturstars hin und her.
Frischer Westwind
Kein Wunder, dass sich die Lastkräne und historischen Kähne des Maritiem Museums als erste Orientierung anbieten. Teile davon sind frei zugänglich. Spaziert man in östlicher Richtung zum beliebten Ausgehviertel Oude Havn mit seinen Hausbooten, stößt man bald auf das ver-rückte Architektur-Würfelspiel der um 45 Grad gekippten Kubushäuser, von denen eines in ein interaktives Art Cube Experience umgewandelt wurde.
Mutiger Museumspark
Im weiter westlich gelegenen, modern gestylten Museumpark grasten vor hundert Jahren noch Schafe. Das Museum Boijmans Van Beuningen hält Alte flämischen Meister von Rembrandt bis Rubens bereit – aber hier wirken sie fast wie ein Alibi. Denn Rotterdam, als Mega-Hafen die Nase chronisch im Wind, liebt vor allem das Spiel der Provokation. Mal durchbricht ein Künstler den Boden dieses Museums, und linst als keckes Selbstportrait aus dem entstandenem Loch hervor. Mal wühlt sich Kunst in ganz großem Stile durch experimentelle Exkremente. Holy Shit! Zum kühl kalkulierten Stilmix aus Kunsthal und dem Architektur-ZentrumHet Nieuwe Instituut sind es von hier nur wenige Meter.
Wassertaxi nach Katendrecht
Von den Jahrhundertwendebauten, Reedereivillen und alten Schiffen des Scheepvartskwartier (Schifffahrtsquartier) um den idyllischen Veerhavn führt Rotterdams „Weißer Schwan“, wie die berühmten Erasmusmusbrücke genannt wird, zu neu entstandenen Stadtteilen. Die Hafenanlagen Kop Van Zuid und Katendrecht, das alle nur De Kaap nennen, liefern Flaneuren den modernen Rotterdam-Mix: Hafen-Feeling plus Design. Das macht auch die Fenix Food Factory auf der Halbinsel Katendrecht zum angesagten Hotspot. Man spaziert zwischen Käseladen, Metzgerei, Bäckerei, Mikrobrauerei oder orientalischen Delikatessen.
Besonders stimmungsvoll verputzt man diese Streetfood-Häppchen an der Kaimauer, mit Blick auf Wilhemina-Pier und das historische Hotel New York. Das im blau-weißen Nautik-Look dekorierte “De Matroos en Het Meisje” an der Delistraat 52 ist ebenfalls den Besuch wert. Es hat zwar keine Speisekarte, aber einen kreativen Chefkoch, der auf (fast) jeden Wunsch eingeht und großartige Drei- bis Fünf-Gänge-Menüs anbietet – aus so internationalen Zutaten, wie es sich für einen Welthafen gehört.
Dorfinsel Nordereiland
Wer vom Zentrum aus in diese Richtung spaziert, sollte bereits vorher eine lange, schmale Insel keinesfalls übersehen. Das stille Noordereiland bewahrt sich trotz oder gerade wegen der zentralen Insellage in der Neuen Maas einen fast dörflichen Charakter. Bereits der Blick auf die historischen Eisenbahn- und Hebebrücke De Hef stimmt hier nostalgisch.
Von Nordereilands südlicher Inselspitze lassen sich spektakuläre Sundowner-Blicke auf die Erasmusbrücke genießen, und die Anrainer rücken ihre Liegestühle kurzerhand auf den Gehsteig. Typisch Rotterdam, daß hier das erste Pop-Up-Restaurant des Landes eröffnete. Am Anfang wurde das Wasser zum Kochen und Spülen per Schlauch von einer Privatwohnung ins zunächst inoffizielle Open-Air-Restaurant “A la plancha” geleitet. Mittlerweile kann man zwischen bunten Containern Garnelen und Fisch genießen – aber nur bei Schönwetter.
Rotterdams marktfrischer Hingucker
Ein neues Wahrzeichen Rotterdams ist die hufeisenförmige Markthal. Sie offeriert neben Gemüse, Obst, Fisch und Blumen eine ganze Reihe von Delikatessenläden – und außerdem ein delikates Stilleben in Form einer üppigen, grellbunten Decke.
Gouda und Gourmets
Kaum weniger spannend fällt Rotterdams kulinarische Szene aus. In der zentralen Straßenzeile Schiedamse West reiht sich Restaurant an Restaurant. Ein besonderer Platz findet sich auf Hausnummer 30: Im “Dertien” wird inmitten von coolem Vintage-Look niederländische Küche erfrischend modern und auf Gourmet-Niveau interpretiert – mit regionalen Zutaten wie Gemüse und Kräutern von professionell betriebenen Dachgärten und natürlich viel frischem Fisch.
Hafen zum Anfassen
Spätestens dann macht Rotterdam Lust auf eine viel ausgedehntere Hafenrunde. Besonders lohnenswert ist der Mini-Cruise mit der „Spido“ entlang der Maas. Sie bietet immer neue Rotterdam-Perspektiven auf das Miteinander von moderner Architektur, alten Lagerhäusern und vorbeiziehenden Schiffen.
Nicht ganz so bewegt, aber weit höher als vom Spido-Oberdeck, kann man Rotterdam vom 185 Meter hohen Euromast erleben, dem höchsten Gebäude der Niederlande. Stylisher fällt der Blick auf Erasmusbrücke, Innenstadt und die Wasserflächen der Neuen Maas aber von der “nhow BAR” am Wilhelmina Pier aus: Sie liegt im 7. Stock des “nHOW Hotels”.
Zweite Reihe erste Wahl – das gilt auch für andere Citys, zum Beispiel Glasgow und Medellín
Rotterdam
INFO ROTTERDAM
Hafenrundfahrt
Mit spido.nl die Stadt vom Wasser aus erleben: 75 min dauert die Hafenrundfahrt in die amphibische Welt der Containerriesen
Schön schlafen
An der Stieltjesstraat 34 trägt auch das elegante Suite Hotel Pincoffs zum besonderen Charme des alten Hafenviertels bei. Einst diente es als Zollamt, und wartet nun mit einem feinen Mix von historischen Details – viele aus dem originalen Baujahr 1879 – und modernen Designelementen auf.
Style Hunting
Die Designgalerie Groos bietet im neuen City-Hotspot Het Industriegebouw an der Goudsesingel – einem der wenigen Vorkriegs-Industriegebäude – Werke lokaler Designer an, etwa Keramikvasen im Putzflaschen-Look oder volltextile „Zimmerpflanzen“. Ein ganz anderer Rotterdamer-Designklassiker sind die minimalistischen, faltbaren Nylontaschen im Seventies-Look der lokalen Taschendesignerin Susan Bijl – erhältlich am Flagshipstore am Mauritsweg 45a.
Nightlife
Die Aloha Bar eröffnete in einer trockengelegten Tropen-Schwimmhalle neben verwaisten Wasserrutschen. Ein Tipp für Fans der nostalgisch-gemütlichen Bruine Cafés, den typischen Mix aus Bier, entspannter „Gezelligheid“ und Käseplatte ist das Café Sijf – samt Art-Déco-Tresen am Oude Binnenweg 115.
Und sonst?
Weitere Infos auf en.rotterdam.info
Covid-19
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