Ende der Regenzeit am Mekong: Der Dschungel dampft, der Fluss schwillt und die schönste Stadt in Laos erstrahlt im Licht von 100.000 Laternen
Mit leerem Magen bastelt es sich nicht gut. Und mit Höhenangst in Schlappen auf einer Bambusleiter zu balancieren ist für Somchai auch nicht das Wahre. Der jüngste Mönch des Wat-Xieng-Thong-Tempels hat das Vergnügen, als Vorbereitung auf das Fest Boun Ok Phansa Lichterketten über die Spitze der steinernen Stupa zu ziehen und die großen, bunten Papierlaternen in die uralten Ficus-Bäume zu knoten, die das Tempelareal flankieren.
Dabei bildet er zusammen mit seinen Ordensbrüdern, die ihm unermüdlich Werkzeug hochreichen, eine Menschenpyramide aus leuchtenden Roben. „Ich freue mich total auf das Fest morgen, aber fast noch mehr auf die Freiheit danach“, strahlt der junge Mönch in einer Pause und atmet abgekämpft tief aus in den warmen Dunst, den das letzte starke Nachmittagsgewitter über Luang Prabang hinterlassen hat.
„Zum Glück nimmt das jetzt ab mit dem Regen. In der Monsunzeit verbringen wir die meiste Zeit in den Tempeln und mit Beten und Fasten, ab morgen dürfen wir wieder raus.“ Zur Sonne, zur Freiheit. Nicht nur im ältesten Tempel von Luang Prabang bereitet man sich emsig vor auf Boun Ok Phansa, das Laternenfest zum symbolischen Ende der Regenzeit. Das ganze, knapp 50.000 Einwohner zählende Städtchen am Zusammenfluss vom kleinen Nam Khan und dem großen Mekong ist buchstäblich aus dem Häuschen.
Bouk Ok Phansa: Laos feiert bunt
Überall in den Straßen und Gässchen wird an riesigen Laternen in Form von Tierfiguren gewerkelt – Drachen, Schmetterlinge, Vögel. Filigrane Kunstwerke aus Papier, die in ihrer Farbenfülle an den Karneval in Rio denken lassen. Halbnackte Tänzerinnen sind allerdings nicht zu erwarten, Bouk Ok Phansa ist ein zutiefst religiöses Fest in der vielleicht religiösesten Stadt im frommen Laos.
In den Tempelanlagen baut man vor allem die mehrere Meter langen Schiffe, mit dicken Kerzen als Passagiere, die am folgenden Tag ihre Fahrt den Mekong hinab antreten werden. Niemand lässt sich hier aus der Ruhe bringen. Es scheint, als gebe der träge, trübe Mekong, der sich am Fuß weißer Treppen gemütlich an den Kolonialfassaden und an der Skyline aus goldfarbenen Tempeln vorbeischiebt, den Rhythmus vor. Wer den wuseligen Straßen Vietnams oder Thailands auf einer Südostasien-Reise vielleicht gerade erst entkommen ist, dem mag Laos wie Wellness für alle Sinne erscheinen.
Luang Prabang: Dschungelstadt im Räucherstäbchenduft
Die Spiritualität der ehemaligen Königsstadt ist an jeder Ecke zu erschnuppern: Dem allgegenwärtigen
Räucherstäbchenduft der 35 Tempel entkommt man in Luang Prabang nicht. Den Charme komplett machen die Kolonialfassaden, welche die Franzosen vor rund 100 Jahren hinterließen und die zum Teil liebevoll gepflegt werden. Das ist auch dringend nötig, schließlich fängt der Dschungel gleich jenseits der beiden Flüsse an, die die Stadt umschließen.
Ließe man die gierige Flora gewähren, dann hätte der Regen wald Luang Prabang zweifellos nach wenigen Jahren verschlungen. Tropische Blumen und blühende Rankgewächse werden in den kleinen Vorgärten dabei reichlich gehegt, daneben hat es aber auch so manche Waldfauna längst in die historische Altstadt geschafft: Bunte Geckos flitzen die Hauswände entlang und in den Tempeln turnen freche Affen durch das Geäst.
Luang Prabang: Laos zwischen Tempelglöckchen und Designersofa
Neben klassischen Backpacker-Herbergen und Cafés für Dread lock- und Batikhosen-Träger sind im sehr romantischen und ungemein historischen Luang Prabang in den vergangenen Jahren auch schicke Restaurants und Boutiquehotels entstanden. Gerade noch im Designersofa, ist man nach nur wenigen Metern zu Fuß umgeben vom Sound der Glöckchen und Trommeln, die in den Tempeln zum Gebet rufen.
Bevor morgens die Vögel Luang Prabangs aktiv werden, kommen ihnen in der Dunkelheit die Gongs der Tempel zuvor und wecken mit dumpfen Schlägen zum Dag Bat, dem Almosengang der Mönche. Gähnend und noch etwas unrund tippeln Hunderte von ihnen durch die Straßen, wo sie von zahlreichen frommen Spendern erwartet werden, die sich der Reihe nach am Straßenrand niedergelassen haben.
Dag Bat: Der Almosengang der Mönche
Die Opfergaben – Unmengen von Klebreis, Gemüse, Obst, aber auch Süßes und sogar Bares – werfen sie den Mönchen in riesige Sammelgefäße, die an Vasen erinnern und lässig an Riemen über die Schulter getragen werden. Was auffällt: Bedankt wird sich dabei nicht, der Spender wird nicht einmal mit einem Segen oder Gebet bedacht, es ist ein eher stilles Geben und Nehmen. Der Schlussakt der Regenzeit bedeutet Wasser buchstäblich im Überfluss. Das wird bei den täglichen Regengüssen deutlich, die sich anfühlen, als werde einem eine Badewanne voll angenehm temperierten Wassers über den Kopf gekippt. Die Folgen zeigen sich vor allem bei einem Mekong-Törn: Der Fluss ist dermaßen voll, dass er den Bauern schon ins Reisfeld schwappt.
Pak Ou am Mekong: Höhlen der 4.000 Buddhas
Gelegenheit zum üppigen Anschwellen hatte er auf seiner Reise nach Luang Prabang schließlich genug. Wasser aus den Mekong-Quellen im tibetischen Hochland hat bis hier im Norden von Laos bereits 2.000 Kilometer hinter sich – und damit nicht einmal die Hälfte des Wegs bis zur Mündung ins Südchinesische Meer. Wir nehmen uns nur 25 Kilometer stromaufwärts vor. Auf der Fahrt im überdachten langen Mekong-Holzboot, das an überdimensionierte Gondeln erinnert, kommen uns riesige Baumstämme im schlammig-gelben Wasser entgegen.
In Ufernähe müssen die Kapitäne der schnellen Langboote zudem aufpassen, beim hohen Wasserstand nicht geradewegs in Wasserbüffel oder Elefanten zu krachen, die keine Gelegenheit zum Baden ungenutzt lassen. Die Berglandschaft, durch die wir mäandern, ist grandios schön. Zwischen hohen Bambuswäldern verteidigen kleine Siedlungen ihren Platz gegen den wild um sich greifenden Dschungel, der hier selbst noch die höchsten Gipfel überwuchert, die hoch über dem Fluss zur Mittagszeit bereits die nächsten weißbäuschigen Monsunwolken unterm blauen Himmel festhalten.
Nach zwei Stunden sind die Pak-Ou-Höhlen am Zufluss des Nam Ou erreicht, eines der wichtigsten Pilger- und beliebtesten Touristenziele in Laos. Die Höhlen, die sich unter einer hohen Felswand am Steilufer verstecken, beherbergen mehr als 4.000 kleine und große Buddhas der verschiedensten Stilepochen. Die ältesten von ihnen sind im Wachs der vielen Opferkerzen fast ertrunken. Der Erleuchtete schaut hier tausendfach und tiefenentspannt dem Fluss zu. Reisende, so will es der Brauch, hinter lassen kleine Räucherstäbchen, beten und setzen anschließend beschützt ihre Reise fort.
Und sei es nur beim Halbtagestrip von Luang Prabang aus. Bei Einbruch der Dunkelheit startet in der Stadt
mit der Lichterprozession der Höhepunkt von Boun Ok Phansa. Die Stadt ist zu dieser Zeit ein einziges Lichtermeer aus Tausenden von Laternen. Vor allem die Wege in den Tempelanlagen sind gesäumt
von kleinen Lichtern und erinnern an die nächtlichen Landebahnen von Großflughäfen. Bei der Prozession
durch die Hauptstraße wird es dann laut und voll, als die Parade der Lichterschiffe und Drachen anrückt.
Trommeln, Glöckchen und Pauken kündigen jedes Bambusboot der Klöster an, das zum Mekong getragen wird. Ziel des frommen Auflaufs ist das Flussufer am Wat-Xieng-Thong-Tempel, wo die Flotte zum Stapellauf antritt. Dann treiben die Boote den Mekong hinab, im Verband mit unzähligen kleinen Gebinden aus Blumen und Bananenblättern, in deren Mitte eine Kerze brennt. Der Mekong wird zum Strom aus Licht.
Wilde Wasser in Laos: Ein Land für alle Fälle
Wasser ohne Ende in einem Land ohne Küste, aber voller Berge: beste Voraussetzungen für eine erstaunliche Wasserfall-Dichte! Die Kuang-Si-Fälle bei Luang Prabang sind dabei sehr speziell. Zum einen rauscht das Wasser so glasklar über die Kaskaden im Tropenwald, dass man sich in der künstlichen Erlebniswelt eines Freizeitparks wähnt. Dazu passen auch die Kragenbären, die am Fuß der Fälle in einem großen Freigehege dösen und sich auch nicht von den vielen chinesischen Touristengruppen aus der Ruhe bringen lassen.
Ein ganz anderes Kaliber sind die Fälle des Mekong. Um das brachiale Schauspiel zu bewundern, reisen wir in den Süden des Landes nach Pakse, fahren weiter in die Provinz Si Phan Don, wo der Mekong sich nahe der Grenze zu Kambodscha auf einer Länge von 50 Kilometern bis über zehn Kilometer breit auffächert und neben einem Insellabyrinth die breitesten Wasserfälle der Erde schuf. Über mehrere Stufen donnern die Wassermassen an den Inselchen im Fluss vorbei und lassen die Bäume darauf zittern: Die Gischtwolken sorgen für kräftige Luftturbulenzen, die an den Bäumen zerren und gleich mehrere Regenbögen auf einmal in den Himmel zaubern.
Wat Phou: Angkor en minature
Pakse im Bezirk Champasak ist die zweitgrößte Stadt des Landes und wurde erst 1905 von den Franzosen gegründet. Wesentlich älter sind die Khmer-Ruinen von Wat Phou ganz in der Nähe, ein Unesco-Welterbe,
dessentwegen die meisten Besucher in die Region kommen. Wer die gigantischen und zum Teil hervorragend
erhaltenen Anlagen von Angkor Wat kennt, wird von den Ruinen der Bergtempel, Treppen und gepflasterten Straßen allerdings enttäuscht sein.
200 Jahre älter als Angkor, soll Wat Phou als dessen Vorbild gedient haben. Die ältesten Ruinen stammen aus dem 6. Jahrhundert. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert wurden die meisten Bauten errichtet. Zuerst hinduistischen Göttern geweiht, wird im Bergtempel seit demahrhundert Buddha verehrt. Noch immer spielt Wat Phou eine wichtige Rolle im religiösen Leben der Region. Die vielen Blümchen, Räucherstäbchen und Reisopfergaben in den Tempelresten beweisen es.
Einen großen Vorteil gegenüber Angkor Wat hat die Anlage jedoch: Während sich die Besucher in Angkor mittlerweile auf die Füße treten, müssen wir uns Wat Phou bei unserem Besuch nur mit einheimischen
Kindern teilen, die mit den Ruinen einen Abenteuerspielplatz im Indiana-Jones-Style haben.
Lust auf mehr Südostasien bekommen? Wie wäre es mit einem Stopover in Singapur oder einem Inseltipp in der Andamanensee
Laos
INFO LAOS
Veranstalter
Bei der 9-tägigen Dertour-Reise „Laos – Land am Mekong“ stehen Luang Prabang, Vientiane und im Süden des Landes die Mekongfälle und die Khmer-Tempel Wat Phou auf dem Programm, ab 1.837 Euro ohne Flug. Flug mit Qatar Airways ab 1.839 Euro
“Laos, Kambodscha – Magie des Mekong” von Hauser Exkursionen besucht nach den Highlights in Laos auch die Tempelanlagen in Kambodscha. 20 Tage, 3.395 Euro mit Flug.
Covid-19
Covid 19 hat weiterhin Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr und bei Einreisen weltweit zur Folge. Achtet bitte deshalb unbedingt auf die aktuellen Reiseinformationen des Auswärtigen Amts unter auswaertiges-amt.de